Dicke Luft auf Schreckenstein
den Streich gegen die Studiengruppe zu sprechen gekommen, so daß Stephan den Recorder einschaltete, da funkte Martina mit einer Idee dazwischen.
„Nach der Buddelei spring ich in den See!“ verkündete sie. „Wer macht mit?“
„Iiiiiich!“ kam vielstimmig die Antwort.
Andere fanden das Wasser zu kalt und meinten, eine heiße Dusche sei ihnen lieber.
Eugen im Schuppen sprach gerade mit Ottokar. Aus Sonjas Zimmer klappte die Verständigung einwandfrei.
Plötzlich kam Stephan hereingestürmt. „Das Schiff muß weg! Die wollen baden gehen“, zischte er in lautester Leisestärke.
„Mann! Das ist schwierig. Das schaffst du nicht allein“, antwortete Segelfachmann Eugen und verständigte Ottokar über das Sprechgerät.
„Wieso ist das schwierig?“ drängte Stephan.
„Der Wind klebt dich an das Steilufer wie ‘ne Briefmarke.“
„Dann mach du das. Ich übernehme hier“, entschied Stephan kurzerhand.
Eugen zog eine nachdenkliche Miene. „Wir sollten schon zu zweit sein.“
Aus dem Sprechfunkgerät quakte Ottokar dazwischen. „Moment“, sagte Eugen und schilderte dem Schulkapitän die Notlage.
Der reagierte ebenso prompt wie sein Freund. „Ich sehe zu, daß ich euch Andi schicke. Ende.“
„Aber beeil dich!“ flüsterte Stephan in das Gerät. „Die hören gleich auf. Ende.“
Eugen erhob sich von dem Hackstock, auf dem er gesessen hatte. „Okay, ich sause! Wenn sie weg sind, geh auf Position zwei“, ermahnte er Stephan. An der Tür drehte er sich noch einmal um und deutete auf die Plastiktüte am Boden. „Und vergiß nicht unsere Schätze!“ Die sich in Zeitlupe schließende Tür des Schuppens hatte gerade aufgehört zu quietschen, als eine Klingel zu scheppern begann, worauf im Garten vielstimmiges Geschnatter laut wurde.
„Ach du graues Veilchen!“ sagte Stephan vor sich hin. „Ausgerechnet jetzt hören die auf.“
Teils im Laufschritt, teils gemächlich strebten die Mädchen dem Portal zu. Fräulein Böcklmeier und ihre beiden Kolleginnen strickten wacker weiter. Die Eiligen erschienen kurz darauf wieder mit ihren Badesachen und liefen an Wirtschaftsgebäude und Schuppen vorbei hinunter zum Hafen. Die Gemächlichen gingen in ihre Zimmer, wo sie die Gartenklamotten auszogen, in ihre Bademäntel schlüpften und sich zum Duschraum begaben. Für gewöhnlich fand dieser Umzug vor offenen Schränken in den Korridoren statt. Heute mußten sie jedoch Musterschule spielen, der Gäste wegen.
Ohne diese Ausnahmeregelung hätte es für Ottokar und Andi hoffnungslos ausgesehen. Sie hatten sich vor den hereinstürmenden Mädchen gerade noch in zwei Schränke retten können. Auch so gab es Schwierigkeiten genug. Zwar können sich die beiden hinter Kleidern und Hosen ausreichend verstecken, da die Türen jedoch Knebelverschlüsse hatten, wie die Schränke auf der Burg, mußten sie die Fingernägel in das mittlere Querholz krallen, um sie zuzuhalten, gleichzeitig aber bedacht sein, die Hände blitzschnell wegzuziehen, falls der Schrank geöffnet würde.
Das geschah auch. Bei Andi wurde etwas reingeworfen und die Tür nur angelehnt, bei Ottokar etwas aus einem Regal genommen und die Tür ordentlich mit dem Knebel verschlossen.
Nun saßen sie da, zwischen Klamotten, abgeschnitten vom Geschehen. Zum Glück kannten beide den Rosenfelser Tagesablauf ungefähr. Solang die Mädchen im Duschraum waren, konnten sie raus. Falls sie raus konnten.
Andi öffnete die Tür einen Spalt. Als er keine Stimmen mehr hörte, öffnete er sie weiter, griff sich aus dem Regalteil ein Handtuch, legte es über den Kopf und rannte, mit beiden Händen frottierend, als habe er sich die Haare gewaschen, den Korridor entlang, die Treppe hinunter und vor zum Wald.
Kopfschüttelnd schaute Fräulein Böcklmeier der Gestalt nach. „Dummes Huhn! Erst wäscht sie sich die Haare, dann geht sie schwimmen.“
Ottokar hatte es nicht so leicht. Doch dank der nicht allzu festsitzenden Knebelschraube gelang es ihm, den Dietrich trotz geschlossener Tür hinauszuschieben und damit den Knebel wegzuschwenken. Auch er sah sich zuerst um, bevor er mit ungeschütztem Kopf zur Treppe flitzte und zurück in Sonjas Zimmer. „Stephan, bitte kommen! Stephan, bitte kommen!“ flüsterte er atemlos in das Sprechfunkgerät.
„Hier Stephan“, quakte es. „Was war denn?“
Ottokar berichtete.
„Oh, du gelbes Handtuch!“ quakte Stephan aus dem Apparat. „Hier kam ein gutes Dutzend vorbei. Ich hab sie durch die Latten gesehen. Dann war
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