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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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ein
Motiv oder eine Schwäche entlocken, aber die Folgen seiner
Flucht stünden in keinem Verhältnis zu diesen etwaigen
Erkenntnissen.
    Galiana wusste so manches. So wie der Wolf Zugriff auf ihre
Erinnerungen hatte, so ahnte sie durch eine schwache, vielleicht
gewollte Rückkopplung auch etwas von seiner Geschichte. Nichts
Konkretes; so gut wie nichts, was sie hätte in Worte fassen
können. Nur eine schemenhafte Aneinanderreihung von chirurgisch
sauberen Xenoziden, die zurückreichte bis in die fernste
Vergangenheit; ein grauenvoller Säuberungsfeldzug gegen
aufstrebende intelligente Spezies. Man hatte über hunderte von
Jahrmillionen mit pedantischer Genauigkeit Buch geführt. Jeder
neue Rassenmord war einen weiteren Eintrag im großen Hauptbuch
wert gewesen. Sie ahnte auch, dass es hin und wieder zu panischen
Aktionen gekommen war – dass eine Rasse später ausgemerzt
wurde, als es wünschenswert gewesen wäre. Ganz selten hatte
man auch einmal brutal durchgegriffen, weil man beim ersten Mal nicht
gründlich genug gearbeitet hatte.
    Doch was sie vermisste, war ein völliges Scheitern.
    Auf einmal, es war wie ein Schock, wich der Wolf zurück. Er
ließ sie sprechen.
    »Skade«, sagte Galiana.
    »Was ist?«
    »Ich bitte dich, töte mich. Töte mich auf der
Stelle.

 
Kapitel 1

     
     
    Antoinette Bax wartete, bis die Polizeidrohne die Luftschleuse
verlassen hatte. Die Maschine bestand nur aus glatten schwarzen
Panzerplatten und scharfen Insektengliedern und erinnerte entfernt an
eine abstrakte, aus Scherenteilen zusammengesetzte Skulptur. Sie war
eisig kalt, denn sie hatte an der Außenseite eines der drei
Polizeikutter gesessen, die Antoinettes Schiff eingekreist hatten.
Und sie war mit einer uringelben Schicht aus gefrorenem Treibmittel
überzogen, das nun allmählich auftaute und in hübschen
kleinen Kringeln und Spiralen an ihr herunterrann.
    »Bitte zurücktreten«, sagte die Polizeidrohne.
»Vor körperlichem Kontakt wird gewarnt.«
    Das Treibmittel verbreitete einen stechenden Geruch. Antoinette
klappte ihr Helmvisier herunter, als die Drohne an ihr
vorbeitrippelte.
    »Ich weiß nicht, was du hier zu finden hoffst«,
sagte sie und folgte ihr in diskretem Abstand.
    »Das kann ich erst sagen, wenn ich es gefunden habe«,
antwortete die Drohne. Sie hatte die Frequenz von Antoinettes
Anzugradio bereits identifiziert.
    »He, hör mal. Ich habe nichts mit dem Schwarzmarkt zu
tun. Dafür lebe ich viel zu gerne.«
    »Das sagen sie alle.«
    »Was könnte man ins Hospiz Idlewild denn schon
groß schmuggeln? Das ist doch nur ein Haufen von asketischen
religiösen Spinnern. Wer sollte sich dort für Schmuggelware
interessieren?«
    »Sie verstehen also doch etwas von Schmuggelware?«
    »Das habe ich nie…«
    »Schon gut. Aber bedenken Sie, Miss Bax, wir befinden uns im
Krieg. Da muss man mit allem rechnen.«
    Die Polizeidrohne blieb stehen und bewegte ihre Glieder. Von den
Gelenken sprangen große gelbe Eiskrusten ab. Der Körper
der Maschine war ein schwarzes Ei mit zahlreichen Öffnungen, aus
denen Gliedmaßen, Greifwerkzeuge und Waffen sprießten.
Für einen Piloten war in seinem Innern kein Platz. Es reichte
gerade für die Technik, die dafür sorgte, dass die Drohne
mit dem Piloten in Verbindung blieb, der sich, von allen nicht
lebenswichtigen Organen befreit, in einem Lebenserhaltungstank auf
einem der drei Kutter befand.
    »Du kannst dich ja im Hospiz erkundigen, wenn du
willst«, sagte Antoinette.
    »Das habe ich bereits getan. Aber man möchte in solchen
Fällen eben ganz sicher sein, dass alles mit rechten Dingen
zugeht – dafür haben Sie doch sicher
Verständnis?«
    »Ich habe für alles Verständnis, wenn du dafür
von meinem Schiff verschwindest.«
    »Hm. Und warum haben Sie es so eilig?«
    »Weil ich eine Matsch… Verzeihung, einen
Kälteschlafpassagier an Bord habe und nicht möchte, dass er
mir vorzeitig auftaut.«
    »Den Passagier möchte ich mir gerne ansehen. Ist das
möglich?«
    »Ich kann es dir wohl kaum verwehren.« Sie hatte mit
diesem Ansinnen gerechnet und ihren Vakuumanzug bereits angelegt,
bevor die Drohne an Bord gekommen war.
    »Gut. Es dauert nur eine Minute, dann können Sie
weiterfliegen.« Die Maschine hielt kurz inne. »Immer
vorausgesetzt natürlich, dass keinerlei
Unregelmäßigkeiten festgestellt werden«, fügte
sie noch hinzu.
    »Hier entlang.«
    Antoinette zog ein Stück der Wandverkleidung auf. Dahinter
öffnete sich ein Kriechgang, der zum Frachtraum der Sturmvogel

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