Die Angune (German Edition)
den Kopf.
»... und dabei ist er halt KO gegangen.«
»Dieser alte Narr!«, polterte die Zwergenfrau. »Das geschieht ihm recht! Er musste ja unbedingt diese schäbigen Münzen annehmen.«
Die Zwergenfrau wandte sich um und ging schwerfällig mit einem watschelnden Gang zur Hütte zurück.
»Auf Stielen sind ihm seine Augen aus dem Kopf gewachsen, als sie ihm den Geldbeutel gezeigt haben. Und das wenig Hirn das er hat, erstarrte zu Stein. Ich habe ihm gesagt, dass er das Geld nicht annehmen soll, aber er hört ja nie auf mich. Der sture Bock macht immer nur was er will, und wir müssen dann für seine Dummheiten zahlen.«
Mit einer wegwerfenden Handbewegend verstummte die Frau und stampfte weiter.
»Entschuldigen sie ...!«, begann Cornelia.
»Was?«
Ruckartig drehte sich die Frau um und funkelte Cornelia an, die mit den Daumen in die Richtung zeigte aus der sie gekommen war.
»Naja! Euer Mann ist vielleicht verletzt und braucht mögl icherweise Hilfe. Sollten wir nicht ...«
»Erstens ist dieser Dummkopf nicht mein Mann! Und zweitens sollen die Wölfe doch diesen Dummkopf fressen!«
Und im Umdrehen fügte sie noch hinzu:
»Und drittens gibt es keine Wölfe hier!«
Verdutzt blieb Cornelia stehen.
Was wiederum die Zwergenfrau zum Stehenbleiben vera nlasste.
»Und viertens dulden wir keinen Schamanenmörder hier! Los verschwinde, verstanden!«
Sie machte mit dem Zeigefinger ein paar wegscheuchende Bewegungen. Die Zornesfalten auf der Stirn waren noch dunkler geworden, und der Blick noch drohender.
»Was? Nein!«, stotterte Cornelia.
»Wie, was 'Nein'?«
Cornelia hob entschuldigend und beschwichtigend die Hände.
»Verstanden! Ich habe nichts verstanden! Ich habe Euren Mann ..., also den Mann doch gar nicht getötet. Und wenn ich gewusst hätte, dass Ihr ... dass der Mann ein Schamane ist, hätte ich ihn bestimmt nicht angerührt. Bitte glauben Sie mir, gnädige Frau!«
Da fing die Zwergenfrau mit rauer Stimme laut zu lachen an:
»Der und ein Schamane! Zum Henker! Ha, ha, ha!«
Nach diesem Anflug von Heiterkeit kehrte die Härte des Lebens mit all seinen Sorgen wieder in das runde Gesicht der Zwergenfrau zurück. Unbewusst strich sie mit beiden Händen ihre dreckige, mit Flecken übersäte Schürze zurecht.
»Gnädige Frau!«, murmelte sie leise, und zupfte mit beiden Händen an ihrem ebenso dreckigen Rock. »Das hat schon lange niemand mehr zu mir gesagt.«
Und dann fügte sie wieder laut hinzu.
»Du scheinst wirklich keinen blassen Schimmer zu haben, Mädchen! Was?«
Dann musterte sie Cornelia von oben bis unten.
»Nein, du bist kein Schamanenmörder! Und du siehst genauso hager aus wie Ligeria. Wann hast du das letzte Mal gegessen?«
»Ich habe etwas Reiseproviant dabei. In der Hauptsache Zwieback, Käse, Dörrobst und Nüsse. Aber er geht langsam zur Neige.«
»Zwie- ..., was?«
»Zwieback.«
»Kenn' ich nicht! Komm mit! Wir haben zwar nicht viel zum Essen, aber etwas können wir immer noch mit dir teilen.«
Und damit drehte sie sich um und ging zum Haus zurück.
»Wo kommst du her, Mädchen?«, wollte die Zwergenfrau wissen.
»Aus einem ziemlich weit entfernten Land, fürchte ich.«, antwortete Cornelia wahrheitsgemäß. »Und es sieht so aus als hätte ich mich verlaufen.«
Mit etwas Besorgnis begutachtete sie die kleine Hütte die sich an den Felsen schmiegte. Die Außenmauern schienen zwar sehr haltbar und standfest, und waren aus Steinblöcken hergestellt, aber sie waren knapp so hoch wie Cornelia selbst. Die Eingangstür, dagegen, schätzte sie auf 1,5 Meter, und die beiden Fenster links und rechts waren bessere Schießscharten.
»Keine Angst, Mädchen! Drinnen ist es etwas grösser, als es von außen den Anschein hat.«, sagte die Zwergenfrau. »Auch für einen Riesen wie dich müsste es reichen.«
»Hoffentlich!«, murmelte Cornelia. Sie musste sich tief bücken um durch die Eingangstür hindurch zu treten. Doch zu ihrer großen Überraschung verbarg die drei Meter lange Seitenwand der Hütte mehr als sie nach außen hin offenbarte. Im Innern erstreckte sich ein großer Raum weit in den Felsen hinein und erlaubte sogar einer großen Person aufrecht zu stehen. Allerdings war der Geruch im Haus genau so penetrant wie der Geruch seiner Bewohner. Hinzu kam noch beißender Rauch. Vor einer Seitenwand glühte ebenerdig die Asche eines offenen Feuers, das als Kochstelle genutzt wurde.
Cornelias Augen brauchten einen Moment um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, da die beiden
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