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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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erwarten. Er sonnte sich ein Weilchen und hatte dabei den Geruch von weißen Federn in der Nase; ein bißchen nämlich, sogar ein bißchen sehr, vermißte er die Comtesse.
    Das Floß erschien.

    Es kam dem Wolf wenig vertrauenerweckend vor: zu faserig, wie aus Binsen oder Stroh gemacht, auch unförmig, mit zuwenig Tiefgang, aber dafür gelblich golden, eine Theaterbarke mehr als etwas Wirkliches.
    In der Mitte, damit er sich draufsetzte, fand sich ein Sessel aus schillernd rötlichen Haaren, die wimmelten, daß Dmitri dachte: Das muß kitzeln. Beeindruckt war er allerdings davon, wie leicht, und mit Mitteln, die man nicht sehen konnte, der Nachen der durchaus heftigen Strömung widerstand und ganz ruhig zu dem Stein gefahren kam, kaum daran stieß und den vorgesehenen Passagier mit Wohlgerüchen lockte: Zimt, Pudermehl, Gummiarabikum.
    Das obskure Floß schien sogar Zugang zu Dmitris Erinnerungen zu haben, denn er meinte, etwas vom Duft Clea Doras an den Gerten festzustellen, aus denen man es zusammengebunden hatte. Er hob die linke Vorderpfote, setzte auf, übte Druck aus: Es wankte immer noch nicht. Die rechte Pfote: Es hielt.
    So war er schließlich überredet, nicht zuletzt auch aus Heimweh und weil er diesen im Grunde bereits an Katahomenleandraleal gefallenen Kontinent nun wirklich nicht länger bewohnen wollte als unbedingt nötig.

    Der Sitz war bequemer, als es den Anschein gehabt hatte. Kein Kitzeln, mehr ein wärmendes Vibrieren.
    Dmitri lehnte sich zurück. Der Fahrt fing an. In dem aufgewühlten Wasser brach sich die Gischt mit unebenen Mustern, fallende Regenbogen wurden von dunklem Kielwasser hinter ihm fortgetragen. Zwischen den hohen Gräsern am andern Ufer, erkannte Dmitri blinzelnd und sich wundernd, stand ein alter Orang-Utan mit einem weißen Schild in der Hand. Er winkte dem Wolf langsam, er mußte ihn schon länger beobachtet haben. Auf dem Schild stand ein Symbol, von dem der Wolf leicht erkannte, was es bedeutete: Beeil dich. Ja, dachte der Kurier des Löwen: Sie kommen bald und nehmen uns weg, was wir haben.
    Da war nun gar nichts zu machen, und was hieß Beeilung? So lang die Überfahrt dauern würde, so lang dauerte sie eben. Dmitri schloß die Augen und sank in ein vergleichsweise unschuldiges Nickerchen.

    Auf den Wellchen, in dem Weichen und recht Vagen, dachte Dmitri Stepanowitsch, er mochte vielleicht gar nicht derjenige sein, der das Zeitalter der Gente noch einmal zusammenhält und seine Zerstörung, Durchseuchung, Zersetzung verhindert, indem er mit langen Reisen ein Netz spinnt, durch das die Feindinnen nicht dringen können. Was, wenn diese Reisen vielmehr nur eine Inventur möglich gemacht hatten, einen abschließenden langen Blick aufs Löwenäon, das wider alles Erwarten kein neues Millennium geworden war, sondern nur ein Intermezzo, in dem sich die Tier- und Pflanzensphäre von den menschenverursachten Verwüstungen ein bißchen hatte erholen dürfen?
    Wolf ohne Rudel, letzter Valediktor des Zwischenspiels, vielleicht vorgesehener Verfasser einer Grabrede, weil er davon wußte, was am Werk seines Königs gerecht gewesen war und was nicht.

    Da blies ihn das lauteste Nebelhorn, das er je gehört hatte, aus den Nebeln seiner Ahnungen und Planungen. Er hatte eine Menge Häfen besucht, so laut war's nirgends zugegangen; und ein Fahrzeug wie das, welches er jetzt zu sehen bekam, hatte er nie gesehen.
    Dieses Eisschiff war weiträumiger als das Reich der Schwanenfrau; die ganze Lewis-Thomas-Anlage in Princeton hätte aufs Zwischendeck gepaßt. Stockwerke, schräge Plattformen, aufeinander aufgesetzt, als könnten sie jederzeit wieder wegrutschen, ausgefrorene Zinnen und Treppen, Vorsprünge und Balkone: eine verfestigte Wolkenburg.
    Obwohl der Wolf, der daran emporsah und die Kapitänin erblickte, wie sie in ihrer dicken Eisbärenklaue die Kapitänsmütze schwenkte, um ihn zu begrüßen, sicher wußte, daß dieses Fahrzeug aus verläßlich solidem, auf dieser Welt von nichts zu schmelzendem Substrat gefügt war, kam ihm die zwischen küstennaher Strömung und offenem Ozean verharrende Erscheinung gespenstisch vor, miragehaft, wie aus verfestigten Traumschleiern und -schlieren zurechtgeklobt.

    »Sebassus?« brüllte die Kommandantin. »Ich bin Rolfa Patel!«
    »Und wer sind die andern?« schrie Dmitri zurück. Er sah schwarze Punkte, mal größer, mal kleiner, die an der ausladenden Architektur des Schiffs herumwuselten, aus Bullaugen guckten, jedes Geländer emporkraxelten oder

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