Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
sprechen. Er war Ihnen, Herr Oberlajtnant, ein fertiger Engel auf die Soldaten. Er war Ihnen so brav wie der heilige Martin, was Martinsgänse an die Armen und Hungrigen verteilt hat. Er hat sein Mittagmahl aus der Offiziersmenage mit dem nächsten Soldaten geteilt, was er am Hof getroffen hat, und wie wir uns alle an Knödeln überfressen ham, so hat er uns in der Menage Grenadiermarsch mit Schweinefleisch machen lassen, und bei den Manövern, da hat er sich erst recht ausgezeichnet mit seiner Güte. Wie wir nach Unterkralowitz gekommen sind, so hat er Befehl gegeben, das ganze dortige Bräuhaus auf seine Kosten auszutrinken, und wenn er Namenstag oder Geburtstag gehabt hat, so hat er fürs ganze Regiment Hasen auf Schmetten mit Semmelknödln kochen lassen. Er war so brav auf die Mannschaft, daß er Ihnen einmal, Herr Oberlajtnant …«
Oberleutnant Lukasch schlug Schwejk sanft übers Ohr und sagte in freundschaftlichem Ton: »Also geh schon, Bestie, laß ihn schon.«
»Zu Befehl, Herr Oberlajtnant!« Schwejk ging zu seinem Waggon, während sich vor dem Bataillonstrain, dort wo in einem Waggon die Telefongeräte und Drähte eingesperrt waren, folgende Szene abspielte. Es stand dort ein Posten, denn auf Befehl Hauptmann Sagners mußte alles feldmäßig gehen. Die Posten wurden also nach Wichtigkeit der Waggons auf beiden Seiten aufgestellt und erhielten »Feldruf« und »Losung« aus der Bataillonskanzlei.
An jenem Tage lautete der Feldruf »Kappe« und die Losung »Hatvan«. Der Posten, der bei den Telefonapparaten stand, war ein Pole aus Kolomea, der durch irgendeinen merkwürdigen Zufall zum 91. Regiment gekommen war.
|599| Er hatte keinen Dunst, was eine »Kappe« ist, aber weil er irgendeine Ahnung von Mnemotechnik hatte, merkte er sich dennoch, daß das Wort mit »K« begann; deshalb antwortete er stolz, als Leutnant Dub, der Bataillonsinspektion hatte, ihn beim Herankommen nach dem Feldruf des Tages fragte: »Kaf fee .« Das war freilich sehr natürlich, denn der Pole aus Kolomea dachte noch immer an den Morgen- und Abendkaffee im Lager von Bruck.
Und als der Pole nochmals »Kaffee« brüllte und Leutnant Dub immer näher an ihn herankam, rief der Pole, eingedenk seines Eides und dessen, daß er Wache stand, drohend aus: »Halt!« Als Leutnant Dub dann noch zwei Schritte näher kam und unablässig den Feldruf von ihm wissen wollte, zielte er mit dem Gewehr auf ihn, wobei er sich, der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig, eines sonderbaren Durcheinanders von Polnisch und Deutsch bediente. Er schrie: »Bende schaisn, bende schaisn.«
Leutnant Dub begriff und wich langsam zurück, wobei er rief: »Wachkommandant, Wachkommandant!«
Zugführer Jelinek, der den Polen auf den Wachposten geführt hatte, erschien und fragte ihn selbst nach dem Feldruf; dann fragte ihn Leutnant Dub, auf dessen Fragen der verzweifelte Pole aus Kolomea mit dem Geschrei »Kaffee, Kaffee« antwortete, daß der ganze Bahnhof erdröhnte. Aus allen Waggons, die dort standen, begannen Soldaten mit ihren Eßschalen herauszuspringen; es entstand eine fürchterliche Panik, die damit endete, daß man den entwaffneten, ehrenwerten Soldaten in den Arrestantenwaggon abführte.
Aber Leutnant Dub hegte einen bestimmten Verdacht gegen Schwejk, den er als ersten mit der Eßschale aus dem Waggon klettern gesehen hatte: Er hätte den Hals darauf gesetzt, daß er Schwejk rufen gehört hatte: »Mit den Eßschalen heraus, mit den Eßschalen heraus.«
Nach Mitternacht fuhr der Zug nach Ladovec und Trebisov ab, wo er am Morgen auf der Station von einem Veteranenverein willkommen geheißen wurde. Der Verein verwechselte dieses Marschbataillon nämlich mit dem Marschbataillon des |600| 14. ungarischen Honvédregiments, das schon in der Nacht die Station passiert hatte. Sicher war, daß die Veteranen besoffen waren und mit ihrem Gebrüll: »Isten almed a kiraly« 2 den ganzen Transport weckten. Einige Selbstbewußtere neigten sich aus dem Waggon und antworteten ihnen: »Leckst uns im Arsch, éljen!«
Worauf die Veteranen so laut »Éljen! Éljen a tizennegyedig regiment!« 3 brüllten, daß die Fenster des Bahnhofsgebäudes erzitterten.
Fünf Minuten später ging der Zug weiter nach Humenna. Hier waren bereits deutlich Spuren des Kampfes bemerkbar, der stattgefunden hatte, als die Russen ins Tal der Theiß vorgerückt waren. Auf den Hängen sah man primitive Schützengräben, hie und da ein abgebranntes Gehöft, vor dem ein eilig errichtetes Haus
Weitere Kostenlose Bücher