Diadem von den Sternen
Aziz.” Unvermittelt kapitulierte er, breitete seine Hände mit den Innenseiten nach oben aus und sagte: „Da der Feuerball alten Haß und alte Ängste aufgerührt hat, solltest du wissen, was dir bevorsteht.”
Von schräg unten, vorbei am Vorhang ihres Haares, warf sie ihm einen Blick zu. „Der Feuerball?” Sie runzelte die Stirn. „Letzte Nacht hat mich Qumri Hurentochter genannt.”
Vajd ergriff ihre Schulter und drehte sie herum. „Warum? Was hast du getan?”
„Ich bin hinausgegangen und habe in den Himmel geschaut.” Sie wand sich unter seinem harten Griff. „Du tust mir weh.”
„In der Nacht?”
„Vajd, du tust mir weh.”
„Antworte mir!”
„Ich wollte den Feuerball sehen oder wenigstens …” Sie stieß gegen seine Hand. „Vajd …”
Er schloß seine Augen und ließ zu, daß sie sich befreite. „Aleytys.”
„Ich verstehe nicht… Nichts von alledem verstehe ich.”
„Kein Wunder, Aziza-mi.” Er lächelte sie an und berührte ihre Wange. „Es ist eine lange, bewegte Geschichte.”
„Vajd, hör auf. Was ist so schlimm, daß du es immer wieder von dir schiebst? Warum erzählst du es mir nicht?” Ungeduldig schlug sie sich mit der Faust auf den Oberschenkel. „Sag es mir! Sag mir, warum mich Qumri so sehr haßt, daß sie jedesmal verrückt wird, wenn sie mich sieht? Und warum bin ich die einzige im Tal, die rotes Haar hat?
Warum hat mich die Shura’ von der Liebe ausgeschlossen, daß nicht einmal du es wagst, mich außerhalb des Schattens zu berühren? Und Azdar… Nur zur Essenszeit hält er sich mit mir im gleichen Raum auf. Warum?”
Sanft streichelte er ihr glänzendes Haar, ließ seine Finger durch die seidige, rotgoldene Flut gleiten. Vereinzelte Strähnen umwehten sein Handgelenk und rollten sich zu einem leuchtenden Armreif. Aleytys entspannte sich langsam und lehnte sich gegen seine Schulter. „Wir haben jetzt nicht genug Zeit, Muklis”, flüsterte er. „Jede Minute kann jemand vorbeikommen und uns sehen.”
„Und?” Sie schloß ihre Augen, und ihr Körper schnurrte vor Vergnügen. Er fuhr fort, sie zu streicheln.
„Heute nacht. Wir sollten lieber doppelt vorsichtig sein. Komm hierher. Dreißig Uhr. Meinst du, das geht?”
„Und wenn ich vom Dach springen muß!”
Er lachte und hielt ihren Kopf schräg, so daß sie in sein Gesicht aufschaute. Mit einem warmen, liebevollen Lächeln, das seine Augen erhellte, sagte er: „Wirst du heute nacht mit mir den Madar segnen, Muklis, Mashuq?” Ohne ihre Antwort abzuwarten, küßte er sanft ihre Lippen; seine Hände glitten über ihren Rücken. Dann sprang er auf und hob sie auf die Füße. „Geh weiter, Leyta. Geh weg von hier.”
4
Aleytys schlenderte die Sraße entlang, und je näher sie dem schwarzen Rechteck des Eingangs mit den riesigen Bohlentüren kam, die wie schwerfällige Flügel nach außen gewinkelt waren, desto langsamer wurde sie. Vorsichtig schob sie sich an die Öffnung heran und blickte hinein.
Der Durchgang schien leer zu sein. Unvermittelt merkte Aleytys, daß sie ihren Atem anhielt; in einem explosiven Stoß befreite sie die Luft aus den Lungen. Sie flitzte in den Durchgang hinein und lief so schnell sie konnte in den Innenhof.
Die Luft wurde aus ihr herausgedroschen, als sie gegen den elastischen Widerstand eines Körpers krachte. Sie prallte zurück, stolperte rückwärts gegen die Wand. Als sich ihre Augen klärten, verdrehte sich ihr Magen schmerzhaft. „Qumri”, flüsterte sie.
„Hündin!” Bösartig zischte sie ihr das Wort entgegen. „Läufige Hündin! Wo hast du gesteckt? Ich habe es ihm gesagt…” Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer häßlichen Fratze, giftige Wut kochte in ihr, ihr ganzer Leib bebte, so daß ihre Abba wie ein Horan in einem Wintersturm flatterte. „Ich habe ihm gesagt, daß es nicht klappen würde. Ich hätte dich am Tag deiner Geburt erwürgen sollen. Rusvai…
Haya … mißratene Taklif… sich hinausstehlen … Du wagst es … du …
nach dem, was letzte Nacht…” Die leisen, giftgefüllten Worte quollen mit spritzenden Speicheltropfen zwischen ihren angespannten Lippen hervor.
Aleytys fühlte sich krank und angewidert. Sie preßte ihre Hände gegen die Wand, da sie in der kalten, rauhen Festigkeit des Steins eine Art Trost fand.
„Ich habe es ihm gesagt…” Ihr Flüstermonolog ging weiter. „Ich habe es ihm gesagt… Ich habe ihm prophezeit, daß er deine Beine nicht zusammenhalten kann! Wie bei deiner Mutter… Ahhhh!” Sie kreischte
Weitere Kostenlose Bücher