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Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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von Schiffen wohl übertrieben. Rosländers Mörder war nie gefasst worden. Falls gedungene Täter am Werk gewesen sein sollten, musste es einen Auftraggeber gegeben haben, auch von dem fand sich keine Spur. Natürlich konnte es sich nicht um einen Mörder aus Lübeck handeln. Das war undenkbar, es widersprach allem, wofür Lübeck und Lübecker Geist seit alters her standen.
    Rosländers Vater war zur See gefahren und war, als er abgemustert hatte, am Hafen in ein Geschäft eingestiegen, in dem er Ausrüstung und Kleidung für Seeleute verkaufte. Bald war ein Geldverleih dazugekommen, Gastwirte, Huren und liederliches Volk vom Hafen fanden sich im Laden ein und wurden in den hinteren Raum gebeten. Als Rosländers Vater starb – sein Körper schwamm eines Morgens in der Trave – ging ein Batzen Geld an den einzigen Sohn. Rosländer, stark wie ein Stier und versiert in allen Handwerken, die für den Bau von Schiffen nötig waren, hatte nicht gezögert und eine kleine Klitsche aufgekauft, in der zwei Männer, Vater und Sohn, Boote seetüchtig zimmerten. Im Verlauf eines Jahrzehnts hatte Rosländer aus dem Unternehmen die größte Lübecker Werft aufgebaut, die Reederei kam wie von selbst dazu. An Ideen und Aufträgen mangelte es nicht, nur das Bargeld war immer knapp. Mit der Heirat änderte sich das schlagartig. Anna Weirich aus Stralsund, die Rosländer von einer seiner Reisen mitgebracht hatte, war verwandt mit vielen Kaufleuten, die nur nach einer Gelegenheit suchten, ihr Geld an Banken vorbei anzulegen, sodass es für sie arbeitete und sich tüchtig vermehrte.
    Die Firma Rosländer war besser als die beste Bank. Später war Geld aus dem Englischen dazugekommen, Annas Verwandtschaft besaß Nebenzweige, die bis ins Ausland reichten. Es war auch dringend nötig, dass laufend frisches Geld ins Unternehmen floss, denn in Rosländers Händen blieb keine Münze lange liegen.
    Der Mann besaß ein sagenhaftes Talent, Geld auszugeben – für gewagte geschäftliche Transaktionen, aber auch für persönliche Vorlieben, an die er sich vier Wochen später nicht mehr erinnern konnte. Anna, anfangs entsetzt, lernte mit den Launen ihres Mannes zu leben. Der Mann würde sich nicht ändern. Alles, was sie tun konnte, war, den Rahmen zu schaffen, in dessen Grenzen er sich austoben konnte. Was er leidenschaftlich tat. Die Feste bei Rosländer waren Stadtgespräch. Über die Mengen, die dort gegessen und getrunken wurden, kursierten Gerüchte, die unmöglich wahr sein konnten. Neureich und ohne Geschmack, wie Rosländer war, floss ein steter Strom von Möbeln und Kunstwerken durch sein Haus. Einiges ging kaputt, weil prügelnde Männer in den gläsernen Bücherschrank stürzten. Anderes wurde zerstört, weil Seestücke und Bernstein-Kunst im Verlauf von Karten-Abenden und Wetten verloren gingen. Manches wurde verschenkt, anderes wohl gestohlen. Wertvolle Kugeln aus Jaspis, Achat und anderen Halbedelsteinen wurden von Rosländer unter Zeugen in die Ostsee geschleudert.
    Zweimal brannte ein Zimmer komplett aus, beim dritten Mal der Dachstuhl. Rosländers bauten neu, fünf Architekten gaben auf, einem wurde von einem Balken der Unterarm zerquetscht, einem anderen von Rosländer persönlich. Nach drei Jahren war der Bau in der Hartengrube vollendet – um ein halbes Jahr später verkauft zu werden, weil das Haus Rosländer angeblich Pech im Kartenspiel brachte.
    Rosländers lebten in Saus und Braus, mit den Jahren näherte sich Annas Lebensstil immer mehr dem ihres wilden Mannes an. Ihre Züge durch die Gasthäuser der Stadt suchten ihresgleichen. In Gesellschaft von Schauspielerinnen, Glücksrittern, wilden Handwerkern und Ortsfremden, die pausenlos durch andere Ortsfremde abgelöst wurden, wurden im Verlauf einer Nacht Zechen gemacht, die den Wirten ein Leuchten in die Augen trieben. Manche Feier erstreckte sich über mehrere Tage. Viel Mobiliar ging dabei zu Bruch, aber ernsthaften Streit gab es selten. Wie überhaupt die Rosländers ein Gürtel guter Laune und ausgelassener Stimmung umgab. Für Lübecker Verhältnisse waren sie Verrückte. Von den Kanzeln riefen Pastoren zur Umkehr auf. Doch die Landstreicher tanzten auf den Straßen, von niemandem erhielten sie größere Almosen, gerührte Waisenkinder wischten ihre Rotznasen in den Samtkleidern Anna Rosländers ab, wenn es ihr wieder einmal gelungen war, sie aufs Land an menschenfreundliche Bauern und Handwerker zu vermitteln, wo für die Kinder die Erinnerung an ihr bisheriges

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