Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)
schlecht, ganz gleich, was mein Pa meint.«
Wir waren auf der anderen Seite der Brücke angekommen. »Heißt das, du willst nicht mehr zum Militär?«, fragte ich.
»Das heißt es überhaupt nicht.« Joe hob einen flachen Stein auf und ließ ihn über den Fluss hüpfen. »Du hörst nicht auf zu kämpfen, bloß weil du merkst, dass du verlierst. Das hat Truman mir beigebracht.« Er wandte sich um. »Falls Truman heil zurückkommt«, sagte er, »und er diese Frau und ihre Familie mitbringen will, na dann von mir aus. Ich hätte zwar nie gedacht, dass ich mal schlitzäugige Verwandte kriege, aber diese Asiatinnen können richtig hübsch sein. Roger Bramwell drüben in Floyd County kam verheiratet mit einer Philippinerin aus dem Militärdienst zurück. Die beiden haben echt süße Kinder.«
Die Halde war mit einem Drahtzaun und Wellblechplatten umfriedet, und wilde Taglilien blühten büschelweise orangegelb und fröhlich auf der anderen Seite. Die Leute legten Haushaltsgeräte und Maschinen und so ziemlich alles, was vielleicht noch zu verwerten war, gleich links vom Tor ab, und wir verbrachten den größten Teil des Nachmittags damit, in Kisten mit kaputtem altem Zeug zu kramen, Schneebesen zu inspizieren, Schreibmaschinen auszuprobieren und an den Einstellrädchen von alten Radios zu drehen. Dog hatte einen Heidenspaß damit, auf Hühnerknochen zu kauen und Ratten zu jagen. Joe fand einen klasse Aufziehwecker, von dem er meinte ihn reparieren zu können, und er nahm ihn mit, als wir uns am späten Nachmittag auf den Heimweg machten.
Wir schlenderten über die Brücke zurück und die Holladay Avenue entlang, Dog direkt hinter uns. Als wir am Gericht vorbei waren, bogen wir in eine Straße, die von alten Gebäuden und Kreppmyrten gesäumt wurde, überquerten die Eisenbahngleise und nahmen dann eine Abkürzung durch eine gepflasterte Gasse zwischen dem Drogerieladen und der Versicherungsagentur. Hinter dem Drogerieladen war ein kleiner Parkplatz, und von dort führte eine Holztreppe nach oben in den ersten Stock des Gebäudes. Direkt vor der Treppe, neben einer Mülltonne, parkte der Le Mans von Maddox.
Ich hatte Maddox seit dem Prozess nicht mehr gesehen, aber ich wusste, dass ich ihm früher oder später über den Weg laufen würde, und mir graute davor. Aber von ihm selbst war nichts zu sehen, und auch sonst schien niemand in der Nähe zu sein. Als wir uns dem Le Mans näherten, lief Dog auf einmal vor, blieb stehen, hob ein Bein und pinkelte einen der Weißwandreifen an, fast so, als wüsste er, wem der Wagen gehörte. Joe prustete los, und ich auch. Es war so ziemlich das Lustigste, was ich je in meinem Leben gesehen hatte.
Plötzlich flog die Tür oben an der Treppe auf, und Maddox kam heruntergepoltert. Er tobte rum, wie dieser verdammte Köter es wagen könnte, an sein Auto zu pinkeln, das wäre Vandalismus, genauso schlimm wie das Reifenzerstechen von uns kleinen Verbrechern, und diesmal hätte er uns auf frischer Tat ertappt.
Maddox bückte sich, packte Dog im Nacken, klappte den Kofferraum des Le Mans auf und warf Dog hinein.
»Tun Sie Dog bloß nicht weh«, sagte ich. »Sie tun allen weh. Sie haben meiner Schwester wehgetan, und das wissen Sie!«
»Die Geschworenen haben das anders gesehen«, sagte er. »Überhaupt, ich hab die Nase voll von dir, also halt die Klappe. Dieser Hund ist eine Gefahr, rennt hier ohne Leine durch die Gegend.« Er öffnete die Tür des Le Mans und klappte den Sitz nach vorne. »Ihr zwei steigt jetzt ein«, sagte er. »Mal sehen, was eure Familie dazu sagt.«
Joe und ich sahen uns an. Ich gebe zu, ich hatte ziemlich Angst, aber wir konnten Maddox ja nicht einfach mit Dog wegfahren lassen. Joe warf den Wecker in den Mülleimer, und wir stiegen in den Wagen.
Auf der Fahrt durch die Stadt sagte keiner ein Wort. Ich starrte auf Maddox’ dicken Stiernacken, genau wie ich das während des Prozesses getan hatte, und lauschte auf Dogs dumpfes Bellen aus dem Kofferraum. Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte gedacht, wir wären fertig mit Maddox, aber jetzt sah es so aus, als würde der ganze Mist wieder von vorne losgehen. Vor Gericht zu gewinnen reichte ihm nicht. Er hatte es auf uns abgesehen, und das würde auch so bleiben. Diese Fehde würde niemals enden.
Maddox hielt vor dem Haus der Wyatts. Es dämmerte schon, und die Lichter brannten. Maddox öffnete das Handschuhfach, holte einen Revolver mit kurzem Lauf hervor und schob ihn in die Tasche seines schwarzen
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