Die 2 Chance
bevorsteht.« Ich grinste. »In den Schlaf wird es von Tonbandaufnahmen über kalifornische Gesetze gesungen werden.«
»Nie und nimmer.« Jill lachte empört. »Das werde ich nicht tun. Ich verspreche es feierlich. Ich werde eine richtig gute Mama sein.«
Ich stand auf und beugte mich über den Tisch zu ihr. »Es ist einfach großartig, Jill.« Einen Moment lang schauten wir uns nur an, unsere Augen waren feucht. Ich freute mich so verdammt für sie. Dann erinnerte ich mich an die Zeit, als ich aus Angst vor einer Blutkrankheit, die ich hatte, fast den Verstand verloren hatte. Damals hatte Jill ihre Arme entblößt und uns ihre schrecklichen Narben gezeigt. Sie hatte gestanden, dass sie sich auf der Highschool und der Universität ständig geschnitten hatte, da die Herausforderung, an die Spitze zu gelangen, ihr Leben so gnadenlos bestimmt hatte, dass sie den Frust nur an sich selbst auslassen konnte.
Wir umarmten einander und drückten uns fest.
»Hast du das längerfristig geplant?«, fragte Claire.
»Wir haben seit ein paar Monaten geübt«, antwortete Jill und setzte sich wieder. »Ich bin nicht sicher, ob es eine bewusste Entscheidung war, aber irgendwie schien es der richtige Zeitpunkt zu sein.« Sie blickte Claire an. »Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, als Lindsay mich zu euch in die Gruppe brachte, hast du über
deine
Kinder gesprochen… das hat in mir etwas geweckt. Ich erinnere mich, wie ich gedacht habe: ›Sie leitet die Gerichtsmedizin, sie ist eine der fähigsten Frauen, die ich kenne, hat eine Spitzenkarriere gemacht, aber sie redet nur über die Kinder.‹«
»Wenn man anfängt zu arbeiten, hat man ungeheuren Ehrgeiz und große Zielstrebigkeit. Als Frau hat man das Gefühl, man müsste sich unbedingt überall beweisen. Aber wenn man Kinder hat, ist es anders, natürlich. Dir wird klar, dass es nicht mehr allein um dich geht. Dir wird bewusst, dass du nicht länger etwas beweisen musst. Du hast es bereits getan.«
»Hey, von dem Gefühl will ich auch ein bisschen«, sagte Jill mit feuchten Augen.
»Ich habe euch das nie erzählt«, fuhr sie fort, »aber ich war schon einmal schwanger. Vor fünf Jahren.« Sie trank einen Schluck Wasser und schüttelte das dunkle Haar zurück. »Meine Karriere verlief im Schnellgang – ihr erinnert euch, da gab es die La-Frade-Anhörung –, und Steve hatte sich gerade erst selbstständig gemacht.«
»Damals war nicht die richtige Zeit, Schätzchen«, sagte Claire.
»Das war’s nicht«, erklärte Jill. »Ich wollte das Kind. Aber alles andere war so intensiv. Ich habe bis zehn Uhr abends im Büro geschuftet. Außerdem war Steve ständig unterwegs…« Sie machte eine Pause, ihre Augen verschleierten sich kurz. »Ich hatte leichte Blutungen. Der Arzt warnte, riet mir zurückzustecken. Ich versuchte es, aber alle machten wegen dieses Falls Druck, und ich war immer allein. Eines Tages spürte ich, wie mein Inneres explodierte. Ich habe es verloren… im vierten Monat.«
»O Gott!« Claire atmete durch. »Arme Jill.«
Jill holte Luft, bedrücktes Schweigen breitete sich aus.
»Und wie fühlst du dich jetzt?«, fragte ich.
»Ekstatisch…«, antwortete sie. »Körperlich kräftiger als je zuvor…« Sie schloss kurz die Augen, dann schaute sie uns wieder an. »Die Wahrheit ist: Ich bin ein komplettes Wrack.«
Ich griff nach ihrer Hand. »Was meint dein Arzt?«
»Er meint, wir würden alles ständig genau beobachten, und ich sollte die Sensationsfälle auf ein Minimum beschränken. Im Schongang laufen.«
»Hast du diesen Gang?«, fragte ich.
»Jetzt schon«, antwortete sie spitz.
»Wow!« Cindy lachte. »Jill hat plötzlich die Kunst des Blaumachens entdeckt.«
Ich sah, wie in Jills Augen ein wunderbare Verwandlung stattfand, etwas, das ich nie zuvor gesehen hatte. Jill war immer erfolgreich. Sie hatte ein wunderschönes Gesicht, das bisher von Zielstrebigkeit bestimmt war. Jetzt aber sah ich, dass sie endlich glücklich war.
In ihren schönen Augen standen Tränen. Diese Frau hatte ich vor Gericht gesehen, wie sie gegen einige der zähesten Hurensöhne der Stadt angetreten war. Ich hatte gesehen, wie sie mit unbeirrbarer Entschlossenheit Mörder gejagt hatte. Ich hatte sogar die Narben ihrer Selbstverstümmelung auf den Armen gesehen.
Aber bis zu diesem Moment hatte ich Jill noch nie weinen sehen.
»
Verdammt
…« Ich lächelte und griff nach der Rechnung. »Ich schätze, ich zahle.«
Ich umarmte Jill noch ein paar Mal aufgeregt, dann
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