Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao
Museum!«
»Ach was?«
»Jemand könnte uns sehen!«
»Na, dann solltest du wohl besser Schmiere stehen«, knurrte Dan, während er das Taschenmesser weiter in die Fuge zwängte. Er konnte fühlen, wie sich die Fliese lockerte. Amys Schritte entfernten sich. Seine Schwester war so versessen auf Regeln, dass es kaum auszuhalten war.
Dan trieb das Messer weiter voran und rüttelte es ein wenig. Es gelang ihm gerade so, seine Finger hinter eine der Ecken zu zwängen. Er zog vorsichtig daran. Die Fliese fiel direkt in seine Hand. Dahinter befand sich ein kleiner Hohlraum. Dan fasste hinein und hoffte inständig, dass er auf einen Hinweis und nicht auf irgendein schreckliches, krabbelndes, ägyptisches Insekt stoßen würde.
Und tatsächlich … seine Finger ertasteten etwas Glattes und Rundes – Unbewegliches. Er zog ein schmales Lederröhrchen hervor.
»Was tust du denn da?!«
Die bellende Stimme brachte Dan fast dazu, das Röhrchen fallen zu lassen. Er versteckte es hinter seinem Rücken, während ein Ägypter in einem grauen Anzug vom unteren Ende der Treppe zu ihm hoch brüllte. Er war ziemlich pummelig, sodass er wahrscheinlich nicht allzu begeistert davon wäre, zu Dan hinaufsteigen zu müssen. Allerdings sah er wie irgendein Museumsangestellter aus. Und er hatte eines dieser Walkie-Talkies bei sich, mit dem er zweifellos innerhalb von Sekunden die Typen von der Sicherheit herbeipfeifen konnte.
Super Schmiere gestanden, Schwesterherz.
Er hörte Amys hastige Schritte auf der Treppe hinter sich. »Äh, w-w-w …«, hörte er sie stottern. Wie üblich setzte Amys Gehirnaktivität in der Gegenwart einer aufgebrachten Autoritätsperson aus.
Doch Dan war an Erwachsene mit Bluthochdruck gewöhnt. Das hatte mit seiner Kindergärtnerin Ms Woolsey begonnen und sich fortgesetzt mit Klassenlehrern, Kunstlehrern (die Graffiti lieben!), Direktoren und der Bostoner Feuerwehr. Dieser Kerl hier war also keine besondere Herausforderung.
Doch dann erinnerte sich Dan wieder daran, dass er sich in einem fremden Land befand. Mit Gefängnissen. Wurden in Ägypten Elfjährige ins Gefängnis geworfen?
Die Augen des Mannes verengten sich zu Schlitzen. »Was hast du da?«
»Äh, das ist von der Wand gefallen.« Mit einer Hand hielt Dan die Fliese hoch. Hinter seinem Rücken wackelte er mit dem Röhrchen.
»Diese Fliesen sind noch original! Sie sind zerbrechlich!«
»Darauf will ich hinaus«, sagte Dan und bemühte sich um einen vernünftigen Ton. Er war erleichtert, als er fühlte, wie Amy das Röhrchen an sich nahm. »Sie ist heruntergefallen.« Er hielt die Fliese hoch. »Möchten Sie sie wiederhaben?«
»Junger Mann, wage es ja nicht …«
Dan warf die Fliese in die Luft. Er nahm sich noch die Zeit, um zu beobachten, wie der Mann überraschend grazil und mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck vorwärtshechtete, um sie aufzufangen. Dann rannte er schnell hinter Amy her die Treppe hinauf.
»Hast du den Typen gesehen?«, japste er. »Er könnte auf der rechten Seite bei den Red Sox spielen!«
»Ich wünschte«, entgegnete Amy, »du würdest endlich damit aufhören, so viel Spaß beim Stehlen von Dingen zu haben!«
Sie hörten das Trampeln vieler Füße, als auch die übrigen Wachleute sich an der Jagd zu beteiligen begannen. Sie bogen scharf nach rechts ab und rasten einen engen Gang hinunter. Dan schlitterte in einen kleinen Raum. Er riss die hölzerne Fensterverzierung beiseite und sprang auf das Balkongeländer.
»Es ist nicht tief«, sagte er zu Amy. »Außerdem solltest du dich inzwischen daran gewöhnt haben.«
»Ich will mich daran aber gar nicht gewöhnen«, erwiderte Amy zähneknirschend und schwang ein Bein über das Geländer. »Ich möchte gut in Bibliotheksrecherche sein.« Sie schwang das andere Bein hinüber. »Im Eislaufen.« Sie ließ sich an der Kante hinab und hing nun mit geschlossenen Augen da. »Im Brownies backen …«
»Spring!«, schrie Dan und Amy ließ los. Er tat es ihr gleich.
Er fühlte, wie der Aufprall auf dem Pflaster des Innenhofes seine Fußgelenke erschütterte. Er hatte nicht erwartet, dass es so sehr wehtun würde. Amy kippte vornüber und rollte sich ab. Sie sah ihn besorgt an. Er nickte, um ihr zu signalisieren, dass er in Ordnung war.
Über ihren Köpfen rief jemand etwas auf Arabisch. Dan brauchte dazu keinen Übersetzer. Dieser Jemand war offensichtlich nicht sehr gut gelaunt.
»Was tut ihr denn hier auf dem Boden?«, fragte Nellie, die plötzlich aus einem der Räume
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