Die 13. Stunde
Bennett auf den Schießstand eines Geschäftsfreundes begleitet. Nick hasste Schusswaffen, weil sie einem Mann die Macht über Leben und Tod gaben – eine Macht, die der größte Trottel sich nehmen konnte, wenn er es nur über sich brachte, den Abzug zu betätigen.
»Noch etwas«, fuhr Dance fort. »Die ballistische Abteilung ist zwar noch nicht wieder da – es wird wahrscheinlich ein paar Tage dauern, weil zurzeit alle mit dem Flugzeugabsturz beschäftigt sind –, aber an Ihrer Armbanduhr haben wir Schmauchspuren gefunden, die offensichtlich von Schießpulver stammen. Tja, Sie müssen sich schon etwas sehr Originelles einfallen lassen, wenn Sie aus dieser Nummer herauskommen wollen.«
Detective Shannon kam in den Verhörraum und verriegelte die Tür hinter sich. »Das sehe ich auch so«, sagte er, was zeigte, dass er das Gespräch durch den Zweiwegespiegel verfolgt hatte. »Schauen Sie schön in die Spiegelmitte, genau in die Kamera. Mit so etwas kommen Sie bei den Geschworenen besonders gut an.«
Erneut wusste Nick nicht, was er tun sollte. Bei Shannons Eintreten war das zarte Pflänzchen seiner Hoffnung wieder verdorrt. Er schaute zur Wanduhr hinauf:
21.56 Uhr.
Shannon knallte seinen Schlagstock auf den Tisch. Das Geräusch erschreckte nicht nur Nick, sondern auch Dance.
»Kaltblütiger Mord«, sagte Shannon. »Sie brauchen uns also gar nichts vorzumachen. Es steht alles in der Akte, was wir für eine schnelle und problemlose Verurteilung brauchen.«
»Ich schlag vor, wir machen erst mal eine Pause«, sagte Dance, der Shannons Wut spürte, und schaukelte auf den Stuhlbeinen.
»Nein, verdammt! Eine Frau ist tot!«, brüllte Shannon. »Und ich will Antworten! Hat sie herumgevögelt, und Sie haben es herausgefunden? Ober haben Sie herumgevögelt, und Ihre Frau hat es erfahren?«
Nick ballte vor Zorn die Fäuste.
»Ah, wie ich sehe, macht Sie das wütend. Na los, lassen Sie Ihrer Wut freien Lauf«, reizte ihn Shannon. »So wie bei Ihrer Frau, als Sie sie erschossen haben! All das Gelackte an Ihnen, die italienischen Klamotten, die ausländischen Autos … damit kaschieren Sie doch nur, dass Sie nichts anderes sind als ein dreckiger Mörder. Sie unterscheiden sich in nichts von einem Penner, der in einer dunklen Gasse eine Nutte aufschlitzt!«
Nick hatte alle Mühe, sich zu zügeln. Seine Muskeln waren angespannt, sein Blut kochte.
»Ihre Frau hat mit einem anderen gefickt. Deshalb haben Sie sie umgebracht!« Unerwartet knallte Shannon seinen Schlagstock erneut auf den Tisch. Diesmal erschreckte Dance sich so sehr, dass er auf den beiden Stuhlbeinen das Gleichgewicht verlor und nach hinten kippte, wobei er vergeblich versuchte, sich an der Tischkante festzuhalten.
Bei Nick brachte Shannons neuerlicher Ausbruch das Fass zum Überlaufen. Seine Frau war tot, und man warf ihm vor, sie ermordet zu haben. Und jetzt stellte Shannon, dieser Hurensohn, auch noch seine und Julias eheliche Treue infrage.
Dance’ Sportsakko schwang auf, sodass die Pistole im Schulterhalfter zum Vorschein kam. Ihr Griff zeigte nach außen. Nick beugte sich blitzschnell vor und riss Dance die Waffe aus dem offenen Holster.
Ehe jemand reagieren konnte, entsicherte er die Pistole mit dem Daumen, während er den Zeigefinger an den Abzug legte. Nur weil Nick keine Waffen mochte, bedeutete das noch lange nicht, dass er nicht wusste, wie man damit umging. Er legte Dance, der sich soeben vom Boden aufrappelte, den Arm um den Hals und hielt ihm die Pistolenmündung an den Kopf. Dance riss in Panik die Hände hoch und packte Nicks Unterarm.
Dann geriet die Situation außer Kontrolle.
»Fallen lassen!«, brüllte Shannon, wobei er die Waffe zog, auf ein Knie ging und auf Nicks Kopf zielte.
»Ihr versteht nicht! Keiner von euch! Sie lebt noch!«, rief Nick. Er hörte sich an wie ein Irrer, und sein Blick huschte zwischen Shannon und der Wanduhr hin und her. »Meine Frau lebt!«
Shannon und Dance tauschten einen Blick.
»Hören Sie«, sagte Dance mit ruhiger Stimme, trotz der Pistole an seinem Kopf. »Legen Sie die Waffe weg. Ich weiß, wie Sie sich fühlen …«
»Blödsinn!«, unterbrach ihn Nick. »Sie machen sich keine Vorstellung, wie es mir geht!«
»… nachdem Sie Ihre Frau verloren haben. Erzählen Sie uns Ihre Geschichte. Wenn jemand anders Julia getötet hat, werden wir ihn fassen, ich verspreche es Ihnen. Und jetzt nehmen Sie die Waffe weg. Für den Mord an Ihrer Frau würden Sie hinter Gitter wandern, aber wenn Sie einen
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