Die Ameisen
in seinem Panzer, einer Kerbe in seinem Chitin, einem Auge.
Die Körper stürzen, wälzen sich in der feuchten Erde. Einige Zwergameisen klettern auf eine träge Blume und lassen sich von dort, Krallen vorweg, auf eine rote Feindin fallen. Sie bohren sich in ihren Rücken, durchlöchern sie bis zum Herzen.
Handgemenge.
Die Mandibeln zerkratzen die glatten Panzer.
Eine rote Ameise benutzt geschickt ihre Antennen wie zwei Lanzen, die sie gleichzeitig vorschnellen läßt. So durchbohrt sie einem Dutzend Widersacherinnen den Kopf, nimmt sich nicht einmal Zeit, ihre von durchsichtigem Blut getränkten Stengel zu reinigen.
Handgemenge. Tod.
Bald schon ist die Erde so sehr mit abgetrennten Antennen und Beinen übersät, daß man über einen Teppich aus Kiefernnadeln zu gehen glaubt.
Als gäbe es noch nicht genug Tote, eilen die Überlebenden von Lachola-kan herbei und stürzen sich in das Gewühl.
Angesichts einer Menge winziger Angreiferinnen gerät eine Rote in Panik. Sie krümmt ihren Hinterleib, bespritzt sich mit Ameisensäure, tötet ihre Gegnerinnen und sich selbst. Sie schmelzen alle wie Wachs.
Ein Stück weiter reißt eine andere Kriegerin ihrer Gegnerin den Kopf ab und wird im gleichen Augenblick selbst enthauptet.
Die 103 683. Soldatin hat die erste Welle der Zwerginnen über sich ergehen lassen müssen. Mit ein paar Dutzend Kolleginnen aus ihrer Unterkaste ist es ihr gelungen, ein Dreieck zu bilden, das Angst und Schrecken zwischen den Klumpen der Zwerginnen verbreitet hat. Das Dreieck ist gesprengt, jetzt muß sie allein gegen fünf Shigaepuanerinnen ankämpfen, die bereits mit dem Blut der geliebten Schwestern verschmiert sind.
Sie beißen sie überall. Während sie es ihnen nach Kräften heimzahlt, kommen ihr die Ratschläge der alten Kriegerin aus dem Übungssaal in den Sinn:
Es entscheidet sich alles vor dem Zusammenprall. Mandibel oder Säurestrahl bestätigen nur eine Überlegenheit, die bereits vorher von den beiden Streitenden anerkannt wird … Das ist eine Sache des Kopfes. Man muß den Sieg akzeptieren, und nichts wird einem widerstehen.
Das funktioniert vielleicht bei einem einzigen Feind. Aber was, wenn es fünf sind? Sie spürt, da sind mindestens zwei, die unbedingt siegen wollen. Die Zwergin, die ihr systematisch das Gelenk des Thorax zerschneidet, und die andere, die sich an ihrem linken Hinterbein zu schaffen macht. Eine Welle von Energie überschwemmt sie. Sie schlägt um sich, pflanzt der einen ihre Antenne wie ein Stilett genau unter den Hals und zwingt die andere mit einem Mandibelschlag, ihr Bein loszulassen.
Inzwischen sind Zwerginnen mit Dutzenden von alternariaverseuchten Köpfen auf dem Schlachtfeld erschienen.
Da jedoch alle Welt mit Schneckenschleim geschützt ist, flattern die Sporen nur umher, sie rutschen von den Panzern ab und fallen schlaff auf den fruchtbaren Boden. Nein, heute ist wahrlich kein Tag für neue Waffen. Sie haben alle ihre Widerlegung gefunden.
Um drei Uhr nachmittags erreicht die Schlacht ihren Höhepunkt. Schwaden von Oleinsäure, charakteristische Ausdünstungen, die von den vertrocknenden Ameisenkadavern ausgehen, erfüllen die Luft. Und noch um halb fünf metzelt sich alles weiter, Zwerginnen und Rote, was noch auf mindestens zwei Beinen steht. Die Kämpfe enden erst um fünf Uhr wegen eines Donnerschlags, der einen Regenguß ankündigt. Es scheint, als habe der Himmel genug von soviel Gewalt. Wenn es nicht doch nur ein verspäteter Märzschauer ist …
Die Überlebenden und Verwundeten ziehen sich zurück:
Bilanz: 5 Millionen Tote, davon 4 Millionen Zwergameisen.
Lachola-kan ist befreit.
So weit das Auge reicht, ist der Boden mit zerfetzten Gliedern, geborstenen Panzern und mitunter noch unheimlich zuckenden Körperstümpfen übersät. Überall durchsichtiges Blut, als wäre die Erde lackiert, überall Pfützen gelber Säure.
Ein paar Zwergameisen, noch in einer Lache vom Leim gefangen, schlagen um sich in der Hoffnung, ihre Stadt erreichen zu können. Die Vögel picken sie schnell auf, bevor der Regen fällt.
Blitze erhellen anthrazitfarbene Wolken, in ihrem Licht glitzern einige Panzerwracks, deren Mandibeln immer noch arrogant nach oben gerichtet sind. Als wollten diese dunklen Spitzen den fernen Himmel aufstechen. Kaum sind sämtliche Akteure verschwunden, reinigt der Regen die Szenerie.
Sie redete mit vollem Mund.
»Bilsheim?«
»Ja?«
» Grumpf, grumpf … Wollen Sie mich in die Pfanne hauen, Bilsheim? Haben Sie mal in die
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