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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Staedtgen
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neben der Tür eine kleine, grauhäutige Kreatur stehen. Sie hielt inne und schaute den Gnom an.
    »Dies ist Tarjh, der gute Geist des Hauses!«, sagte der Meister der Schriften.
    Die Maga schaute mit kühlem und distanziertem Blick au f die kleine, graue Gestalt, die regungslos und unbeteiligt an ihr vorbei in die Ferne starrte. Sie mochte diese uralten Wesen nicht, von denen man behauptete, dass ihre Wurzeln bis in die Entstehungszeit der Welt zurückreichten. Sie konnte, so wie viele andere Magi auch, in den Augen eines Elfen, oder in den Augen eines Zwerges, dessen Seele erkennen. Nur bei den Gnomen nicht. Bei diesen seelenlosen Kreaturen versagten ihre Fähigkeiten. Das Wesen der Gnome entzog sich jeder psychologischer Diagnostik.
    »Wenn Ihr mich für ein paar Minuten entschuldigen würdet, ehrenvolle Maga!«, sagte der Meister der Schriften. »Euer Besuch kommt überraschend und ich möchte Euch nicht im Gewand eines Bettlers empfangen. Bitte schaut Euch nach Herzenslust um. Ich bin gleich zurück. Und wenn ihr etwas braucht, wendet Euch vertrauensvoll an unseren kleinen Freund Tarjh, hier!«
    Der alte Meister der Schriften entfernte sich und die Au fmerksamkeit der Maga wandte sich wieder der blauen Skulptur im Wasserbecken zu.
    Die Figur in Lebensgröße war aus einem erratischen Tü rkiskiesel herausgearbeitet worden und war eine Arbeit von einzigartiger Schönheit. Eine in Draperie gehüllte Frauengestalt saß in aufrechter Körperhaltung auf einem glatten, runden Stein.
    Hier war offensichtlich die Halbgöttin Fostira'a dargestellt. Halbgöttinnen waren weibliche Gottheiten niederen Ranges, welche als wohltätige Geister kleine Teilbereiche der Zweiso nnenwelt überwachten, und Fostira'a war die Personifikation des Waldes. Die Libelle auf ihrer Schulter wachte über die Geschöpfe der Gewässer. Die schlaue Eule auf ihrem Unterarm, als Vogel der Weisheit, sprach für die Geschöpfe der Luft. Und das Veilchen das neben ihrem Fuß blühte, vertrat - als bescheidener aber zäher Überlebenskünstler - die Geschöpfe der Erde. Auch wenn die Halbgöttin sich in einer entspannten Körperhaltung und in tiefer Sammlung zeigte, so war das hinter ihrem Bein hervorspähende Eichelkätzchen eine Warnung, dass sie trotzdem alles erfahren würde, denn das quirlige und nimmermüde Eichkätzchen machte sich als Überbringer von Botschaften nützlich.
    Es war eine bemerkenswerte Arbeit - nicht nur wegen dieses riesigen und überaus seltenen Steins. Solch große Darstellungen der Halbgöttin Fostira'a waren selten, da die Beschützerin des Waldes zu den unbekannteren Halbgottheiten zählte.
    »Ähem!«
    Calaele'en Obra Barkarië räusperte sich vorsichtig, um die in Gedanken versunkene Maga nicht noch einmal zu erschrecken. Im Gegensatz zu seiner Ziegenhirtenkluft von vorhin, hatte er jetzt eine vornehme weiße Toga aus Leinen umgeschlagen. Der Saum der Toga war mit einer breiten, blauen Borte verziert, die ihn als Mitglied des Ältestenrates der Elfischen Gemeinschaft auswies. Blau hatte eine beruhigende Wirkung und stand für Harmonie und Ausgeglichenheit, alles Attribute die ein Mitglied des Ältestenrates besitzen sollte.
    »Wie ich sehe, genießt die Statue der Fostira'a Eure ganze Aufmerksamkeit, verehrte Maga!«
    Die Uri Dran'ja musterte den Meister der Schriften kurz. Er wirkte jetzt so ganz anders - ja, richtig erhaben und vornehm.
    »Es ist ein bemerkenswertes Werk! Und das nicht nur w egen des ungewöhnlich großen Türkiskiesels.«
    »Ja, in der Tat, es ist ein sehr schöner Stein, und in dieser Größe sicher einmalig. Aber Ihr seid wahrscheinlich nicht hierhergekommen, um mit mir über Edelsteine oder die Bildhauerkunst zu fachsimpeln.«
    »Nein, das bin ich nicht.«
    Der Meister der Schriften ging zu einer Bank.
    »Bitte, setzt Euch doch, ehrenwerte Maga, und erzählt mir von Eurem Anliegen. Was kann ein alter Mann für Euch tun?«
    Die Maga und der Meister der Schriften setzten sich.
    »Ungewöhnliche Ereignisse haben mich bewogen, das G espräch mit Euch zu suchen, ehrenwerter Meister der geschriebenen Kunst.«
    »Ihr genießt meine ganze Aufmerksamkeit!«
    »Erinnert Ihr Euch noch an unser Gespräch vor ein paar Dekadomen. Ihr suchtet mich auf, weil ihr Gefahr für den Ältestenrat der Elfischen Gemeinschaft erahntet.«
    »In der Tat, so war es ... so ist es! Ich suchte das Gespräch mit der weisen Uri, zu der die Leute gehen, wenn sie ein Problem haben.«
    »Und ich versprach zu helfen!«
    ›Oh, nein!

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