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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Fahrgäste waren an Deck gekommen. Elara und Galara standen nicht weit von ihm, aber ihre Aufmerksamkeit schien eher den Soldaten als der Aussicht zu gelten.
    Eine Feder, die am Schiff vorbei landwärts schwamm, zeigte Micail, dass die Flut hereinkam. Er kniff die Augen zusammen, um das Festland hinter dem Delta zu erkennen: eine verschwommene Masse dicht bewaldeter Hügel, aus deren Mitte ein dünner Rauchfaden aufstieg und im Wind verwehte. Vielleicht liegt dort der Hafen, dachte er. Wie heißt er noch gleich? Belsairath? Hafen, der irgendwohin zeigt…?
    Kapitän Dantus Befehle übertönten das Stimmengewirr. Die Soldaten wechselten auf die andere Seite, um das Gewicht gleichmäßiger zu verteilen, dann lenkte der Steuermann den spitzen Bug der Vogelschwinge durch einen schmalen Meeresarm in eine stille, neblige Bucht. Hier hatte der Fluss endlich seinen Frieden mit dem Meer gemacht. Eine Reihe von stabilen Landestegen war weit ins Wasser gebaut, dennoch lagen bei Ebbe vermutlich alle größeren Schiffe auf dem Trockenen.
    Hier also ist die Reise zu Ende, dachte Micail. Ein guter Platz zum Sterben.
    Ein Palisadenzaun grenzte den Hafen zum Land hin ab. Dahinter erhob sich, zunächst noch grau und verschwömmen, eine formlose Masse, die den zahlreichen Flusswindungen folgte. Erst als sich der Blickwinkel veränderte, löste sich die Masse in einzelne Gebäude auf. Micail konnte verwittertes Holz, verblichene Farbe und zerzauste Schilfdächer unterscheiden. Jedes der Häuser wies irgendein Merkmal atlantidischer Baukunst auf: ein Rundbogen hier, verschiedene Balkone dort und etwas weiter oben am Hang sogar die Anfänge eines siebenseitigen Innenhofs.
    Um die Altstadt herum zog sich ein lockerer Gürtel aus neueren Villen im aristokratischen Stil von Alkonath, bei dem sich die Räume zum großen Teil unter der Erde befanden. Auch hier war Holz der wichtigste Baustoff, doch zumindest alle Terrassen und Fundamente waren aus Stein und mit Reliefs und bemaltem Stuck verziert. Micail musste unwillkürlich lächeln, obwohl die Szene durch den seltsamen Nebel leicht bedrohlich wirkte.
    Seine Erheiterung hielt nicht lange vor. Rajasta der Weise hatte prophezeit, der neue Tempel werde in einem neuen Land errichtet werden, aber dieses Belsairath wirkte nicht nur alt, sondern geradezu verwahrlost.

    Prinz Tjalan hatte für Micail einen Gasthof am Wasser gefunden, wo er nach ankommenden Schiffen Ausschau halten und auf Nachricht von Tiriki warten konnte.
    Doch bevor er Gelegenheit fand, sich auszuruhen, bat der Prinz zu einem Empfang in seiner Villa. Micail mischte sich pflichtschuldig unter die prächtig gekleidete Menge, auch wenn er sich schon bald wünschte, in seinem Gasthof im Bett geblieben zu sein.
    »Prinz Micail - herzlich willkommen!«, sagte eine Frauenstimme hinter ihm. »Wir haben uns vor langer Zeit kennen gelernt, als Ihr ein Jahr bei Tjalan in Alkona wart, aber Ihr erinnert Euch natürlich nicht mehr an mich; ich war ja noch ein Kind.«
    Die Stimme klang rau und kehlig, viele hätten sie verführerisch gefunden, und noch bevor Micail sich umdrehte, stieg ihm ein Duft in die Nase, der aus den edelsten Narden gemischt war. Andere Sinne brauchte er nicht, um Tjalans Gemahlin, Prinzessin Chaithala, zu erkennen. Von Tjalan wusste er, dass sie Alkonath lange vor dem Untergang verlassen hatte, um sich mit ihren drei Kindern hier in Sicherheit zu bringen.
    Aber das hätte er auch so erraten, denn im Gegensatz zu all jenen, die Zeuge gewesen waren, wie ihre alte Welt starb, waren ihre tiefbraunen, kunstvoll mit Khol geschminkten Augen von schrecklichen Erinnerungen frei.
    Micail hatte eine vornehme Erziehung genossen und zeigte sich der Lage gewachsen. Er verneigte sich leicht und beteuerte höflich, so viel Schönheit sei ihm natürlich unvergesslich geblieben. Doch das Kompliment kam nicht von Herzen, und in Gedanken war er weit weg.
    »Ihr seid zu gütig«, entgegnete Chaithala ebenso souverän. »Man tut eben, was man kann. Mein Gemahl möchte, dass wir unsere Lebensart beibehalten…« Sie vergewisserte sich mit einem prüfenden Blick, dass die Diener auch überall für volle Tassen, Becher und Teller sorgten.
    »Und das ist Euch gelungen«, antwortete Micail mechanisch. Die Stimmen der vielen Menschen dröhnten ihm in den Ohren. Außerdem hatte er bisher so gut wie mit jedem einmal angestoßen und befürchtete, sich am kommenden Morgen an keinen einzigen Namen mehr erinnern zu können.
    »Es gibt noch eine Menge zu

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