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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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allgegenwärtigen grauen Staub herausragten. Er riß etwas ab und kaute, dann spürte er, wie der Schatten des Walhais über ihn hinwegglitt, Richtung Osten.

    »Bist du zurück, ja?«
    Der fliegende Riese pfiff.
    »Du nimmst's ja leicht«, bellte der Wolf.
    Der Walhai gab ihm recht: »Sicher. Du nicht? Nein, natürlich nicht. Du nimmst es so schwer du nur kannst, Grauröckchen.«
    »Sie wissen alles über uns. Mehr, als wir selber wissen. Und über sie wissen wir gar nichts.«
    »Nicht so voreilig, Zivilist. Ich hab von deiner Spinne noch ein paar hochwertige kleine Codefetzchen empfangen. Sie konnte immerhin einen sensiblen Ordner knacken, für interne Memoranda. Du hast sie gut geschrieben, ihre Software: Der Krabbler hat den Ordnerinhalt steganographisch auf den Film gesattelt, den sie uns über Iemelians Vater geschickt haben. Soll ich dir's überspielen, oder bist du zu düster drauf, um die gute Nachricht von der verzweifelten Stimmung zu empfangen, die den ganzen Feldzug treibt? Sie sind in Aufruhr. Sie müssen die bewohnte Erde rasch erobern, sonst bricht diese ganze Flut von Ungeheuern aus ... inneren Gründen zusammen.«
    »Mach nur«, sagte Dmitri.
    Kaum war das ausgesprochen, hörte und sah er Katahomenleandraleal seine Berserkerhaufen mit Erwägungen über die Zukunft anpeitschen, in visueller Form ihren Denkapparaten eingespeist: politische und informationstopographische Lagebeziehungen zwischen den älteren und den neueren Landmassen, Erwartungsgraphen über die Gegebenheiten in schmalen Zonen um die drei Städte, Kosten-Nutzen-Rechnungen über den Energieverbrauch des Feldzugs und über die Notwendigkeit, Ressourcen zu plündern. Ein Aufriß von Kapseits wurde als Insert geliefert, dann folgten lange Kolonnen populationsdynamischer Kennziffern der verschiedensten Gentequasitaxa.

    Schmerzliches Zwitschern störte den Wolf bei der Betrachtung der Daten.
    Es war ein Lied, eine Klage: »Nun nähert sich ein Wandelstern. Und nun ...«
    Mitten in der Einöde, oben auf einem von zuviel Zeit zerfressenen Drahtgeflecht, das in verwachsenen Bäumen hing, saß ein Rubinkehlchen, das den Keramikanern entkommen war. Es sprach von den Verwandten, die es nicht mehr gab. Der Wal schickte dem Wolf kurze Warnpulse: »Weg da, komm, laß das sein. Was willst du, du hast einen Auftrag. Ich führ dich zur Landestelle, der Vogel braucht dich nicht zum Jammern.«
    »Ich will das aber hören«, der Wolf wurde unwirsch: Für dich, Georgescu, sind das alles Zivilistenschicksale ohne Bedeutung; ich sehe das anders.
    Er wandte sich dem kleinen Vogel zu, aber der reagierte auf keinen Zuruf, keine Pherinfone, nicht einmal auf ein gespieltes Zuschnappen Dmitris.
    Der Vogel war der Welt abhanden gekommen, er lebte nur noch für sein leises Lied: »Lutarius, und vom Schlamm sind wir alle, aber jetzt bringt man uns etwas Besseres, Grausames bei. Jetzt nähert sich ein Wandelstern. Ich erleide den Stoß eines schrecklichen Windes. Ich klage mit der Stimme des Neugeborenen übers Geheimnis meines ersten Atemzugs, und will woandershin gebracht sein. Wir befahren Reiche, die wir kaum erkennen, vom Anschwellen der Zeit getragen. Wir pflügen magnetische Felder. Die Vergangenheit und die Zukunft treffen aufeinander, in Donnerwolken, und unsere toten Herzen leben mit Blitzen in den Wunden der Götter.«
13. So oder anders
    Den Rest des gemeinsamen Weges legten Dmitri und Georgescu zurück, ohne sich miteinander zu unterhalten.
    Sie kamen schließlich erneut an einen Fluß; dieser war schildkrötengrün.
    Urig und struppig fiel ein Abhang auf beiden Seiten des Stroms steil ab, mit safrangelben und scharlachroten Pilzen und bläulichen Kapseln, groß wie Menschen. Dem Wolf gefiel es hier, er grub die Schnauze ins Erdreich, wälzte sich ein bißchen, sprang durch Gras, das so hoch war wie er. Der Walhai nahm Abschied: »Bleib nur hier in der Gegend, Dmitri, es wird dich bald ein Floß aufnehmen und bis zur Mündung bringen.«
    »Was für ein Floß?«
    »Du wirst schon sehen. Es bringt dich aufs offene Meer, zum großen Eisschiff unter Käpt'n Patel, das dich zum Löwen zurückträgt. Dem kannst du dann erzählen, wie du dich vor ihm geekelt hast, als dich die Keramikaner aufgeklärt haben, über seine Vergangenheit.«
    »Wollen wir so auseinandergehen?«
    »Wir sehen uns wieder, so oder anders«, sagte der Walhai und erhob sich ins Blaue.
14. Übersetzen
    Dmitri Stepanowitsch Sebassus ließ sich auf einem Stein nieder. Da wollte er die Fähre

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