Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)
Nein?«
Miss Temple vernahm etwas, das sich nach einem Handgemenge anhörte, und Doktor Svenson stöhnte auf einmal vor Schmerz. »Ich kann jeden einzelnen von Ihnen bestrafen. Und töten Sie diesen Verbrecher auf der Stelle. Ist er beseitigt, muss das Erbe an mich zurückfallen, wie viele verdammte Testamente es auch geben mag!«
Miss Temple schoss an Pfaff vorbei ins Licht.
» Lassen Sie ihn los!« Ihre Stimme war schrill wie eine Pfeife. Schoepfils Hände – seine blauen Hände – schwebten über Changs Hals. Miss Temple drückte den Abzug, aber der Rückstoß war zu heftig, sodass sie die Decke traf. Sie zielte erneut, wobei sie die Waffe mit der anderen Hand stützte und genau auf Schoepfils Herz richtete.
»Celeste«, keuchte Doktor Svenson auf Knien.
»Warten Sie!«, rief ein riesiger dunkelhäutiger Mann in einer schmutzigen gestreiften Weste, der seine Arme an den Stellen rieb, wo er gefesselt gewesen war. Auf dem Fußboden hinter ihm lag blutend und reglos Mr. Foison. Bei seinem Anblick stieg Zorn in Miss Temple auf. Sie drückte ab, doch Pfaff war bereits dazwischengegangen, und der Hahn schlug auf seinen Daumen, was den Schuss verhinderte. Er fluchte angesichts des Schmerzes, entwand ihr die Waffe und befreite seine Hand.
Miss Temple trat Mr. Pfaff ans Schienbein. Er fluchte und hüpfte davon, den Blick zur Glaswand gerichtet. Zum ersten Mal sah sie das Blut und den toten Mann mit der Federmaske.
»Celeste Temple, rühren Sie sich nicht von der Stelle!« Die Stimme der Contessa war zweifach gedämpft, einmal durch den Helm, den sie trug, und dann durch die Glasabtrennung. »Mr. Pfaff?«
»Unten ist alles bereit, Euer Ladyschaft.«
»Das ist Unsinn«, erklärte Schoepfil. »Ich werde Kardinal Chang töten und dann den Rest von euch.«
Pfaff hob den Revolver und übernahm das Kommando im Raum. »Nun, also …«
Schoepfil rannte einfach auf ihn zu, schneller als Pfaff zielen konnte, und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Pfaff schwang seine messingbewehrte Faust, doch Schoepfil schubste und drängte Pfaff mit einem Hagel von Schlägen zur Glaswand. Ein letzter Tritt, und Pfaff brach keuchend zusammen. Schoepfil stellte einen Fuß in seinen Nacken.
»Entweder Sie ergeben sich, Madam, oder Ihr Mann wird sterben.«
»Das ist Ihr Mann, in der Wanne neben Harcourt, nicht wahr?«
Die Stimme der Contessa klang höflich, als würde sie ihn nach seinem Schneider fragen. Schoepfil wandte sich ihr zu. »Ja. Mr. Kelling. Eine sehr nützliche Person – und diese unerhörte Behandlung …«
»Ich frage mich, ob er womöglich nützlicher für Sie ist als Colonel Bronque.«
»Was? Colonel Bronque ist ein guter Freund.«
»Sie haben keine Freunde. Sie sind ein Spion.«
Schoepfil lief rot an. »Kommen Sie sofort heraus! Oder ich verspreche Ihnen, dieser Mann wird dafür bezahlen!«
Die Contessa trat zum Podium und ließ die Finger über die Messingknöpfe tanzen.
»Es funktioniert nicht«, rief Mahmoud ihr zu. »Vandaariff hat es versucht. Die Maschinen …«
»… wurden deaktiviert, ja, auf meinen Befehl hin – doch jetzt funktionieren sie wieder, und die Sonne ist aufgegangen.« Die Contessa blickte in die Runde. »Es ist eine Frage der Verbundenheit . Man spekuliert in alle Richtungen … aber ich vermute, dass niemand von Ihnen etwas für Matthew Harcourt übrig hat. Ich vermute, ich bin die Einzige hier, die vielleicht infrage käme. Und es trifft nicht zu.«
Sie zog den Messingdeckel ab. Licht fiel von der Decke auf die Glasraute und brachte sie zum Leuchten. Aus den Kupferkabeln, die zu Harcourts Wanne führten, sprühten hoch die Funken, und die Schläuche entlang der Wanne füllten sich prall. Die Flüssigkeit in der Wanne begann heftig zu brodeln.
»Halt!«, rief Doktor Svenson. »Gütiger Himmel …«
Die Contessa brachte eine weitere Raute zum Vorschein, und Funken sprühten um Mr. Kellings Wanne herum. Schoepfil trat auf seinen Mann zu, aber die Flüssigkeit brodelte bereits, und Dampf stieg auf, der die Gestalt darin einhüllte. Miss Temple bedeckte Mund und Nase. Die Schläuche, welche die beiden Wannen mit dem Untergestell von Changs Tisch verbanden, vibrierten, als Flüssigkeit hineinschoss und eine schauerliche Reduktion in Gang setzte.
Der Strom wurde abgestellt. Der giftige Dampf löste sich auf. Wie unter Zwang trat Miss Temple zu den anderen, damit sie etwas sehen konnte. Die rote Flüssigkeit war zu einer undurchsichtigen Schicht aus blutrotem Schlamm abgesunken. Abgesehen
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