Die 2 Chance
Schreibtisch.
Angesichts der Aktenberge sanken meine Hoffnungen. »Haben Sie irgendwelche Ideen, Stu?«
Er zuckte mitfühlend die Schultern. »San Francisco ist nicht gerade eine Brutstätte für derartige Gruppen. Das meiste, was ich Ihnen hergeschleppt habe, scheint ziemlich harmlos zu sein. Diese Burschen scheinen sich hauptsächlich damit zu beschäftigen, ein paar Biere zu kippen und herumzuballern.«
Ich bestellte einen Salat, da ich wohl die nächsten Stunden am Schreibtisch verbringen würde, mit Recherchen über Leute, die gegen Juden und Afroamerikaner Parolen gröhlten. Ich holte eine Hand voll Akten heraus und schlug aufs Geratewohl eine auf.
Eine Gruppe, einer Bürgerwehr ähnlich, die in Greenview, kurz vor der Grenze zu Oregon, ihr Unwesen trieb.
Die Patrioten Kaliforniens
. Zusammenfassende Informationen des FBI: Typ von Aktivität:
Miliz
, sechzehn bis zwanzig Mitglieder. Waffen: geringfügige Bedeutung, kleine bis semi-automatische Waffen, über dem Ladentisch. Ganz unten stand: Bedrohung: niedrig/moderat.
Ich überflog die Akte. Einige Druckerzeugnisse mit Logos von gekreuzten Gewehren, wirre Vorwürfe vom Untergang der »weißen europäischen Minorität«, was in den Medien vertuscht würde, und von Regierungsprogrammen, wonach künstliche Befruchtung von Minoritäten befürwortet würde.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Mörder sich diesem Schwachsinn verschrieben hatte. Nein, das war nicht seine Wellenlänge. Unser Mann ging systematisch und waghalsig vor, war jedoch kein verblendeter Rambo aus der Provinz. Er hatte sich größte Mühe gegeben, die Morde wie Hass-Verbrechen aussehen zu lassen. Und er hatte seine Signatur hinterlassen.
Wie die meisten Serientäter
wollte er, dass wir seine Handschrift erkannten.
Und er wollte, dass wir wussten, dass es weitere Morde geben würde.
Ich stöberte noch mehrere Akten durch. Nichts, was mir ins Auge fiel. Langsam hatte ich das Gefühl, dass es Zeitverschwendung war.
Plötzlich stürzte Lorraine in mein Büro. »Wir haben einen Durchbruch, Lieutenant. Wir haben den weißen Van gefunden.«
Ich schnallte meine Glock um und griff mir unterwegs Cappy und Jacobi, noch ehe Lorraine mir sämtliche Details berichtet hatte.
»Ein SWAT-Team soll sofort dorthin fahren!«, brüllte ich.
Zehn Minuten später hielten wir mit quietschenden Reifen vor einer provisorischen Straßensperre auf der San Jacinto, einer ruhigen Straße in einer reinen Wohngegend.
Ein Streifenwagen hatte auf einem Routineeinsatz einen Dodge Caravan entdeckt, der vor einem Haus im eleganten Forest Hill parkte. Die betreffenden Polizisten waren sicher, dass es der von uns gesuchte Wagen war, weil auf der Hecktür der Aufkleber mit dem zweiköpfigen Löwen war.
Vasquez, der jüngere Kollege, der den Van gemeldet hatte, deutete auf ein im Schatten von hohen Bäumen stehendes Fachwerkhaus, einen halben Block entfernt. Ja, der weiße Van parkte am Ende der Einfahrt. Das war doch verrückt! Dies hier war eine reiche Wohngegend, kein wahrscheinlicher Aufenthaltsort für Kriminelle und Mörder.
Aber der Van stand da.
Unser weißer Van.
Und Bernard Smiths Mufasa
.
Gleich darauf fuhr ein SWAT-Fahrzeug, als Reparaturwagen für Kabelfernsehen getarnt, auf die Straße. Das Team wurde von Lieutenant Skip Arbichaut geführt. Ich hatte keine Ahnung, ob die Situation sich zu einer Belagerung entwickeln würde oder ob wir stürmen müssten.
»Cappy, Jacobi und ich gehen als Erste rein«, erklärte ich.
Es war eine Operation der Mordkommission, und ich würde niemand anderen der Gefahr aussetzen. Arbichaut ließ seine Männer ausschwärmen, zwei nach hinten, drei vorne, und einer mit einem Vorschlaghammer, falls wir die Tür aufbrechen mussten.
Wir schnallten die kugelsicheren Westen um und zogen schwarze Nylonjacken über, die uns als Polizei identifizierten. Ich entsicherte meine Glock-9mm. Es blieb keine Zeit, um nervös zu werden.
Der SWAT-Einsatzwagen kam langsam die Straße herabgefahren, drei Scharfschützen in schwarzen Westen waren auf seiner anderen Seite.
Cappy, Jacobi und ich folgten dem Wagen, um ihm Deckung zu geben, bis er vor dem Briefkasten mit der Nummer 610 hielt. Vasquez hatte Recht.
Die Beschreibung passte haargenau auf den weißen Van.
Mein Herz raste. Ich war schon oft dabei, wenn wir uns gewaltsam Einlass verschaffen mussten, aber nie stand so viel auf dem Spiel. Vorsichtig schlichen wir uns zur Vorderseite des Hauses.
Drinnen brannte Licht, Geräusche
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