Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
nicht überschreiten, kann ein Bollogg bis auf eine Höhe von zwei Kilometern heranwachsen und wird daher als einzige lebende Daseinsform auch den zamonischen Ausnahme-Naturkatastrophen [->Ewiger Tornado oder ->Scharach il Allah] zugerechnet. Knochenfunde lassen übrigens sogar die Vermutung zu, es habe in Urzeiten Bolloggs von bis zu 20 Kilometern Körpergröße gegeben. Gütigerweise gibt es in Zamonien nur noch sehr wenige Bolloggs, man schätzt, ein halbes Dutzend.
Der Bollogg verfügt über die einzigartige Fähigkeit, ohne Kopf überleben zu können. Bolloggs werden zwar mit einem Kopf geboren, verlieren aber mit zunehmender Größe jede Form von sozialem Bewußtsein und kommunikativen Instinkten. Spätestens ab 50 Meter Körpergröße reißt die Fähigkeit zu zwischenmenschlichen Kontakten ab, die Fähigkeit zu sprechen, sowieso nur rudimentär ausgeprägt, verkümmert vollends, das Gehirn wird kaum noch benötigt. Ab 1500 Meter Körpergröße erreicht der Bollogg jene seltene Souveränität, die auch solche Sinnesorgane wie das Auge und die Ohren überflüssig macht. Die meisten Bolloggs legen ihren Kopf, der sowieso nur
leicht mit dem übrigen Biosystem verstöpselt ist, bei etwa siebzehnhundert Meter Körpergröße ab. Sie ernähren sich von diesem Augenblick an durch ihre Hautporen, die so groß sind, daß Vögel, Mäuse und sogar kleinere Ferkel und Lämmer aufgenommen und direkt in den Blutkreislauf eingespeist werden können. Es genügt einem Bollogg, sich in einem Kornfeld zu wälzen, um monatelang gesättigt zu sein. Der abgelegte Kopf wird meist einfach liegengelassen [ein durchschnittlicher Bolloggkopf kann 400 Meter Durchmesser überschreiten], der restliche Körper wandert weiter, vermutlich auf der Suche nach seinem eigenen Schädel.
BA-RUMMS!
Und dann sahen wir ihn: Ein Bollogg, gut und gerne zwei Kilometer groß, stapfte unaufhaltsam durch die südzamonischen Kornfelder. Sein Fell war dunkel, fast schwarz, wie bei einem Gorilla, und auch ansonsten glich er mit seinen langen hängenden Armen und den Affenfüßen diesem Tier, bis auf den Unterschied, daß Gorillas nicht größer werden als ein Kleiderschrank und ihren Kopf auf den Schultern tragen.
BA-RUMMS!
Ein paar Bauernhöfe hatte er schon zertrampelt, aber wahrscheinlich keine Lebewesen verletzt. Einen Bollogg kann man früh hören und spüren, meist reicht die Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen.
Einige Bauern kamen schon wieder aus ihren Verstecken zurück und bejammerten ihre zerstörten Höfe und Felder. Wir segelten darüber hinweg, zielstrebig auf den Bollogg zu, der nur noch einige Kilometer entfernt war und jetzt stehenblieb. Mac mußte schon längst etwas gewittert haben, und auch ich registrierte die zunehmende Konzentration von Gefahr in der Atmosphäre. Ich konnte jetzt ein Haus zu Füßen des Bolloggs ausmachen und, als wir noch näher kamen, in seinen vergitterten Fenstern Dutzende von kleinen, herzzerreißend jaulenden Hündchen sehen.
»Wolpertingerwelpen«, sagte Mac.
Aus dem
»Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
Daseinsformen und Phänomene Zamoniens
und Umgebung«
von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
Wolpertingerwelpen, die: Eine der Haupteinnahmeguellen der südzamonischen Landwirtschaft ist die Aufzucht von Wolpertingerwelpen, Zentrum der Aufzucht ist die Stadt Wolperting und ihre nähere ländliche Umgebung. Sie erfreuen sich als Schoßtiere in ganz Zamonien größter Beliebtheit und gelten als Inbegriff der Niedlichkeit, noch vor dem Fhernhachischen Schmiegehäschen und der zamonischen Murmelmaus.
Es handelte sich um einen der ortstypischen Zuchthöfe, seine Besitzer waren vermutlich Hals über Kopf geflohen und hatten ihre Schützlinge hilflos und gefangen der Gefahr überlassen. Ich schüttelte den Kopf über soviel Verantwortungslosigkeit.
Wenn es eine Beliebtheitsskala für Lebensformen gäbe, stünden darauf die Bolloggs ganz unten und die Wolpertingerwelpen auf Platz eins. Sie sind die niedlichsten Wesen der Welt. Sie dienen keinem besonderen Zweck, sie sind nur dazu da, das Auge zu erfreuen und die Herzen zu erwärmen. Wolpertingerwelpen ernähren sich von Zuneigung, sagt man.
Wolpertingerwelpen, die [Forts.]: Es gibt die wissenschaftlich noch nicht erhärtete Theorie, daß sich Wolpertingerwelpen in ganz jungem Alter von Zuneigung ernähren können. Man schließt gewisse telepathische Fähigkeiten bei ihnen nicht aus, die sie in die Lage versetzen, die ihnen entgegengebrachte
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