Die Angune (German Edition)
auf den Boden. Der schmerzhafte Aufprall trieb ihr die Luft aus den Lungen. Heftig hustend blieb sie am Boden liegen und versuchte verzweifelt die restliche Erde aus dem Gesicht zu wichen. Als sie die Augen wieder zu öffnen wagte, erkannte sie wie die kleinwüchsige Gestalt mit seinem großen Vorschlaghammer wieder zurückgerannt kam und schon fast bei ihr war. Er hielt den Vorschlaghammer mit beiden Pranken fest, reckte die kurzen Arme hoch in die Luft und senkte den Hammerkopf tief hinter seinem Rücken hinab. Er wollte maximale Spannung in seine Arme bekommen.
Zeit zum Aufstehen blieb Cornelia nicht mehr. Sie versuc hte verzweifelt den Angreifer zu treten, oder mit den Beinen wegzustoßen. Sie spürte wie sie mit einem Fuß das linke Bein ihres Angreifers traf und konzentrierte ihre ganze Kraft auf diesen einen Stoß. Das getroffene Bein des kleinwüchsigen Mannes rutschte weg und seine schwungholende Bewegung erstarrte zu Stein. Dann fing er an zu zittern und immer stärker zu wackeln. Der riesige Vorschlaghammer in seinem Rücken folgte unerbittlich der Anziehungskraft der Erde und schlussendlich kippte der kleine Mann um. Er fiel auf den dicken, eisernen Kopf seines Hammers, der ihm aus den Händen gerissen wurde. Ein schmerzvolles Grunzen drang aus seiner Kehle.
Wertvolle Zeit für Cornelia. Sie sprang auf und wollte e rneut nach ihrem Angreifer treten.
»Tu meinem Papi nicht weh!«
Die kindliche Stimme ließ Cornelia zusammenzucken. Erschrocken schaute sie sich um und entdeckte ein paar Meter entfernt eine kleine, zierliche Gestalt.
W ährend sie noch ungläubig auf diese Erscheinung starrte, spürte sie einen schmerzhaften Schlag auf ihre Beine, die ihr weggerissen wurden. Sie landete hart auf dem Gesäß, und die Schockwelle des Aufpralls wurde unerbittlich über die Wirbelsäule zuerst an das Gebiss und dann an das Gehirn weitergeleitet. Leicht benommen blieb sie einen Moment sitzen, bis ihr Gehirn registrierte, dass ihr Gegner sich wieder aufrappelte und sich anschickte nach dem Vorschlaghammer zu greifen.
Da meldete sich Cornelias Tastsinn. Sie spürte den dicken Stein, auf dem sich ihre linke Hand abstützte. Eher instinktiv vergrub sie ihre Fingerspitzen auf der Steinoberfläche, warf sich herum und versuchte den Liliputaner zu treffen.
Als der Steinbrocken den Zwerg am Kopf erwischte, verschob sich sein linkes Auge nach innen zur Nase hin und blieb dort hängen. Sein ganzer Körper versteifte sich schlagartig. Dann lockerte sich seine Beinmuskulatur wieder. So wie eine gefällte Buche begann er sich langsam zu neigen, kippte schließlich um und schlug hart auf dem Boden auf.
Diesmal blieb er regungslos liegen.
Cornelia erhob sich mit dröhnendem Kopf und ergriff den Stiel des Vorschlaghammers. Sie wollte ihn sicherheitshalber wegtragen. Doch der riesige Hammer war zu schwer für sie. Er ließ sich nicht hochheben. Sie musste den Hammerkopf mit beiden Händen ergreifen, um den Hammer ziemlich umständlich ein paar Meter weit wegschleppen zu können.
Schwer atmend starrte sie auf den kleinen, stämmigen Mann am Boden. Zwei Dinge fielen ihr auf. Zuerst die schäb ige Kleidung, die dreckig und mehrmals geflickt war. Und dann ein riesiger, verfilzter, roter Bart, und die genauso langen strähnigen Kopfhaare, die eine vollständige Glatze einrahmten.
Und sie registrierte das Schluchzen eines weinenden Ki ndes!
Ruckartig drehte Cornelia sich um und sah die kleine, zierl iche Gestalt, dessen Schultern bei jedem Schluchzen erbebten.
»Du ... hast ... meinem ... Papi ... getötet!«, kam es stockend.
»Ich, eh ...?«
Cornelia stand auf und kniete neben ihrem Angreifer ni eder. In dem Moment fiel ihr noch etwas anderes an dem kleinen, massigen Mann auf: Gestank! Eine widerliche Mischung aus Knoblauch, Käse, Schweiß und Dreck stieg ihr in die Nase. Sie zuckte zurück, starrte auf den Mann und schaute wieder auf das Kind. Wenn sie wissen wollte wie es um den Mann stand, kam sie nicht umhin ihn anzufassen. Vorsichtig schob sie die verfilzten Barthaare zur Seite um eine freie Stelle an seinem Hals zu finden. Dort wollte sie die Halsschlagader ertasten. Doch der Hals des Liliputaners war so dicht mit drahthartem Barthaar bewachsen, dass sie keine freie Hautstelle fand.
Dann bemerkte sie, wie sich der Brustkorb des Mannes kaum merklich aber regelmäßig hob und senkte. Er atmete, also lebte er! Cornelia wirkte erleichtert! Sie hatte den Mann nicht erschlagen!
Langsam stand sie auf und ging zu dem
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