Dicke Moepse
genauso professionell behandeln wirst wie ich«, entgegnet er förmlich.
Wovon redet der? Professionell behandeln? Sex hat doch nichts mit Professionalität zu tun. Es sei denn, man geht ins Bordell. Ich hole tief Luft, um ihm erneut meine Meinung zu geigen, schlucke die Bemerkung aber dann doch besser runter. Wahrscheinlich leben wir einfach in zu unterschiedlichen Welten, und er würde meine Empörung sowieso nicht verstehen. Männer wie Andreas, eine Mischung aus gutem Aussehen und Arroganz, reißen sich doch jeden Abend was Neues zum Spielen auf. Frauen wie ich sollten um solche Typen besser einen großen Bogen machen. Sonst endet das Morgengrauen von heute nie. Mein bester Kumpel Jens sagt immer: »Kerle, die dich am ersten Abend ins Bett locken, kannst du getrost aus deiner Telefonliste streichen.« Nicht, dass Andreas mir seine Telefonnummer angeboten hätte, aber ich Idiot hatte doch kurzzeitig darüber nachgedacht, ihm meine zu hinterlassen. Was für ein Glück, dass ich es doch nicht getan habe. Ich nicke Andreas wortlos zu und verschwinde in Richtung Nilpferdgehege, schließlich muss ich vor meiner eigentlichen Arbeit auch noch Stefans Job erledigen.
Ich stapfe mit knirschenden Zähnen den breiten Kiesweg zu unserer Hippo-Familie hinauf und versuche krampfhaft, mich zu beruhigen. Was bildet sich dieser Schnösel eigentlich ein? Gerade angefangen und schon austeilen! Was denkt er eigentlich, wer er ist? Und außerdem, was soll das eigentlich heißen: Er hätte mich ohne die ganze Kriegsbemalung nicht erkannt? Gut, ich sehe heute etwas verschlafen aus, aber ich kann mich auch ungeschminkt durchaus auf die Straße wagen. Amateur. Wahrscheinlich war er völlig schockiert, dass er mal eine Frau außerhalb seines »50-5-null« -Beuteschemas aufgerissen hat: 50 Kilogramm Körpergewicht, fünf Kilo Make-up und null Gehirn. Meinetwegen kann er künftig gerne wieder mit einer dauergewellten Frisöse mit Modelfigur ausgehen, die ihm jeden Abend die Horsd’œuvres auf ihrem nackten Körper serviert, nachdem sie vorher im Lexikon nachgeschlagen hat, was Horsd’œuvre bedeutet. Und den Schampus dazu können die beiden ja aus ihren hohlen Schädeln schlürfen.
Ich muss dringend mit dem Trinken aufhören, sonst falle ich womöglich noch einmal auf so einen aufgeblasenen Schnösel herein. Vielleicht ist er sogar verheiratet und wollte sich einfach mal mit einem wohlgeformten Vollweib vergnügen? Voller Elan schnappe ich mir die Mistgabel und beginne, das schmutzige Stroh aus dem Nilpferdhaus aufzuspießen und gegen frisches auszutauschen. Ein Knochenjob.
Vielleicht sollte ich doch reich heiraten und das Berufsleben an den Nagel hängen. Ich könnte mir meinen persönlichen Privatzoo zu Hause in meiner Villa halten und hätte den ganzen restlichen Tag nichts anderes zu tun, als mich zu hegen und zu pflegen, um meinem etwa 120-jährigen erfolgsverwöhnten und stinkreichen Ehegatten die letzten Lebenstage zu versüßen. Lieber nicht. Allein bei dem Gedanken, sich in eine Garnitur rosa Seide hüllen zu müssen, nur um einen Kerl von meiner perfekten Persönlichkeit zu überzeugen, wird mir übel. Nein, nein, nein! Ich komme auch ohne Mann zurecht. Carla, Melanie und ich sind ein prima Team. Vielleicht werden wir in unserer WG auch zusammen alt. Kinder können wir schließlich auch ohne Mann zur Welt bringen. Wir suchen uns einfach ein zeugungsfähiges Exemplar aus, prüfen es auf mögliche Erbkrankheiten und dann: Wham-bam-thank-you-man. Anders machen es die Männer doch auch nicht. Nur, dass sie sich aus der Verantwortung herausziehen. Wir kümmern uns immerhin um unsere Nachkommenschaft. Und dann ziehen wir unseren Nachwuchs in unserer Kommune auf. Gemeinsam. Ich werde das heute Abend bei unserem vierzehntäglichen Spaghetti-bolognese-Treffen vortragen. Carla macht nämlich die beste Bolognese der Welt. Deshalb haben wir sie dazu verpflichtet, alle zwei Wochen für uns zu kochen. Den dazugehörigen Rotwein werde ich heute aber stehenlassen, bestimmt. Mir ist nämlich immer noch etwas flau.
Ein erstauntes Knurren reißt mich aus meinen Gedanken, und ich blicke in sechs kugelrunde Nilpferdaugen. In meinem Eifer habe ich die Dicken die ganze Zeit über komplett ignoriert. Sensibel, wie sie sind, haben sie mich ebenfalls in Ruhe gelassen. Wenigstens das klappt heute wie am Schnürchen. Kurt wackelt mit den Ohren und trabt fröhlich in Richtung Wasserbecken, wo Dagmar bereits mit Gotthilf wartet. Heute steht also
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