Dicke Moepse
schlechter Gedanke, allerdings wäre ich dann die Herrin des Hauses und du ein berühmter Tierarzt mit einem dicken Bankkonto.«
Ich umarme meine Freundin, packe mein Lunchpaket und mache mich auf in den Zoo, wo ich bereits freudig von den Geschwistern Büchsenschütz erwartet werde, die ich heute mal wieder durch unser Tierreich führen darf. Private Einzelführungen sind in unserem Zoo gegen einen geringen Aufpreis möglich. Das Geld können wir momentan gut gebrauchen. Außerdem macht es mir immer wieder Spaß, die beiden älteren Damen herumzuführen.
Ingrid und Pamela Büchsenschütz sind zwei adrette Frauen jenseits der 60. Welche die ältere ist, konnte ich bisher allerdings noch nicht herausfinden. Sie sehen sich einfach ungeheuer ähnlich, obwohl Pamela eine leichte Hormonstörung zu haben scheint, denn auf ihrem Kinn wachsen zwei vereinzelte seidig feine, aber eben auch rabenschwarze Härchen, die mit jeder Bewegung elastisch mitwippen. Sie sind schon recht lang, mindestens zehn Zentimeter, und sie bibbern und zittern immer im Takt, wenn sie mit einem spricht. Ich achte natürlich peinlichst darauf, nicht zu offensichtlich dorthin zu starren. Leider gelingt es mir nicht immer, was mir im Nachhinein auch stets sehr leidtut, schließlich will ich niemanden beleidigen. Ansonsten zeichnen sich beide Schwestern durch ein recht properes und stets gepflegtes Erscheinungsbild aus. Beide hüllen sich nur in feinstes Chanel oder Prada, das Haar ist immer hübsch gesteckt und onduliert, die Wangen mit pastellfarbenem Rouge aufgefrischt. Und immer tragen sie ihre Babys Kate und Moss auf dem Arm. Natürlich sind Kate und Moss nicht ihre biologischen Kinder, es handelt sich dabei vielmehr um zwei Möpse, die runder und knuffiger nicht sein könnten. Ich liebe Möpse. Es sind die einzigen Hunde mit einer eigenen Meinung. Sie haben eine Persönlichkeit, ja, das glaube ich wirklich, und daher auch mal ihre schlechten Tage, an denen sie ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter machen. Jedes Mal, wenn ich einen Mops auf der Straße sehe, muss ich lachen, weil sie so niedlich sind mit ihren kurzen Beinchen und dem wackelnden Popöchen. Kate und Moss haben schwarzes und karamellfarbenes Fell. Leider scheint Karamell auch ihr Hauptnahrungsmittel zu sein, denn sie sind selbst für Möpse ganz schön aus der Form geraten. Kein Wunder, denn auch ihre Frauchen sind den irdischen Genüssen ganz offenbar nicht abgeneigt.
»Ach, wir wären ja so gerne schlanker, aber seit unsere Männer nicht mehr sind, bleibt uns doch außer den Tierchen und den Schokoladentrüffeln nicht mehr viel«, seufzen sie. Pamela und Ingrid waren mit den Brüdern Büchsenschütz aus einer uralten Familiendynastie verheiratet. Gerüchten zufolge hatte Urururopa Büchsenschütz vor Hunderten von Jahren sein Geld mit Öl gemacht, vielleicht waren es aber auch Konserven oder Textilwaren. So genau weiß das keiner mehr, denn seine Nachfahren mussten im Grunde genommen nur noch die Milliarden verwalten. Und weil es davon reichlich gab, konnten sich alle Familienmitglieder der Büchsenschütz ein sorgenfreies Leben gönnen.
Davon kann ich als Kind einer alleinerziehenden Krankenschwester nur träumen. Aber man kann eben nicht alles haben im Leben. Außerdem hat es auch Vorteile, von Geburt an finanziell extrem bescheiden gelebt zu haben. Sonst müsste ich mir täglich darüber Gedanken machen, dass Haute Couture in Größe 34 einfach besser aussieht als in Größe 44.
»Sagen Sie mal, wann haben Sie die beiden eigentlich zum letzten Mal auf die Waage gestellt?«, frage ich jetzt kritisch.
»Waage? Sie sind uns ja eine, Frau Jakob, wir wollen doch keine Essstörung hervorrufen!«
Ingrid Büchsenschütz beugt sich entrüstet zu Kate und Moss hinab und tätschelt synchron die runden Köpfchen.
»Aber Sie wissen doch sicher, dass Sie den beiden keinen Gefallen tun, wenn Sie sie täglich mit Süßkram vollstopfen«, wende ich in strengem Tonfall ein. Überfütterung ist schließlich auch eine Form von Tierquälerei, und das macht mich nun mal wütend. Ich bemühe mich dennoch, freundlich zu bleiben, ich mag die Büchsenschützinnen, aber hier ist die Gesundheit der Tiere ernsthaft in Gefahr.
Nun mischt sich Pamela ebenfalls ein. »Sie hat recht, Ingrid, unsere Kleinen haben wirklich etwas zugenommen. Aber ich finde, es steht ihnen.«
»Wir haben doch selber keine Kinder. Da wollen wir nur, dass die beiden glücklich sind. Sehen Sie doch nur in ihre putzigen
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