Die Angune (German Edition)
kommt, dann komm t sie zu Euch?«
»Nein!«
»Nein?«
»Ich kann sie rufen, aber ich weiß nie ob und wann sie kommt, und was sie machen wird. Ich kann sie nicht fragen und ich kann ihr auch nichts sagen. Ich habe keinen Einfluss auf das was geschehen wird.«
»Aber Ihr seid ihr schon begegnet?«
»Oh ja! Irgendwann im Laufe der Geschehnisse kreuzen sich unsere Wege immer mal wieder. Aber Ratschläge geben oder Einfluss nehmen kann ich nicht!«
»Aber wie weiß sie denn, wo das ... wo euer Problem liegt, und was von ihr erwartet wird?«
»Das ist das Geheimnis der Götter und liegt jenseits der Grenzen weltlicher Magie, Meister der geschriebenen Worte!«
Calaele'en schaute die Maga an und nickte schweigend mit dem Kopf.
Das war es also!
Die Maga murmelte einen Zauberspruch, und wenn ihr i rgendwann danach - das konnten Tage sein, oder Dekadome später - eine rothaarige Frau über den Weg lief, sah sie ihre Anrufung als erfüllt an! Das war schon eine etwas enttäuschende Erkenntnis für den Meister der Schriften, änderte aber nichts an den Vorgängen im Badehaus.
»Diese rothaarige Frau, ... Eure Angune, ... ist also jetzt in Rinu'usala und niemand weiß was sie vorhat!«
Die Uri Dran'ja nickte zustimmend mit dem Kopf.
»Ja, so ist es!«
Calaele'en Obra Barkarië, der Gelehrte der geschriebenen Worte und Mitglied des Ältestenrates der Elfischen Gemeinschaft schwieg. Die Lage war höchst unbefriedigend für ihn. Nicht nur, weil irgendwo draußen im Verborgenen eine Gruppe von Arkanen mit ihrer hinterlistigen Kriegstreiberei die elfische Gemeinschaft in Gefahr brachte. Jetzt mischte sich auch noch eine fremde Person ein, von der niemand wusste wer sie war, woher sie kam und was sie eigentlich wollte. Die Maga war der festen Überzeugung, es sei die von ihr beschworene Angune. Viel wahrscheinlicher war, dass es nur eine einfache Sterbliche war, die zufälligerweise des Weges kam, und die wegen ihres ungewöhnlichen, roten Haares unnütze Aufregung verursachte.
Aber die Gnome?
Offensichtlich kannten die beiden Gnome aus dem Badehaus der 4000 Säulen die rothaarige Fremde!
Die Gnome waren eins der ältesten Völker überhaupt auf Ersoh, noch viel älter als alle elfischen Rassen, d.h. als die L inien der hochgewachsenen Elfenvölker und die kleineren Zwergenrassen. Etymologische Untersuchungen hatten ergeben, dass das Wort "Gnom" ein sehr altes Wort war, und der längst vergangenen Sprache der Urahnen angehörte, die damit den Verstand bezeichneten. Einige Wissenschaftler - zu denen auch Calaele'en Obra Barkarië gehörte - vertraten daher die These, dass es sich bei den Gnomen um ein scharfsinniges und intelligentes, uraltes Volk handelte. Leider hatten sie einige Eigenarten, die sie vollkommen in Verruf gebracht hatten.
Am auffallendsten waren ihre Augen. Sie waren schlicht unheimlich. Die Lederhaut ihrer Augäpfel schimmerte matt wie poliertes Silber. Diese leblosen Augen begründeten den Ruf, dass sie keine Seele hätten.
Ein anderes Problem war ihr mimosenhafter Charakter. Die Selbstmordrate bei den Gnomen war erschreckend hoch. Dies war der zweite Grund warum sie weitgehend gemieden wurden, denn den meisten Leuten war es zuwider, dass diese Kreaturen sich bei einem einzigen falschen Wort einfach erhoben, wortlos über ein Geländer stiegen und in der Tiefe den Tod suchten.
Den Wissenschaftlern, die die These einer seelenlosen Kr eatur vertraten, kam dieses Benehmen natürlich entgegen. Die Seele macht aus einem Lebewesen ein Individuum mit einer Identität und einer Persönlichkeit, und wer keine Seele hat, konnte auch keine Persönlichkeit, keinen Charakter, haben. Und Selbstmörder haben ihren Charakter, ihre Seele, vor langer Zeit aufgegeben. Die Leichtigkeit mit der die Gnome den Freitod suchten, war also für viele ein handfester Beweis, dass sie keine Seele hatten, und daher zu der Gesteinswelt oder zu der Pflanzenwelt gerechnet werden mussten.
Und die Daimones?
Metaphysische Schöpfungen, immaterielle - für Calaele'en eher imaginäre - Gestalten deren Ursprung sich ebenfalls im Anbeginn der Zeit verliert. Zwischenwesen sollen sie sein, weder göttergleich noch sterblich. Tiefer gestellte Gottheiten, vielleicht den Gottheiten ähnlich? Wesen, die zwischen den Göttern und den Menschen vermitteln sollen.
Calaele'en schüttelte den Kopf. Ein ganzer Pantheon voll Göttern, Untergöttern, Halbgöttern, Daimones, Geistern, und wer-weiß-was-noch!
Calaele'en hielt inne.
Und Gnome!
Gnome
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