Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
Nannerls kraftvoller Handschrift an den Rand geschrieben standen. Für einen Moment hörte ihr Herz auf zu schlagen. »Grace hat das geschrieben«, sagte sie dann mit tränenerstickter Stimme. »Ich würde diese Handschrift überall wiedererkennen.«
Dan starrte auf die Schrift. »Unsere Großmutter hat die Seiten aus Nannerls Tagebuch herausgerissen?«
»Nicht unbedingt, aber sie müssen ihr zumindest irgendwann mal in die Hände gefallen sein. Sie hat die ganze Welt bereist. Sie ist mit dieser Suche auf zig unterschiedliche Weisen verbunden.« Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete sie die krakelige Handschrift neben dem Namen Marie Antoinettes und las laut vor:
Das Wort, das sie das Leben kostete, Abzüglich Musik
Dan seufzte verärgert. »Das ist typisch Grace, ehrlich. Klar wie Soße.«
Nellie war irritiert. »Was ist mit euch Cahills eigentlich los? Warum muss alles unbedingt immer ein Rätsel sein? Warum könnt ihr euch nicht einfach hinstellen und sagen, was ihr meint?«
»Weil es dann nicht 39 Zeichen wären«, bemerkte Dan, »sondern 39 Aussagen.«
Amy sah nachdenklich aus. »Ein berühmtes Zitat, mit dem Marie Antoinette in die Geschichte eingegangen ist, war Folgendes: Als jemand ihr sagte, dass die Bauern rebellierten, weil es kein Brot gab, antwortete sie: ›Wenn es kein Brot gibt, sollen sie eben Kuchen essen!‹«
Dan schnitt eine Grimasse. »Dafür kann man berühmt werden?«
Amy verdrehte ungeduldig die Augen. »Verstehst du nicht? Es gab natürlich auch keinen Kuchen! Es gab überhaupt keine Nahrung! Das Zitat wurde zum Symbol dafür, wie abgekapselt die Reichen von den Bedürfnissen der Armen waren. Diese Worte sollten später auch einer der Auslöser für die Französische Revolution werden. Und in der ist Marie Antoinette mit der Guillotine hingerichtet worden.«
»Aha - die Guillotine«, erwiderte Dan zufrieden. »Jetzt wird es interessant.«
Nellie zog eine Augenbraue hoch. »Du meinst also, dass das Wort, das sie das Leben kostete - Kuchen war?«
»Abzüglich der Musik«, fügte Amy hinzu. »Was könnte das wohl bedeuten?«
»Na ja«, überlegte Nellie, »Marie Antoinette hat Französisch gesprochen, also …«
»Moment mal!«, rief Amy. »Ich weiß es! Grace hat mir davon erzählt, als ich noch ein kleines Mädchen war!«
»Wie kommt es eigentlich, dass du immer irgendein bescheuertes Gespräch ausgraben kannst, das du mit Grace vor einer Million Jahren geführt hast?«, fragte Dan verletzt. »Sie ist erst seit ein paar Wochen tot und ich kann mich schon kaum noch an ihre Stimme erinnern.«
»Diese alten Sachen sind wichtig«, beharrte Amy. »Für uns war sie immer nur eine besonders lässige Großmutter. Aber in all den Jahren hat sie, denke ich, auch einen ganz bestimmten Plan verfolgt. Sie hat uns auf den Wettbewerb vorbereitet - und uns immer wieder Informationen gegeben, die wir einmal brauchen würden. Diese hier könnte eine von ihnen sein.«
»Und was genau ist ›diese hier‹?«, mischte sich Nellie ein.
»Als Marie Antoinette sagte: ›Sollen sie eben Kuchen essen‹, wird normalerweise mit dem französischen Wort brioche zitiert. Doch Grace hat mir eingeschärft, dass sie
eigentlich das herkömmlichere Wort für Kuchen verwendet hat - gateau .«
Dan legte die Stirn in Falten. »Ist Kuchen nicht gleich Kuchen?«
»Was wäre, wenn das alles überhaupt nichts mit Kuchen zu tun hätte«, überlegte Nellie. »Laut Nannerl schickte Marie Antoinette Geheimbotschaften zwischen Mozart und Franklin hin und her. Vielleicht ist es eine Art Code.«
» Gateau enthält also eine Botschaft, und brioche nicht - obwohl sie dasselbe bedeuten?«, fügte Dan zweifelnd hinzu.
Amy schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber ich bin mir sicher, dass es ein Teil des Rätsels ist.«
Dan schaute sich die Tagebuchseiten über Nellies Schulter hinweg genauer an. »Da ist noch eine Notiz - schaut mal!«
Die Bleistiftstriche waren noch etwas verblasster, aber es gab keinen Zweifel, dass es sich ebenfalls um Grace’ Handschrift handelte. Diesmal stand sie mitten auf der Seite.
Dans Blick verfinsterte sich. »Vielleicht hatte sie Schluckauf?«
»Moment - die Notiz befindet sich direkt über einem
Namen.« Amy sah mit zusammengekniffenen Augen auf die Seite. »Fidelio Racco.«
»Das ist doch der Typ auf dem Zettel von Onkel Alistair!«, warf Dan aufgeregt ein. »Mozart hat im Haus von diesem Typen gespielt!«
Nellie übersetzte aus dem Deutschen. »Hier
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