Die Akademie der Lüste (German Edition)
Sie würde über diese seltsamen Hefte und Videos reden können, und alles wäre wieder gut. Und morgen konnte sie bereits wieder nach Hause fliegen, und sie beide würden das alles vergessen. Auch Lorna. »Entschuldige, hier war viel los«, erwiderte Jaine. »Ich wollte nur …«
»Schon gut, ich verstehe das. Frauen passiert so etwas immer wieder mal.«
Jaine stockte. Wusste er von ihrer Massage am Morgen? Ahnte er etwas? Was hatte sie verraten?
»Das sind kalte Füße. So kurz vor der Hochzeit und der Eröffnung der Pension ist dir der Stress zu groß. Da brechen Menschen mit geringerem Stressvermögen schnell zusammen.«
Geringes Stressvermögen?! Jaine spürte, wie die Zärtlichkeit, die sie noch Sekunden zuvor empfunden hatte, umschlug. Sie war nicht hier, weil sie eine schwache kleine Frau war, die mit dem Stress nicht umgehen konnte. Sie war hier, weil ihr Verlobter verdammt noch mal eine Schublade voller Pornos hatte!
»Menschen mit geringem Stressvermögen, die also nicht so tough sind wie du?!«, fauchte sie in den Hörer.
Vom anderen Ende der Leitung erklang ein Laut, als wollte Michael protestieren, aber Jaine ließ ihn nicht. »Hast du überhaupt eine Ahnung, wo ich bin? Was ich hier tue? Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu sagen? Weißt du was, Michael, ich denke, es ist wirklich besser, wenn ich hier bleibe und versuche, den Stress abzuschütteln.«
Sie drückte auf die rote Telefontaste und hob den Arm. Und noch bevor sie darüber nachdenken konnte, hatte sie schon ausgeholt, und das Telefon segelte in einem weiten, runden Bogen geradewegs gen Meer, wo eine eifrige Welle es ohne Zögern verschlang.
Jaine atmete tief ein und aus, und auch wenn sie sich nicht körperlich betätigt hatte, raste ihr Herz wie wild. Sie war so wütend. Was dachte sich Michael nur?
»Zu hohe Telefongebühren?«, riss Lornas weiche Stimme sie aus ihrer Wut, und schuldbewusst zuckte Jaine zusammen. Augenblicklich wurde ihr Gesicht wieder sehr warm und wahrscheinlich auch sehr rot. Die Frau mit dem schwarzen Haar verzog besorgt das Gesicht und streckte die Hand aus, um sie auf Jaines Wange zu legen. »Oh, hast du dir einen Sonnenbrand eingefangen? Pass auf, deine Haut ist zu empfindlich für so etwas.«
Jaine blinzelte überrascht und machte dann einen taumelnden Schritt rückwärts. Die Stelle, an der Lorna sie berührt hatte, brannte förmlich, stärker als der Rest ihres Gesichts. »Nein, schon gut … ich meine, mir geht es gut«, entgegnete sie und sah zu Boden. Ihr Blick streifte dabei Lornas lange, schmale Finger, und augenblicklich war sie wieder auf dieser Liege, wand sich vor Lust und ließ sich einem intensiven Orgasmus entgegentreiben. Rasch hob sie den Blick wieder.
»Das mit dem Telefon war kein Versehen, mhm?«, fragte Lorna, und ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund. »Willst du darüber reden?«
Jaine schüttelte den Kopf. »Nein, das muss ich allein abklären.«
Lorna legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie weg vom Strand. Jaine spürte die Berührung auf ihrer Haut und schauderte ein wenig. Lornas Haut war zwar dunkel gebräunt, aber trotz der sommerlichen Temperaturen war sie kühl und brannte dadurch nur umso mehr auf Jaines erhitzter Haut.
»Gut, aber falls du doch reden willst, komm zu mir. Hier sollt ihr euch als Gäste entspannen können, das ist die wichtigste Regel. Wenn du wütend oder traurig bist, kann dein Körper sich nicht fallen lassen, und dann nützt alles nichts. Du solltest immerhin Spaß an dem haben, was dich hier erwartet.«
Jaine folgte Lorna zurück zu den Hütten. Unter ihren Füßen knirschten Kiesel, und die Sonne näherte sich unaufhaltsam dem Horizont. Ihr helles Licht trübte sich immer röter und lockte aus dem nahen Dschungel verschiedene Tiere hervor. Jaine konnte sie nicht sehen, aber das Zirpen, Gurren und Singen bewies, dass sie da waren.
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, gestand sie leise. »Ich bin nicht so bewandert, und ich weiß auch nicht, ob ich das will. Eigentlich mag ich mein Liebesleben, so wie es ist.«
Lornas Schritt wurde langsamer, bis sie schließlich ganz stehen blieb. Sie sah Jaine ernst an, den Kopf leicht schief gelegt. Ihre Haare, das sie zu einem Knoten gebunden hatte, aus dem lose Strähnen hervorlugten, schimmerten in der untergehenden Sonne fast rot.
»Jaine, es gibt etwas, was du verstehen und auch beherzigen musst, solange du hier bist«, sagte sie ernst. »Niemand, und ich meine damit absolut niemand,
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