Dicke Moepse
Schwimmunterricht auf dem Plan. Kurt lässt seinen Astralkörper ins Wasser gleiten und beweist mal wieder, dass man auch mit üppigen Formen über eine exzellente Körperbeherrschung verfügen kann. Er läuft elegant auf dem Boden entlang, während Dagmar mit zärtlichen Nasenstupsern versucht, Gotthilf von den Vorzügen des Badens zu überzeugen. Aber Baby Gotthilf widersteht den Verlockungen, stemmt seine dicken Vorderbeinchen in den Boden und stößt ein röhrendes Quieken aus. Kurt taucht vor ihm aus dem Wasser auf und grunzt seinen Sohn aufmunternd an. Aber Gotthilf kuschelt sich an Muttis warmen runden Leib. Wenn doch alles so einfach wäre wie bei Nilpferds zu Hause! Ich lasse das junge Glück allein und kümmere mich um den vegetarischen Küchendienst. Das bedeutet: tonnenweise Obst und Gemüse schneiden und für die Kollegen in Eimer verteilen. Normalerweise kümmert sich jeder Pfleger selbst um das Futter, aber bei den Pflanzenfressern haben wir festgestellt, dass wir enorm Zeit sparen, wenn das Zeug im Akkord gehobelt wird.
Gegen Nachmittag wird es nochmal unangenehm, denn dann sind unsere Wassertiere dran. Das heißt Fisch, Fisch und nochmals Fisch. Am Abend schmerzt mein Rücken, und am Ende meiner Arbeitsschicht bestraft mich jede Faser meines Körpers für die vergangene Nacht. Außerdem miefe ich mittlerweile wahrscheinlich wie das Seehundhaus. Also springe ich zu Hause erst einmal unter die Dusche.
»Na? Riechst du wieder wie ein Mensch?« Carla stellt einen großen dampfenden Kessel mit roter Fleischsoße auf den Tisch. Dann angelt sie eine Nudel aus dem Wasser und wirft sie an den Küchenschrank, wo sie in ihrer ganzen Pracht kleben bleibt.
»Al dente! Perfekt! Sagst du Mel bitte, sie soll auflegen? Wir essen gleich!« Sie gießt das Nudelwasser ab und füllt die Pasta in eine große Schüssel. Ich kann meine Augen kaum losreißen, so lecker sieht das alles aus. Mein Körper lechzt förmlich nach Kohlehydraten, schließlich leide ich nicht nur unter Schlafmangel und Katerstimmung, ich habe außerdem noch gegen alle Naturgesetze und Menschenrechte hart gearbeitet.
»Mel, Essen ist fertig!«, brülle ich in den Flur hinaus, wo unsere Stewardess aus Leidenschaft wahrscheinlich mal wieder mit ihrem Lieblingspiloten telefoniert.
»Tibor, ich muss auflegen … ja, ich vermisse dich auch … klar, unser Wochenende ist nicht aufgehoben, nur verschoben … das verstehe ich doch … natürlich mag ich dich trotzdem … Tschüssi!«, flötet sie in den Hörer, um kurz danach mit glasigen Augen in unserer Wohnküche zu erscheinen.
»Das ist aber schön, dass Madame doch noch zum Essen erscheinen!« Carla verteilt einen dicken Klacks Soße auf den Spaghetti und reicht sie zu Mel über den Tisch.
»Das war Tibor …«, murmelt Melanie entschuldigend. »Er musste schon wieder unseren Wochenendtrip nach Barcelona verschieben. Irgendwas ist mit den Kindern.«
Melanie hat die Angewohnheit, sich grundsätzlich in Typen zu verlieben, die bereits besetzt sind. Diesmal ist sie aussichtslos in einen ihrer Piloten verknallt. Der hat allerdings aus familiären Gründen keinen Spielraum für Spontaneitäten. Vielleicht hat auch seine Ehefrau etwas dagegen, dass er eine Affäre mit seiner Stewardess hat. Eigentlich bin ich gegen solche Verbindungen. Man sollte nicht die Last einer zerstörten Beziehung tragen müssen. Andererseits: Wo die Liebe hinfällt, kann man nicht selbst bestimmen.
»Mel, ich sag es nicht noch einmal. Schieß den Typen in den Wind. Der wird seine Frau nie für dich verlassen.« Seit Wochen rede ich auf sie ein, aber sie begreift den Ernst der Lage einfach nicht. Heute scheint mein Reden aber endlich zu fruchten.
»Rosi, du hast recht. Ich muss Prioritäten setzen. Der Kerl nutzt mich wahrscheinlich wirklich nur aus.« Sie steht auf, entkorkt eine Flasche Rotwein und verteilt sie in drei Gläser.
»Um ehrlich zu sein, habe ich wirklich die Schnauze voll von solchen Männern. Die wollen doch alle nur ihren Spaß, aber keine Verpflichtung eingehen, während wir allzeit bereit zu Hause hocken und darauf warten, dass sie sich unser entsinnen.«
»Apropos Besinnung: Rosi hatte heute Nacht Sex!«, plappert Carla zwischen ihren Spaghetti hervor.
»Echt? Mit dem Schnuckelchen von gestern Abend?« Melanies Stimmung erhellt sich in null Komma nichts.
»Ja«, zische ich gequält hervor. Eigentlich wollte ich die Geschichte nicht mit leerem Magen durchkauen. Ich nehme schnell eine große Gabel
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