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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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bleibt hier.« Schoepfil warf Svenson den Militärmantel über den Tisch zu. »Sie sollten ihn nicht anziehen. Im Gegenteil, Sie werden seine Wärme gegen einen geeisten Orangensaft eintauschen wollen!«
    Kelling wartete im Flur neben einer eiförmigen Luke wie auf einem Kriegsschiff. Svenson folgte Schoepfil in einen düsteren Durchgang, der nach Schimmel roch. Er überlegte, sich auf Schoepfil zu stürzen – der Gang war so schmal, dass sich der Mann vielleicht nicht umdrehen konnte –, aber er zögerte und spürte auf einmal seine Erschöpfung und Verzweiflung. Wenn er entkam, wohin würde er gehen? Was würde er tun? Svenson fühlte sich so allein wie schon im ganzen Leben.
    Die Luft war feucht und roch nach Rost. Sie gingen ein gutes Stück. Plötzlich spürte Svenson einen einzelnen behandschuhten Finger aufdringlich auf seinen Lippen. Er widerstand dem Bedürfnis, ihn zu beißen. Mit einem sanften Scharren öffnete Schoepfil ein Paneel in der Wand: ein Beobachtungsfenster von der Größe einer Spielkarte. Durch die Öffnung drangen Licht und Wärme herein, dazu feuchte Luft, durchzogen von fauligem Schwefelgestank … und Wasserplätschern … die Geräusche von Menschen in einem Bad.
    Einem sehr großen Bad. Svenson zog sein Monokel aus der Uniformjacke und wischte es an einem Hosenbein ab. Er war schon in Badehäusern gewesen, doch kaum in so opulenten oder so alten wie diesem hier, in das er jetzt hineinspähte – als wären die römischen Grundmauern der Stadt mit Blumen und Vögeln aus Stuck überzogen und die gemauerten Bogen mit emaillierten Fliesen belegt worden. Diener mit Tabletts voller Erfrischungen und Stapeln weicher Frotteehandtücher gingen zwischen den einzelnen Becken hin und her.
    Ein Platschen lenkte Svensons Aufmerksamkeit auf das Becken direkt vor ihm. Am gegenüberliegenden Rand schwamm eine Reihe Frauen, rosig von der Hitze, das Haar in Turbane eingewickelt, und in Badekleidern aus feinem Musselin, der ihnen an der Haut klebte. Svenson starrte blöde auf die bloßen Hälse, die Schultern und Busen, die im plätschernden Pool hier und da auftauchten. Eine Dame hob einen tropfenden Arm, ein Zeichen. Ein erneutes Platschen, außerhalb seines Sichtfelds, und eine grauhaarige und dicke Frau schwamm in die Mitte des Pools. Sie neigte den Kopf.
    »Die Damen, nach denen Ihr geschickt habt, um …«
    Svenson konnte nicht sehen, an wen sie sich wandte – die Damen befanden sich unterhalb des Fensters –, aber er unterdrückte ein Stöhnen, als eine weitere Gestalt heranglitt. Ein Musselinbadeanzug klebte an ihrem Körper, und ihre nackten Gliedmaßen glänzten. Die grauhaarige Dame stellte sie vor.
    »Rosamonde, Contessa di Lacquer-Sforza, Euer Majestät. Eine italienische Hofdame.«
    Die Contessa zwinkerte schüchtern mit ihren violetten Augen. Mit dem schwarzen, mit Tuch verhülltem Haar wirkte sie verstörend schlicht, beinahe unschuldig.
    »Ich fühle mich geehrt, von Euer Majestät empfangen zu werden«, sagte sie leise und nickte zu der Stelle direkt unterhalb von Svensons Fenster.
    Svenson fuhr zu Schoepfil herum, doch der Mann wies ihn mit einem Nicken an, sich wieder dem Fenster zuzuwenden. Eine zweite Gestalt schwamm in Svensons Sichtfeld. Svenson verschlug es den Atem.
    »Und das ist die Begleiterin der Contessa …« Die Sprecherin hielt inne, um ihre Missbilligung zu zeigen. »Eine Miss Celestial Temple.«
    Die Narbe über ihrem Ohr lugte unter dem Turban hervor, und neue Hautabschürfungen bedeckten ihre Wangen … aber sie war es. Sie war am Leben.
    Am Leben und mit der Contessa zusammen und irgendwie hier, bei einem unvorstellbaren Empfang der Königin höchstpersönlich. Schoepfil wippte wie ein Schuljunge vor Zufriedenheit hin und her.
    »Um Himmels willen!«, flüsterte Svenson. »Wer sind Sie?«
    Schoepfil bewegte sich ein wenig, um seinen Mund besser an Svensons Ohr pressen zu können.
    »Wer anderes könnte ich sein, Doktor? Ich bin Robert Vandaariffs Erbe!«

Kapitel Sieben
THERMEN
    W ährend sie Colonel Bronque einen verspiegelten Gang entlang folgte, war Miss Temple so aufgeregt wegen ihres Ziels, dass sie die Contessa di Lacquer-Sforza neben sich vergaß, bis diese Miss Temple in den Arm kniff. Verlegen klappte Miss Temple ihren offenen Mund zu. Der Ausdruck der Contessa hatte sich ebenfalls verändert. Sie tarnte ihr animalisches Selbstvertrauen mit Ehrerbietung. Colonel Bronque sah sich um und bedachte die Frauen mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß.
    Sie

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