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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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war.
    »Sie war dort«, sagte Chang. »Ich bin sicher, sie hat mich kommen sehen.«
    »Constanza Street«, keuchte Cunsher. »Das ist zumindest meine Vermutung.«
    Constanza Street war von einem weiteren Posten Reiter versperrt. Cunsher ging hinter der Menge vorbei, die darauf wartete, die Straße zu überqueren. Chang hatte keine Ahnung, wohin Cunsher wollte, doch er folgte ihm – Cunsher war wie eine aufgescheuchte Maus, die stets ein Loch fand, gleich in welcher Lage.
    »Die Soldaten hindern sie genauso am Weiterkommen wie uns.« Cunshers Gemurmel war kaum zu verstehen. »Was wird die Lady also tun? Je weiter weg sie vom Axewith House auftaucht, desto besser, ha, somit wird sie den Hinterausgang nehmen.«
    »Und Richtung Oper laufen!«, stöhnte Chang. »Der Droschkenstand ist drei Straßen entfernt!«
    Sie rannten über die Straße und bogen in die erste Gasse ein, auf die sie stießen. Mit seinen langen Schritten überholte Chang Cunsher an der ersten Ecke. Am Ende der Gasse war ein kleiner Ausschnitt der Steinfassade der Oper zu sehen. Cunsher schlitterte in eine Seitenstraße, aber Chang stürmte weiter, direkt auf eine Reihe schwarzer Kutschen zu. Die vorderste Kutsche, die von einem Schimmelgespann gezogen wurde, fuhr gerade los.
    Er rannte hinterher, während er den Fußgängern zurief, sie sollten Platz machen. Der graue Zweispänner hatte den Kreisel vor der Oper bereits erreicht, hinter dem er in der Stadt verschwinden würde. Chang stürzte sich in den Kreisel, wich Pferden und Flüchen gleichermaßen aus, und sprang auf die Insel in der Mitte, einen breiten Springbrunnen. Der Brunnen, finanziert über Kolonialbeteiligungen, huldigte der Pracht Asiens, Afrikas und Amerikas mit drei Göttinnen, alle getragen von einer dichten Menge aus Mitgliedern der jeweiligen einheimischen Kultur – Gottheiten, Tiere und Ureinwohner, die alle auf ähnlich würdelose Weise Wasser spien. Chang eilte um die Mittelinsel herum, folgte der Kutsche, die sich jetzt hinter zwei Stammesfrauen auf einem Tiger verbarg, und wollte sich erneut auf die Straße stürzen.
    Ganz plötzlich wurde die Kutsche langsamer, und der Fahrer stand auf und schlug mit seiner Peitsche nach etwas auf der anderen Seite. Chang erkannte seine Chance, stürmte das kurze Stück zur Tür und griff durch das unverglaste Fenster. Die Contessa, die aus dem anderen Fenster geblickt hatte, fuhr herum und fluchte laut. Mit ihrem Dorn hackte sie auf seine Finger ein, aber Chang stieß seinen Stock durch die Tür. Die Spitze traf die Contessa wie ein Faustschlag und warf sie in die Ecke zurück. Chang sprang hinein und schlug ihr den Dorn vom Finger. Bevor sie danach greifen konnte, hatte er den Dolch gezückt.
    Die Kutsche blieb stehen. Durch das andere Fenster erhaschte Chang einen Blick auf eine kleine, braungekleidete Gestalt, die gerade noch außer Reichweite der Peitsche des Kutschers stand. Cunsher hatte es wieder einmal kommen sehen. In den Händen hielt er Pflastersteine, bereit zum Wurf. Der erschrockene Fahrer rief nach der Contessa – war sie in Gefahr? Sollte er die Soldaten rufen?
    Die Dolchspitze auf ihre Brüste gesetzt, griff Chang nach der schwingenden Tür und zog sie zu.
    »Fahren Sie weiter!«, rief die Contessa, wobei sie den Blick nicht eine Sekunde von Chang abwandte. »Und falls sich Ihnen noch einmal jemand in den Weg stellt, fahren Sie ihn über den Haufen!«
    »Verzeihen Sie mir«, sagte er und hob den Dorn auf, halbwegs in der Erwartung, dass ihn die Contessa erneut attackieren würde, sobald er abgelenkt wäre. Sie rührte sich nicht. Er spürte das Gewicht der maßgefertigten Waffe und erinnerte sich daran, wie sie dicht neben seiner Wirbelsäule in ihn eingedrungen war. Chang warf sie aus dem Fenster.
    »Na schön, ein Wegelagerer am helllichten Tag. Werden Sie mir gleich die Kehle durchschneiden oder erst nach meiner Vergewaltigung?«
    Chang setzte sich ihr gegenüber. Beide wussten, dass sie bereits tot wäre, hätte er es auf ihr Leben abgesehen.
    »Wer war denn Ihr Komplize, der Gnom mit dem Schnauzbart? Hätte ich eine Pistole gehabt, ich hätte ihn erschossen. Und niemand hätte protestiert – wie es auch niemanden zu kümmern scheint, wenn die Kutsche einer Dame überfallen wird.« Sie legte den Kopf schief. »Wie geht es Ihrem Rücken?«
    »Ich laufe und springe wie ein Hengst.«
    »Die Wirbelsäule ist verdammt schmal – im Dunkeln kann man das Ziel schon mal verfehlen. Ich nehme an, Sie möchten Ihre Brille nicht

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