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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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nicht Krieg wäre, möcht ich nicht auf Bezahlung drängen. Aber ich habe traurige Erfahrungen gemacht.«
    Er zog ein Notizbuch aus der Tasche und fuhr fort: »Ich habe alles eingetragen. Oberleutnant Janata war mir siebenhundert Kronen schuldig und hat sich unterstanden, an der Drina zu fallen. Leutnant Praschek ist an der russischen Front in Gefangenschaft geraten und ist mir zweitausend Kronen schuldig. Hauptmann Wichterle, der mir den gleichen Betrag schuldet, hat sich hinter Rawaruska von den eigenen Soldaten umbringen lassen. Oberleutnant Maschek, der in Serbien gefangen ist, schuldet mir tausendfünfhundert Kronen. Es gibt mehr solcher Leute hier. Einer fällt in den Karpaten mit einem unbezahlten Wechsel von mir, einer gerät in Gefangenschaft, einer ertrinkt mir in Serbien, einer stirbt in Ungarn im Spital. Jetzt begreifen Sie meine Befürchtungen, daß dieser Krieg mich ruinieren wird, wenn ich nicht energisch und unerbittlich sein werde. Sie können einwenden, daß bei Ihnen keine direkte Gefahr droht. Schaun Sie.«
    Er steckte dem Feldkuraten sein Notizbuch unter die Nase: »Da sehn Sie: Feldkurat Mathias in Brunn, vor einer Woche in der Isolierabteilung im Krankenhaus gestorben. Ich möcht mir die Haare ausraufen. Tausendachthundert Kronen hat er mir nicht bezahlt und geht in die Cholerabaracke einen Menschen versehen, der ihn nichts angegangen ist.«
    »Das war seine Pflicht, lieber Herr«, sagte der Feldkurat, »ich geh auch morgen versehen.«
    |161| »Und auch in die Cholerabaracke«, bemerkte Schwejk, »Sie können mitgehn, damit Sie sehn, was es heißt, sich zu opfern.«
    »Herr Feldkurat«, sagte der standhafte Mann, »glauben Sie mir, ich bin in einer verzweifelten Situation. Führt man deshalb Krieg, damit er alle meine Schuldner aus der Welt schafft?«
    »Bis man Sie assentieren wird und Sie ins Feld gehen wern«, bemerkte Schwejk abermals, »so wern wir mitm Herrn Feldkurat eine heilige Messe lesen, damit der himmlische Gott gibt, daß die erste Granate Sie zu zerreißen geruht.«
    »Herr, das ist eine ernste Sache«, sagte der Standhafte zum Feldkuraten, »ich verlange von Ihnen, daß Ihr Diener sich nicht in unsere Angelegenheit einmischt, damit wir zu Ende kommen können.«
    »Erlauben Sie, Herr Feldkurat«, ließ sich Schwejk vernehmen, »befehlen Sie mir gefälligst wirklich, ich soll mich nicht in Ihre Angelegenheiten mischen, sonst wer ich weiter Ihre Interessen verteidigen, wie sichs für einen ordentlichen und anständigen Soldaten schickt. Der Herr hat vollkommen recht, er will allein von hier weggehn. Ich hab auch nicht gern Auftritte, ich bin ein Gesellschaftsmensch.«
    »Schwejk, mich fängt es schon zu langweilen an«, sagte der Feldkurat, als bemerke er nicht die Anwesenheit des Gastes, »ich hab geglaubt, daß der Mensch uns unterhalten und uns Anekdoten erzählen will, und er verlangt, ich soll Ihnen befehlen, Sie solln sich nicht hineinmischen, obzwar Sie schon zweimal mit ihm zu tun hatten. An einem Abend, wo ich vor so einer wichtigen religiösen Handlung stehe, wo ich alle meine Sinne zu Gott wenden soll, belästigt er mich mit einer dummen Geschichte wegen lausigen tausendzweihundert Kronen, lenkt mich ab von der Prüfung meines Gewissens, von Gott, und will, ich soll ihm noch einmal sagen, daß ich ihm jetzt nichts gebe. Ich will nicht länger mit ihm sprechen, um mir diesen heiligen Abend nicht zu verderben. Sagen Sie ihm selbst, Schwejk: ›Der Herr Feldkurat gibt Ihnen nichts!‹«
    Schwejk erfüllte den Befehl und brüllte dem Gast ins Ohr.
    Der standhafte Gast blieb jedoch weiterhin sitzen.
    |162| »Schwejk«, forderte diesen der Feldkurat auf, »fragen Sie ihn, wie lange er glaubt, daß er hier noch herumgaffen wird!«
    »Ich rühr mich nicht von hier, solang ich nicht bezahlt bekomme!« sagte hartnäckig der Standhafte.
    Der Feldkurat stand auf, ging zum Fenster und sagte: »In diesem Fall übergebe ich ihn Ihnen, Schwejk. Machen Sie mit ihm, was Sie wolln.«
    »Kommen Sie, Herr«, sagte Schwejk, den unliebsamen Gast an der Schulter packend, »aller guten Dinge sind drei.«
    Und er wiederholte seine Funktion rasch und elegant, während der Feldkurat einen Trauermarsch auf das Fenster trommelte.
    Dieser der Meditation gewidmete Abend durcheilte mehrere Phasen. Der Feldkurat näherte sich Gott so andächtig und inbrünstig, daß noch um Mitternacht aus seiner Wohnung der Gesang drang:
    Wie wir abgezogen sind,
    weinten sich die Mädel blind …
    Mit ihm sang auch der

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