Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Provisor, daß die Firma Polak in der Langengasse, ein Geschäft mit Öl und Lack, das verlangte Öl entschieden auf Lager haben werde.
Die Firma Polak in der Langengasse war tatsächlich eine agile Firma. Sie ließ keinen Käufer aus, ohne seine Wünsche zu befriedigen. Verlangte er Kopaivabalsam, goß man ihm Terpentin ein, und gut wars.
Als Schwejk kam und für zehn Kronen vom Bischof geweihtes Öl verlangte, sagte der Chef zum Gehilfen: »Gießen Sie ihm zehn Deka Hanföl Nummer 3 ein, Herr Tauchen.«
Und der Gehilfe sagte, während er Schwejk das Fläschchen in Papier wickelte, ganz geschäftsmäßig: »Es ist die beste Qualität, falls Sie noch einen Pinsel, Lack oder Firnis wünschen, wenden Sie sich gefälligst an uns. Wir werden Sie solid bedienen.«
|154| Inzwischen prägte sich der Feldkurat aus dem Katechismus ein, was einst im Seminar nicht in seinem Gedächtnis haftengeblieben war. Sehr gut gefielen ihm einige ungewöhnlich geistreiche Sätze, über die er aufrichtig lachen mußte: »Der Name ›Letzte Ölung‹ kommt daher, daß diese Ölung gewöhnlich die letzte unter allen heiligen Salbungen ist, welche dem Menschen von der Kirche erteilt werden.«
Oder: »Die Letzte Ölung kann jeder katholische Christ empfangen, welcher zum Gebrauche der Vernunft gekommen und gefährlich erkrankt ist.«
»Der Kranke soll die Letzte Ölung womöglich empfangen, solange er noch bei voller Besinnung ist.«
Dann kam die Ordonnanz und brachte einen Brief, in welchem dem Feldkuraten angezeigt wurde, daß morgen bei der heiligen Handlung im Krankenhaus »Die Vereinigung adeliger Damen zur Pflege der religiösen Erziehung der Soldaten« anwesend sein werde.
Diese »Vereinigung« bestand aus hysterischen alten Weibern und verteilte unter die Soldaten in den Spitälern Heiligenbilder und Geschichten von einem katholischen Krieger, der für Seine Majestät den Kaiser stirbt. Diese Geschichten waren mit farbigen Bildchen geschmückt, die das Schlachtfeld veranschaulichten. Überall wälzten sich Menschen- und Pferdeleichen, umgeworfene Munitionswagen und Kanonen mit steil aufgerichteten Lafetten. Am Horizont brannte ein Dorf, explodierten Schrapnells, und im Vordergrund lag ein sterbender Soldat mit abgerissenem Bein. Ein Engel beugte sich über ihn und reichte ihm einen Kranz mit folgender Inschrift auf der Schleife: »Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein.« Und der Sterbende lächelte selig, als bringe man ihm Gefrorenes.
Als Otto Katz den Inhalt des Briefes gelesen hatte, spuckte er aus und dachte: Das wird morgen wieder ein Tag sein!
Er kannte dieses Gesindel, wie er es nannte, aus der Ignatiuskirche, wo er vor Jahren Militärpredigten gehalten hatte. Damals wandte er an die Predigt noch viel Mühe, und die »Ver einigung « pflegte hinter dem Obersten zu sitzen. Zwei aufgeschossene |155| Weibsbilder in schwarzen Kleidern mit Rosenkränzen hatten sich ihm einmal nach der Predigt angeschlossen und zwei Stunden lang über die religiöse Erziehung der Soldaten gesprochen, so lange, bis er ihnen endlich wutentbrannt gesagt hatte: »Verzeihen Sie, meine Damen, auf mich wartet der Herr Hauptmann mit einer Partie Färbl.«
»Also wir ham schon Öl«, sagte Schwejk feierlich, als er von der Firma Polak zurückkehrte, »Hanföl Nummer 3, beste Qualität, wir können damit ein ganzes Bataillon einschmieren. Es is eine solide Firma. Sie verkauft auch Firnis, Lack und Pinsel. Noch ein Glöckchen brauchen wir.«
»Wozu ein Glöckchen, Schwejk?«
»Wir müssen am Weg läuten, damit die Leute vor uns den Hut abziehn, wenn wir Gott den Herrn und dieses Hanföl Nummer 3 tragen, Herr Feldkurat. Das macht man so, und es sind schon viele Leute, die das nichts angegangen is, eingesperrt worn, weil sie nicht den Hut gezogen ham. In Zižkov hat einmal der Pfarrer einen Blinden verprügelt, weil er bei so einer Gelegenheit nicht den Hut gezogen hat, und der is noch eingesperrt worn, weil man ihm bei Gericht nachgewiesen hat, daß er nicht taubstumm is und nur blind und daß er das Klingeln von dem Glöckchen gehört hat und Ärgernis erregt hat, obzwar es in der Nacht war. Das is wie am Fronleichnam. Sonst möchten sich die Leute gar nicht auf uns umschaun, und so wern sie vor uns den Hut ziehn. Wenn Sie also nichts dagegen ham, Herr Feldkurat, bring ichs gleich.«
Nachdem er die Zustimmung erhalten hatte, brachte Schwejk nach einer halben Stunde ein Glöckchen. »Es ist vom Tor der Kneipe ›Zum Kreuzl‹«, sagte er,
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