Die Adler von Lübeck: Historischer Roman
rief jemand in der Menge.
Anna Rosländer nickte und fuhr fort: »Ich habe Lübeck nicht den Krieg erklärt. Ich habe meinem Mann ein Schiff gebaut, sein Heimathafen wird Lübeck sein, und viele Menschen aus unserer Stadt werden einen Nutzen davon haben. Gestern erfuhr ich auf verschlungenen Wegen, dass wir heute Besuch erhalten werden. In der Nacht träumte ich zum ersten Mal von meinem Mann und gleichzeitig von Wasser. Ich denke, jetzt bin ich frei und kann mich um die Zukunft kümmern. Die Frau, die für den Namen Pate stand, haben wir nicht überreden können, in den Hafen zu kommen, auch nicht für zehn Minuten. Sie wollte ihre Patienten nicht im Stich lassen, diese Begründung ist der Beweis, dass wir den richtigen Namen ausgesucht haben. Rosländer wäre damit einverstanden gewesen.
Begrüßt nun mit mir die Menschen, die mir halfen.«
Anna Rosländer trat zurück und begann zu klatschen, als die Passagiere im Gänsemarsch das Schiff verließen. Quälend lange Sekunden blieb sie mit ihrem Beifall allein, dann klatschte Trine Deichmann und doppelt so laut neben ihr Joseph, der »Hurra« rief und seinem Nachbarn etwas zuflüsterte. Der Nachbar erblasste erst und klatschte dann wie aufgezogen.
So schritten die Heimkehrer in ein Meer aus Beifall hinein, und das Meer schwoll immer weiter an.
Vorneweg Annas Bruder aus Stralsund, der Mann, der dort so wichtig gewesen war wie Querner in Lübeck; danach Jütte , der Buchhalter des Lübecker Salzhauses Schelling, treue Seele und unbestechlicher Mann für alles, was in Ordnung, Reih und Glied gebracht werden muss. Er hatte seine Verbindungen spielen lassen, die er im jahrzehntelangen Handel mit Salz rund ums Baltische Meer erworben hatte; danach Ludowica Schelling, Schwester des Salzkaufmanns, Piratin , Abenteurerin und die Frau, die die Besatzung für die Überführung zusammengestellt hatte; danach kam ein Mann, Anna Rosländers Augen schwammen in Tränen. »Ich musste dich verlassen«, sagte Leonhard Ivanauskas . »Ich musste mir meinen Traum erfüllen. Einmal Kapitän sein und wenn es nur für zwei Tage ist.«
»Aber du …«
»Ja, sie haben mich gekauft, um dich auszuhorchen. Aber als ich erfuhr, wie gern du mich hast, und als ich mich nicht mehr gegen die Erkenntnis wehrte, wie gerne ich dich habe, habe ich ihnen erzählt, was für dich von Nutzen war. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.«
Ihm folgte die junge Frau, an der Hand hielt sie einen Jungen, drei oder vier Jahre jünger als sie. Er wollte nicht an der Hand gehen, aber sie war stärker und ließ nicht los. Trine Deichmann erhaschte ein Lächeln der jungen Frau, dann stand sie vor Querner und sagte:
»Ihr seid der Mann, von dem alle schwärmen, der Mann, der große Schiffe denkt. Ich bin Liliane Schelling, die Tochter des Salzkaufmanns. Vor zwei Jahren bin ich auf eine Reise Richtung Osten gegangen. Jetzt freue ich mich auf Lübeck im Westen. Das Kind an meiner Hand ist mein frecher kleiner Bruder, er muss noch viel lernen. Wollt Ihr ihn in die Lehre und an die Kandare nehmen?«
Querner strahlte. Zum ersten Mal im Leben küsste er einer Frau die Hand.
E N D E
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