Die Ameisen
und drüber.
Gegen 10 Uhr trennt ein plötzlicher Kälteeinbruch die Streitkräfte. In eisigen Luftströmen kann man nicht kämpfen.
Die Truppen der Zwergameisen nutzen die Pause, um sich zu befreien. Die Panzer der Roten erklimmen mühsam den Hügel.
In beiden Lagern zählt man die Verletzten, schätzt das Ausmaß der Verluste. Bedrückende Zwischenbilanz. Beide Seiten möchten der Schlacht eine andere Richtung geben.
Bei den Belokanerinnen hat man die Sporen der alternaria erkannt. Man beschließt, sämtliche Soldaten, die mit dem Pilz in Berührung gekommen sind, zu opfern, um ihnen weitere Qualen zu ersparen.
Spioninnen kommen angelaufen. Es gibt ein Mittel, sich gegen diese bakteriologische Waffe zu schützen: Man muß sich mit Schneckenschleim einreiben. Gesagt, getan. Man opfert drei dieser (immer seltener anzutreffenden) Weichtiere, damit sich jeder gegen die Geißel schützen kann.
Antennenkontakt. Die roten Strateginnen vertreten die Ansicht, daß man nicht mehr nur mit den Panzern angreifen kann. In der neuen Aufstellung werden sie das Zentrum bilden, aber hundertzwanzig Legionen üblicher Infanterie und sechzig Legionen fremder Infanterie werden auf den Flügeln aufmarschieren. Man schöpft neuen Mut.
ARGENTINISCHE AMEISEN: Die argentinischen Ameisen (Iridomyrmex humilis) sind 1920 in Frankreich erschienen. Höchstwahrscheinlich wurden sie in Oleanderkübeln eingeschleppt, die dazu bestimmt waren, die Straßen der Côte d’Azur zu verschönern.
Ihre Existenz wird zum erstenmal 1866 in Buenos Aires gemeldet (daher ihr Beiname). 1891 finden sie sich in den Vereinigten Staaten, in New Orleans. In den Strohschütten exportierter argentinischer Pferde versteckt, gelangen sie 1908 nach Südafrika. 1910 nach Chile, 1917 nach Australien und 1920 nach Frankreich.
Diese Art zeichnet sich nicht nur durch ihre geringe Größe aus, die sie, verglichen mit anderen Ameisen, zu Pygmäen macht, sondern auch durch ungewöhnliche Intelligenz und kriegerische Aggressivität (übrigens ihre Hauptmerkmale).
Kaum im Süden Frankreichs ansässig, führen die argentinischen Ameisen gegen sämtliche einheimischen Arten Krieg … und besiegten sie allesamt!
1960 überschreiten sie die Pyrenäen und ziehen bis Barcelona. 1967
gehen sie über die Alpen und ergießen sich bis Rom. In den 70er Jahren dann beginnen die Iridomyrmex wieder nach Norden zu ziehen. Man glaubt, daß sie in einem heißen Sommer Ende der 90er Jahre die Loire überquert haben. Dort stoßen diese Eindringlinge, deren Kampfstrategien denen eines Cäsar oder Napoleon in nichts nachstehen, auf zwei etwas hartnäckigere Arten: die roten Ameisen (im Süden und Osten der Pariser Region) und die Pharaonenameisen (im Norden und Westen von Paris).
Edmond Wells Enzyklopädie des relativen und absoluten Wissens
Die Schlacht am Klatschmohnhügel ist noch nicht entschieden.
Um 10.13 Uhr beschließt Shi-gae-pu. Verstärkung zu schicken.
Zweihundertvierzig Legionen der Reservearmee ziehen los, um sich den Überlebenden der ersten Angriffswelle anzuschließen.
Man erklärt ihnen die Sache mit den »Panzern«. Die Antennen vereinen sich zur AK. Es muß ein Mittel geben, mit diesen komischen Maschinen fertigzuwerden …
Gegen 10.30 Uhr macht eine Arbeiterin einen Vorschlag:
Die Kornbeißerinnen verdanken ihre Beweglichkeit den sechs Ameisen, die sie tragen. Man braucht bloß diese
»lebenden Beine« abzutrennen.
Eine andere Idee steigt auf:
Der Schwachpunkt dieser Maschinen ist, daß sie
Schwierigkeiten haben, schnell zu wenden. Dieses Handicap kann man ausnutzen. Wir brauchen uns bloß zu kompakten Blöcken zu formieren. Wenn die Maschinen angreifen, treten wir zur Seite und lassen sie widerstandslos durch. Dann, wenn sie noch in vollem Schwung sind, greifen wir sie von hinten an.
Sie werden keine Zeit haben, sich umzudrehen.
Und ein dritter Gedanke:
Die Beinbewegungen sind durch Antennenkontakt
aufeinander abgestimmt, wie wir gesehen haben. Wir brauchen bloß hochzuspringen und den Kornbeißerinnen die Antennen abzuschneiden, dann können sie ihre Trägerinnen nicht mehr dirigieren.
Alle drei Ideen werden festgehalten. Die Zwerginnen machen sich daran, einen Schlachtplan aufzustellen.
LEIDEN: Sind Ameisen fähig zu leiden? Auf den ersten Blick nicht. Sie haben kein Nervensystem, das auf diesen Zweck zugeschnitten wäre. Und wo kein Nerv ist, kann es auch keine Schmerzbotschaft geben. Das mag erklären, daß »Ameisenstücke« mitunter
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