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Dicke Luft auf Schreckenstein

Dicke Luft auf Schreckenstein

Titel: Dicke Luft auf Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Stehen kam. „Willkommen auf Rosenfels!“

     
    Überschäumend herzlich begrüßte sie das Studienquintett, am allerherzlichsten Studienrat Huber. Als der Weißhaarige sie gar in die Arme nahm und auf beide Wangen küßte, gaben die Mädchen schrille Töne von sich.
    „Rostfreie Liebe! Ich wein ja gleich“, alberte Ingrid. Fräulein Doktor Horn deutete auf die Fassade des Schlosses, auf das Wirtschaftsgebäude gegenüber, den Garten, voraus zum Sportplatz, zurück zum Wald. Dabei plapperte sie, federte und hüpfte wie eine Puppe zum Aufziehen. Zuerst besichtigten die Gäste den Garten, im Gänsemarsch um die gebückten Mädchen herum. Die Bemerkungen, die sie dabei machten, erinnerten an selbstgefällige Onkel und Tanten bei einem Familientreffen.
    „Was für ein gepflegter Garten! – Sehr gut macht ihr das! – Liebe zur Natur ist ja so wichtig! – Immer schön fleißig! – Gedeiht ja alles prächtig! – Was ein Gärtner werden will, krümmt sich beizeiten!“
    „Und was ein Lehrer werden will, soll nicht so dumm quatschen!“ flüsterte Martina beim Abmarsch des Quintetts.
    Die Leiterin hüpfte schon voraus zum Sportplatz.
    Der Eifer brach ab, die Mädchen schnatterten und kicherten, viele richteten sich kreuzlahm auf.
    Sophie, die sich gerade streckte und gähnte, stutzte plötzlich. „Wer war denn das?“
    „Wo?“ Bettina sah sich um.
    Mit ihrer kleinen Hacke deutete Sophie zum Portal, das von dem Wagen des Studienquintetts halb verdeckt wurde. „Da hat’s jemand verdammt eilig gehabt.“
    „Wird die Waldmann gewesen sein“, meinte Renate, „die wollte nach Neustadt fahren.“
    Sophie schüttelte den Kopf. „Da ist jemand rein. Nicht raus.“
    „Vielleicht hat sie was vergessen.“
    Das schien Sophie einzuleuchten. Sie bückte sich wieder und hackte ebenso langsam wie lustlos weiter. „Wie lang geht denn der Stumpfsinn noch?“
    Bettina schaute auf ihre Uhr. „Na ja, so ‘ne stramme Stunde.“
    Renate grinste. „Warum trägst du nicht die Uhr von deinem geliebten Andi?“
    „Die ist mir zu schwer. Die liegt in meiner Schublade“, antwortete Bettina. „Außerdem ist er nicht mein geliebter Andi.“
    „So?“ Renate zuckte mit den Schultern. „Heut mittag fandest du ihn doch noch richtig süß!“
    „Du fandest ihn süß!“ wehrte Bettina ab. „Ich fand nur prima, wie er sich verhalten hat.“
    Sophie blieb sachlich. „Aber deinen Armreif hat er dir nicht zurückgegeben.“
    „Na ja.“ Renate grinste wieder. „Vielleicht trägt er’n selber, weil er dich süß findet.“
    Da mußte auch Stephan auf der anderen Seite des riesigen Komposthaufens grinsen. Knapp drei Meter von den Mädchen entfernt, hatte er sich tief ins warme, gärende Laub gegraben. Nur das Mikrofon lugte, am ausgestreckten Arm gehalten, gerade so weit hervor, um das Gespräch aufzuzeichnen.
    So ein Mist! schimpfte er stumm. Sie hätt’ ja sagen können: Ich fand ihn süß, weil er der Horn nicht verraten hat, daß ich den Armreif bei dem Streich gegen die Studiengruppe verloren hab’ – Mit dem Text war was anzufangen!
    Immerhin wußte Stephan jetzt, wo sich Andis Uhr befand. Das mußte er sofort weitermelden. Vorsichtig schälte er sich aus seiner Moderhöhle und robbte zu dem Holzstoß, der seinen weiteren Rückweg deckte.
    „Na, hast du was rausgekriegt?“ fragte Eugen im Schuppen neben dem Wirtschaftsgebäude hinten am Wald.
    „Wie geht’s drinnen?“ fragte Stephan dagegen.
    Eugen hob den Daumen. „Die Horn macht grade Fremdenführung. Pummel sitzt unter der großen Treppe.“
    „Ich weiß, wo Andis Uhr versteckt ist!“ berichtete Stephan.
    Sofort nahm Eugen das Sprechfunkgerät vors Gesicht. „Pummel bitte kommen! Pummel bitte kommen!“
    „Hier Pummel. Was gibt’s?“ quakte der Gerufene aus dem Gerät und zeigte sich alsbald hoch zufrieden. „Mann! Ist ja traumhaft! Hoffentlich find ich ihn. Der geigt irgendwo in den Zimmern rum.“
    „Und Ottokar?“ fragte Eugen.
    „Nichts gehört“, quakte Pummel zurück. „Ich geh jetzt weiter auf Position zwei. Ende.“
    Eugen nickte. „Ich auch. Sowie die Hühner drin sind. Ende.“
    „Und ich geh wieder in meine Gartenlaube“, schloß Stephan, „vielleicht reden sie doch noch Klartext.“
     
    Liebevoll mit Blumenschmuck und geblümtem Geschirr auf geblümter Decke war in Fräulein Doktor Horns geräumigem Eckzimmer der Tisch gedeckt. Am Gießhals der Kaffeekanne saß ein geblümter Schmetterling, der sich offenbar als Schnecke fühlte, denn

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