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Die 2 Chance

Titel: Die 2 Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson Andrew Gross
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machte ich mich auf den Heimweg zu meiner Wohnung am Potrero Hill.
    Sie befand sich im ersten Stock eines renovierten blauen Hauses im viktorianischen Stil. Gemütlich und hell, mit einem Erker mit großen Fenstern, von dem aus man auf die Bucht schaute. Martha, meine anhängliche Border-Collie-Hündin, begrüßte mich an der Tür.
    »Hallo, Süße«, sagte ich. Sie wedelte freudig mit dem Schwanz und sprang an mir hoch.
    »Und wie war
dein
Tag?« Ich nahm ihren Kopf zwischen die Hände und barg mein Gesicht in ihrem weichen Fell.
    Dann ging ich ins Bad, zog meine Dienstkleidung aus, band das Haar hoch, streifte das viel zu große Sweatshirt der Giants über und zog die Schlafanzughosen aus Flanell an, in denen ich lebte, wenn das Wetter kühl wurde. Ich fütterte Martha, machte mir eine Tasse Orangen-Ingwer-Tee und setzte mich auf die Kissen im Erker.
    Martha legte den Kopf in meinen Schoß, ich trank einen Schluck Tee. Draußen blinkten in der Ferne die Lichter eines Flugzeugs im Anflug auf den Flughafen von San Francisco. Wieder dachte ich an das unglaubliche Bild von Jill als Mutter… ihre schlanke Figur mit dem sich wölbenden Bauch… die Party, die wir Mädels für sie ausrichten würden. Ich musste lachen und lächelte Martha an. »Jill wird Mama.«
    Ich hatte Jill noch nie so glücklich gesehen. Erst vor wenigen Monaten waren auch meine Gedanken darauf ausgerichtet gewesen, ein Kind zu bekommen. Das wäre mein Herzenswunsch gewesen. Wie Jill gesagt hatte:
Ich möchte dieses Gefühl auch haben
. Aber es hatte nicht sein sollen…
    In meiner Familie war offensichtlich Elternschaft nicht die natürliche Beschäftigung.
    Meine Mutter war vor elf Jahren gestorben, als ich vierundzwanzig war und gerade in die Polizeiakademie eintrat. Man hatte bei ihr Brustkrebs festgestellt, und die letzten beiden Jahre meines Studiums hatte ich bei ihrer Pflege geholfen. Ich war zwischen den Seminaren zum Emporium gerast, wo sie gearbeitet hatte, um sie abzuholen. Ich hatte Essen gekocht und auf meine jüngere Schwester Cat aufgepasst.
    Mein Vater, ein San-Francisco-Bulle, hatte sich verdrückt, als ich dreizehn war. Bis heute habe ich keine Ahnung, weshalb. Als ich größer wurde, hörte ich die Geschichten, wie er seinen Gehaltsscheck bei Buchmachern gelassen hatte, dass er meine Mutter durch ein Doppelleben hintergangen hatte, dass der Dreckskerl über ungemeinen Charme verfügte, dass er eines Tages sein Herz verloren hätte und danach nicht mehr die Uniform tragen konnte.
    Meine letzte Nachricht stammte von Cat, danach war er unten in Redondo Beach und hatte sich mit einem Sicherheitsdienst selbstständig gemacht. Alte Kollegen in der Stadtmitte fragten mich immer noch zuweilen, wie es Marty Boxer ginge, und erzählten wilde Geschichten über ihn. Vielleicht war es gut, dass sich einige lachend an ihn erinnerten. Marty, der mal drei Zuhälter mit denselben Handschellen gefesselt hatte… Marty Boxer, der anhielt, um eine Wette abzuschließen, während der mutmaßliche Täter im Streifenwagen saß. Meine Gedanken kreisten nur darum, dass der Mistkerl mich im Stich gelassen hatte, so dass ich allein meine sterbende Mutter pflegen musste. Er war nie wiedergekommen.
    Ich hatte meinen Vater seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen, seit dem Tag, an dem ich Polizistin wurde. Als ich an der Polizeiakademie graduierte, hatte ich ihn im Publikum entdeckt. Aber wir hatten kein Wort gewechselt. Ich vermisste ihn auch nicht mehr.
    Mein Gott, es war ewig her, dass ich diese alte Narben angeschaut hatte. Mom war seit elf Jahren tot. Inzwischen hatte ich geheiratet und war geschieden worden. Ich hatte es bis zur Mordkommission geschafft. Jetzt leitete ich das Dezernat. Irgendwo auf dem Weg war ich auch dem Mann meiner Träume begegnet…
    Ich hatte Recht gehabt, als ich Mercer erklärte, dass das alte Feuer wieder da sei.
    Aber ich belog mich selbst, wenn ich mir einredete, dass Chris Raleigh der Vergangenheit angehörte.
    Es waren immer die Augen, die ihn faszinierten
. Er saß nackt auf dem Bett in dem kahlen, zellenähnlichen Raum und starrte auf die alten Schwarzweißfotos, die er schon tausend Mal betrachtet hatte.
    Immer waren es die Augen… die verlöschenden Augen, die hoffnungslose Resignation.
    Wie sie
posierten
, obwohl sie wussten, dass ihre Leben enden würden. Sogar, wenn die Henkersschlinge bereits um ihren Hals lag.
    In dem lose gebundenen Album hatte er siebenundvierzig Fotos und Postkarten in chronologischer

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