Die 2 Chance
Aussichtsfenster.
Coombs war auf der anderen Seite – die Glocken gaben uns beiden Deckung.
»Willkommen auf Camelot, Lieutenant«, rief er übermütig und arrogant. »Da unten sind ja so viele Klugscheißer… und Sie kommen zu mir rauf, nur um mit mir zu reden?«
»Ich habe Freunde mitgebracht. Sie werden nicht reden, Rusty. Sie wollen dich festnehmen. Und wenn das nicht geht, dann abknallen. Warum willst du so sterben?«
»Keine Ahnung. Aber irgendwie gefällt’s mir. Wenn Sie hier oben mit mir sterben wollen… mit Vergnügen«, rief Rusty Coombs zurück.
Ich spähte durch das Metallgitter, um Coombs’ Position festzustellen, und hörte, wie er jenseits des Glockenspiels ein neues Magazin einschob.
»Ich bin froh, dass Sie gekommen sind. Meiner Meinung nach ist es goldrichtig. Sie haben meinen Dad umgelegt, und jetzt mache ich das Gleiche mit Ihnen.«
Seine Stimme schien sich zu verändern,
als wechselte er die Position
.
Auch ich setzte mich in Bewegung, die Glock immer auf die Ecke des Gehäuses des Glockenspiels gerichtet.
»Ich will nicht hier oben sterben, Rusty.«
»Ihr Verstand arbeitet mal wieder ein bisschen langsam, Lieutenant. Wie immer. Ich habe Ihnen alles gegeben, was mir eingefallen ist. Die Chimäre-Symbole, den Van, den Notruf… Sollte ich vielleicht eine E-Mail schicken und sagen:
›He, Leute, ich bin hier drüben.‹
Hat ja ewig gedauert, bis Sie durchgeblickt haben. Hat unterwegs auch ein paar Leben gekostet.«
Unvermittelt traf eine Gewehrsalve das Gitter. Kugeln prallten lautstark von den Glocken ab.
Ich warf mich zu Boden und hielt den Kopf zwischen den Händen.
»Dein Vater ist tot«, rief ich. »Das hier bringt ihn nicht zurück.«
Wo war er jetzt? Vorsichtig spähte ich durch ein Loch im Gitter.
Mein Verstand stand still
.
Da war Rusty Coombs
. Er lächelte. Es war das selbstgefällige hasserfüllte Grinsen seines Vaters. Ich sah den Gewehrlauf im Gitter des Glockenspiels.
Im selben Moment Mündungsfeuer, und ich wurde brutal zurückgeschleudert, landete hart auf dem Rücken und kroch in Deckung, als Coombs eine neue Position suchte, von der aus er auf mich schießen konnte. Ich griff nach meiner Glock.
O mein Gott, meine Pistole… sie war nicht da
.
Coombs hatte sie mir aus der Hand geschossen!
Er trat vor und baute sich vor mir auf. Sein Gewehr zielte auf meine Brust. »Sie müssen zugeben, dass ich wirklich schießen kann, was?«
Jedes Fünkchen Hoffnung war verloschen. Seine Augen waren grün, eiskalt und voll abgrundtiefem Hass. Mein Gott, ich hasste dieses Schwein ebenfalls.
»Bitte, keine weiteren Toten«, sagte ich. Mein Mund war staubtrocken. »SWAT-Teams sind unterwegs und bald hier. Wenn du mich umbringst, bist du selbst fünf Minuten später tot.«
Er zuckte die Schultern. »Bei meinem Trainer habe ich ohnehin ausgeschissen. Leute wie Sie«– er starrte mich mit brennenden Augen an –»haben keinen blassen Schimmer, wie es ist, seinen Vater zu verlieren. Ihr Bullenschweine habt mir meinen Vater genommen.«
Ich sah, wie sein Finger sich dem Abzug näherte, und mir war bewusst, dass ich jetzt sterben würde. Ich sprach ein stummes Gebet und dachte:
Aber ich will nicht sterben!
In diesem Moment durchdrang ein ohrenbetäubender Klang die Luft. Nie hatte ich etwas Lauteres gehört. Der gesamte Turm bebte.
Coombs’ Gesicht verzerrte sich vor Schock und Schmerzen. Er taumelte und krümmte sich instinktiv zusammen, um sich zu schützen.
Kaum sah ich, dass er sich zusammenkrümmte, griff ich an mein Hosenbein und holte die Beretta unter der Hose heraus, die ich an den Knöchel geschnallt hatte.
Dann ging alles so blitzschnell wie in einem Film, der zu schnell ablief, wobei der Ton schrill und unverständlich wurde.
Als Coombs mich sah, richtete er das Gewehr auf mich.
Ich schoss drei Mal. Die Glocken läuteten weiter…
gong… dong… gong… dong
… immer wieder.
Auf Coombs’ Brust erschienen drei rote Flecken. Er fiel auf den Rücken.
Bei jedem Glockenschlag hatte ich das Gefühl, mein Trommelfell würde platzen. Wie Vorschlaghämmer trafen sie meinen Kopf.
Coombs setzte sich auf. Er schaute nach unten auf die Wunden in der Brust. Seine Augen waren geweitet. Er konnte es offenbar nicht begreifen. Wieder hob er das Gewehr und richtete es auf mich. »Verrecke, du Miststück!«
Ich drückte auf den Abzug der Beretta. Die Glocken dröhnten, als ihn meine Kugel in den Hals traf. Er röchelte, dann rollten seine Augäpfel nach hinten.
Ich
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