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Dicke Luft auf Schreckenstein

Dicke Luft auf Schreckenstein

Titel: Dicke Luft auf Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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höflich wie berechnend geleitete er den Gast. Wenn die Leiterin von Rosenfels anrief, war irgend etwas nicht geheuer. Um Genaueres zu erfahren, setzte er sich vor der Telefonzelle auf die Treppe, zog den Schnürsenkel aus einem Schuh und fädelte ihn langsam wieder ein. Scheinbar ganz in diese Tätigkeit versunken, fädelte er verbissen weiter, als der Studienrat drinnen auflegte und die Zelle verließ. Erst nach einigen Sekunden Sicherheitsabstand platzte er ins Zimmer des Schulkapitäns. „Die Horn hat grad den Weißen angerufen und die ganze Studienplage für den Nachmittag nach Rosenfels eingeladen. Gut, Adele, wir kommen! – hat er gesagt.“
    Die vier Zimmerbewohner, Ottokar, Stephan, Walter und Fritz, zogen sorgenvolle Mienen.
    „Da müssen wir unbedingt…“ Weiter kam Stephan nicht, denn in diesem Augenblick platzte Andi herein.
    Was er zu berichten wußte, drückte die Stimmung noch weiter.
    „Da gibt’s bestimmt einen Zusammenhang“, meinte Ottokar. „Wir müssen rauskriegen, was gespielt wird.“
    „Moment.“ Andi verließ das Zimmer. Nach wenigen Minuten kam er zurück. „Ich hab Bettina erwischt. Angeblich wegen dem Armreif. Sie ist gleich mit allem rausgeplatzt. Um drei wird unser Quintett drüben erwartet. Alle Mädchen müssen im Garten arbeiten und Musterschule mimen.“
    Stephan schaute auf seine Uhr. „Das reicht.“
    Eugen verstand sofort. „Wir haben ganz schön Wind!“
    „Mann, ja! Daran hab ich noch gar nicht gedacht.“ Stephan rieb sich die Hände.
    Einzelheiten wurden besprochen und das notwendige Arbeitszeug beschafft. Inzwischen unterrichtete Ottokar den Rex.
    „Ziemlich dreist, am hellichten Tag!“ befand der. „Und was ist, wenn einer erwischt wird?“
    Seelenruhig grinste der Schulkapitän. „Dann sagt Andi, wo er den Armreif gefunden hat. Dann müssen sie Farbe bekennen.“
    Der Rex schüttelte den Kopf. „Sie werden alles abstreiten!“
    „Macht nichts“, beschwichtigte ihn Ottokar. „Wir müssen ja nur einen Grund nennen, warum wir da sind. Ein Minuspunkt mehr macht den Kohl auch nicht fetter.“
    Nachdenklich nickte der Rex vor sich hin. „Ihr müßt es probieren. Unsere Gäste setzen uns ganz schön zu. Hätt’ ich nicht gedacht.“
     
    Pummel und Eugen steuerten ihren Eigenbau mit sicherem Griff. Unter genüßlich geblähtem Segel machte das Boot beachtlich Fahrt. Solang sie von Rosenfels gesehen werden konnten, hielten sie Kurs auf einen Punkt in der Mitte zwischen dem Schloß und Wampoldsreute. Erst im Schatten des Steilufers wendeten sie und zielten mit Rückenwind auf den versteckten Hafen des Mädcheninternats. Sie waren nur fünf, ausgerüstet mit Recordern, Mikrofonen, Sprechfunkgeräten und Spezialkram in einer Plastiktüte. Sie sprachen wenig. Jeder kannte seine Aufgabe und überlegte, wie sie am besten zu lösen sei.
    Vor dem schmalen Durchlaß holte Eugen das Segel ein. Der Eigenbau mußte draußen anlegen. Äste der alten Weiden versperrten dem Mast den Weg. Über das Heck sprangen die Ritter an Land, stiegen wortlos durch den Wald zum Hochufer hinauf, wo sie sich hinter Büschen sammelten.
    Friedlich lag das rosa Schlößchen mit den vier runden Ecktürmen in der Sonne – eine Bilderbuchschule für lammfromme Bilderbuchschülerinnen. Und keine war zu sehen noch zu hören.
    „Viertel vor drei“, flüsterte Ottokar.
    „Traumhaft pünktlich!“ Stephan gab sich einen Ruck.
    „Ja, dann wollen wir mal.“
    „Wer fertig ist, wartet drunten im Boot!“ erinnerte Andi. „Rückfahrt spätestens achtzehn Uhr“, fügte Pummel
    hinzu.
    Im Schutz des Grüns schwärmten sie zu ihrem schwierigen Vorhaben aus.
     
    Mit steilgereckten Hinterteilen, tauchenden Enten vergleichbar, arbeiteten die Mädchen im Gemüsegarten.
    Ingrid machte ihrem Unmut über das herrschende Gedränge Luft: „Eine Gärtnerin pro Radieschen! Wenn du von meinem Fuß runtergehst, schenk ich dir meins.“
    „Dann nimm erst mal deinen Schaufelstiel aus meiner Nase!“ meckerte Esther.
    Aus der Mitte der gebückten Gestalten ragte, wie eine Vogelscheuche, Fräulein Doktor Horn.
    „So gefällt sie sich!“ flüsterte Beatrix. „Wir müssen buckeln, damit sie den Überblick hat.“
    Auf der Zufahrt von der Hauptstraße tuckerte ein Motor. „Ich glaube, unsere Gäste kommen!“ rief die Schulleiterin und schlängelte sich durch die fleißigen Mädchen. Mit erhobenen Armen trat sie aus dem Garten und ging dem Wagen entgegen, der in diesem Augenblick vor dem Schloßportal zum

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