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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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dem Waggon, wo sich der Einjährigfreiwillige und Schwejk befanden, wiederum seltsame Gespräche mehr oder weniger hochverräterischen Inhalts geführt. In kleinerem Maßstabe, dennoch aber im allgemeinen, war dies auch in anderen Waggons der Fall, ja sogar im Stabswaggon |592| herrschte gewisse Unzufriedenheit, weil in Füzes-Abony vom Regiment her ein Armeebefehl eingetroffen war, in dem die Portion Wein für die Offiziere um ein Achtel Liter herabgesetzt wurde. Allerdings wurde dabei auch die Mannschaft nicht vergessen, der die Sago-Ration um ein Dekagramm pro Mann gekürzt wurde, was um so rätselhafter war, als niemand je beim Militär Sago gesehen hatte.
    Nichtsdestoweniger mußte dies Rechnungsfeldwebel Bautanzel gemeldet werden, der sich dadurch fürchterlich beleidigt und bestohlen fühlte, was er mit den Worten ausdrückte, Sago sei heutzutage eine Seltenheit, und er hätte fürs Kilo mindestens acht Kronen bekommen.
    In Füzes-Abony kam man darauf, daß einer Kompanie die Feldküche abhanden gekommen war, denn in dieser Station sollte endlich das Gulasch mit Kartoffeln gekocht werden, auf das der »Latrinengeneral« so großes Gewicht gelegt hatte. Nachforschungen ergaben, daß die unglückliche Feldküche überhaupt nicht aus Bruck mitgekommen war und wahrscheinlich noch immer verlassen und ausgekühlt irgendwo hinter Baracke 186 stand.
    Das Küchenpersonal, das zu dieser Feldküche gehörte, war nämlich vor der Abfahrt wegen übermütigen Benehmens in der Stadt auf der Hauptwache eingesperrt worden und hatte es so einzurichten verstanden, daß es noch immer im Arrest saß, als seine Marschkompanie bereits durch Ungarn fuhr.
    Die Kompanie ohne Küche wurde also einer anderen Feldküche zugeteilt, was allerdings nicht ohne Streit vor sich ging, weil es zwischen der von beiden Kompanien zum Kartoffelschälen zugeteilten Mannschaft zu einer großen Auseinandersetzung kam, da die einen den anderen gegenüber behaupteten, sie seien nicht solche Rindviecher, um sich für einen anderen zu schinden. Zum Schluß zeigte es sich, daß das Kochen des Gulaschs mit Kartoffeln eigentlich nur ein Manöver war. Die Soldaten sollten sich daran gewöhnen, bis man im Feld vor dem Feinde Gulasch kochen und plötzlich der Befehl kommen werde »alles zurück«, das Gulasch auszuschütten, ohne auch nur daran zu lecken.
    |593| Das war also gewissermaßen eine nicht gerade konsequent tragische, jedoch lehrreiche Vorbereitung. Als das Gulasch schon verteilt werden sollte, kam der Befehl »In die Waggons«, und schon fuhr man nach Miskolcz. Auch dort wurde das Gulasch nicht verteilt, denn auf der Strecke stand ein Zug mit russischen Waggons; die Mannschaft wurde deshalb nicht aus den Waggons herausgelassen, und man ließ ihrer Phantasie freien Spielraum. Die Leute glaubten, daß man das Gulasch an der Grenze Galiziens beim Verlassen des Zuges verteilen, für sauer und ungenießbar erklären und ausgießen werde.
    Dann transportierte man das Gulasch weiter nach Tisza-Lucz, Zambor, und als schon niemand mehr erwartete, daß man das Gulasch verteilen werde, hielt der Zug in Neustadt bei Satoraljaujhely, wo neuerdings unter dem Kessel Feuer gemacht, das Gulasch gewärmt und endlich verteilt wurde.
    Die Station war überfüllt, zuerst sollten zwei Munitionszüge abgehen und dann zwei Artillerietransporte und ein Zug mit einer Pontonabteilung. Überhaupt kann man sagen, daß hier Militärzüge aller möglichen Truppenkörper der Armee zusammentrafen.
    Hinter dem Bahnhof hatten Honvéd-Husaren zwei polnische Juden in der Parade, denen sie einen Rückenkorb mit Schnaps ausgeplündert hatten und die sie jetzt, statt zu bezahlen, gutgelaunt über den Mund schlugen; das war offenbar gestattet, denn in ihrer nächsten Nähe stand ihr Rittmeister und lächelte der ganzen Szene freundlich zu, während hinter dem Magazin einige andere Honvéd-Husaren den schwarzäugigen Töchterchen der geprügelten Juden unter die Röcke griffen.
    Auch ein Zug mit einer Flugzeugabteilung stand hier. Auf einem anderen Geleise standen ebenfalls Aeroplane und Kanonen auf Waggons, allein in zerbrochenem Zustand. Es waren abgeschossene Flugmaschinen und zerstörte Haubitzen. Während so alles Frische und Neue hinauffuhr, fuhren diese Überbleibsel des Ruhmes ins Hinterland zur Řeparatur und Rekonstruktion.
    Leutnant Dub erklärte allerdings den Soldaten, die sich rings um die zerbrochenen Kanonen und Aeroplane versammelt |594| hatten, daß dies Kriegsbeute sei;

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