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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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kurz, ehe er die einzelne Silberkugel aufnahm.
    »Bleiben Sie schön hier«, sagte Dance, ging hinaus und schloss hinter sich die Stahltür.
    Nicholas Quinn atmete tief durch. Er hatte versucht, sich nichts anmerken zu lassen und die Gewissheit, dass die schrecklichen Ereignisse an diesem Tag tatsächlich geschehen waren, in den hintersten Winkel seines Verstandes zu verbannen – er wusste, sie würde ihn innerlich zerfressen, wenn er ihr freien Lauf ließ.
    Er trug das blaue Sportsakko, das Julia ihm vor zwei Wochen zum zweiunddreißigsten Geburtstag geschenkt hatte, dazu ein hellgrünes Polohemd und Jeans – seine Alltagskleidung für den legeren Freitag. Nicks dunkelblondes Haar war ein wenig zu lang und hätte den Haarschnitt gebraucht, den er Julia seit drei Wochen versprach. Er sah gut aus, und sein markantes Gesicht verbarg, was hinter seiner Stirn vorging – eine Eigenschaft, die sich im Geschäftsleben und beim Pokern als unschätzbar wertvoll erwiesen hatte. Niemand vermochte durch Nicks Augen in sein Inneres zu blicken, mit Ausnahme von Julia, die ihm alles, was er verheimlichen wollte, schon an der Nasenspitze ansah.
    Nick schaute sich in dem kleinen, beengten Raum um, der offensichtlich – und erfolgreich – dazu dienen sollte, Beklemmung zu wecken. In dem Raum standen ein einzelner Metalltisch, auf dessen hellgrüner Resopalplatte der Revolver lag, und dazu vier unbequeme Stühle aus dickem Stahlrohr. Schon nach fünfzehn Minuten Sitzen fühlte sich Nicks Hintern taub an. Über der Tür hing eine weiße, von einem Drahtkäfig umschlossene Uhr, die kurz vor halb zehn abends zeigte. Die Wände waren kahl bis auf eine große Weißwandtafel, an deren Ecken an ausgefransten Schnürsenkeln drei farbige Stifte hingen. Gegenüber der Tafel befand sich ein Zweiwegespiegel, der es Personen im Nebenzimmer gestatten sollte, das Innere des Raumes zu beobachten; zugleich sollte er Beklemmungen bei dem hervorrufen, der sich in dem Raum aufhielt, weil der Betreffende sich unablässig fragte, wie viele Leute ihn gerade beobachteten und taxierten, ehe auch nur Anklage erhoben worden war.
    Quälender Schmerz wühlte in Nicks Innerem. Alles, was seine Welt ausmachte, alles, was sie in Bewegung gehalten hatte, war zum Stillstand gekommen. Seine Empfindungen waren in den zwei Stunden, ehe er hierhergekommen war, völlig abgestumpft, und seine Gedanken wurden von einem Wirbel aus Fragen beherrscht, vermischt mit Fassungslosigkeit und Angst.
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er Julias Geruch wahrzunehmen, als hätte er sich in seiner Seele festgesetzt …
     
Nach einer viertägigen anstrengenden Geschäftreise durch den Südwesten der USA war Nick gegen drei Uhr früh nach Hause gekommen. Er wusste nicht mehr, wie er ins Bett gefunden hatte, doch an das Aufwachen erinnerte er sich gut.
     Er hatte in Julias Gesicht geblickt, in ihre blauen Augen, die von so viel Gefühl erfüllt gewesen waren, so viel Liebe. Sie hatte ihn geküsst, ihn aus dem Traum gezogen, der ihn umschlungen hielt, und in die Welt zurückgelockt.
    Das Eric-Clapton-T-Shirt, das Julia als einziges Kleidungsstück trug, flog nach wenigen Sekunden auf den Fußboden und enthüllte ihren makellosen Körper. Sie war mit einunddreißig noch so schlank wie mit sechzehn, als Nick sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ihre Brüste waren fest, ihr Bauch flach, die Haut straff, und ihre endlos langen Beine waren gebräunt und schlank. Ihr Gesicht war von klassischer Schönheit, geprägt von spanischen, irischen und schottischen Ahnen, mit hohen Jochbeinen und vollen Lippen, und ihre großen blauen Augen wirkten jeden Sommer noch verlockender, wenn ihre Haut sich zu einem hellen Gold bräunte und ein Hauch von Sommersprossen ihre Nase sprenkelte.
    Julia setzte sich breitbeinig auf Nick, beugte sich vor und küsste ihn, bis er vollends wach war. Als er sich in ihrem langen blonden Haar verlor, während ihn der Geruch nach Lavendel und Julias natürlicher Duft umfingen, wurde der Traum, den er vor wenigen Augenblicken genossen hatte, zur Wirklichkeit.
    Sie liebten sich mit der Hitze und Erregung der ersten Liebe. Küsse und warmer Atem strichen über ihre Haut, und sie verloren sich in den Armen des anderen. In acht Jahren Ehe hatte ihre Leidenschaft kein bisschen nachgelassen. Und so wild ihr Verlangen auf den anderen auch war – nur selten gab es wilden, ungezügelten Sex zwischen ihnen, eine bloße Befriedigung der Triebe, sondern stets ein Geben und Nehmen,

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