Die Arche
das Château
stürmten, zerstörte sie viele von den Objekten, die sie aus
dem Raumschiff der Made geborgen hatte. Einige hatte Skade
mitgenommen. Aber es blieben noch so viele übrig, dass auch wir
damit arbeiten konnten. In letzter Zeit haben wir erfreuliche
Fortschritte gemacht. Ist Ihnen aufgefallen, wie mühelos meine
Schiffe dem Konvent davonflogen und unbemerkt durch den scharf
bewachten Hoheitsraum schlüpften?«
Clavain nickte. Er erinnerte sich, wie kurz ihm der Flug nach
Yellowstone erschienen war. »Auch sie können das Verfahren
einsetzen.«
»Nur in sehr bescheidenem Rahmen, wie ich gestehen muss. Aber
es ist richtig, wir haben in einige von unseren Schiffe
trägheitsunterdrückende Anlagen eingebaut. Es genügt
schon, die Masse eines Schiffes nur um vier Fünftel zu
reduzieren, um jedem Kutter des Konvents einfach davonzufliegen, aber
ich nehme an, dass die Synthetiker noch sehr viel weiter
sind.«
Clavain nickte zögernd. »Mag sein.«
»Dann wissen sie sicher auch, dass das Verfahren ungemein
gefährlich ist. Das Quantenvakuum befindet sich normalerweise in
einem ziemlich stabilen Potenzialminimum, Mr. Clavain, einem
schönen tiefen Tal in einer Landschaft von möglichen
Zuständen. Sobald man jedoch anfängt, daran herumzupfuschen
– etwa, indem man es abkühlt, um die Fluktuationen zu
dämpfen, die die Trägheit verursachen –,
verändert man die gesamte Topologie dieser Landschaft. Die
stabilen Minima werden zu schwankenden Gipfeln und
Höhenzügen. Daneben entstehen Täler, die mit ganz
anderen Eigenschaften eingebetteter Materie in Verbindung gebracht
werden. Kleine Schwankungen können zu massiven
Zustandsänderungen führen. Soll ich Ihnen eine
Horrorgeschichte erzählen?«
»Sie werden sich sicher nicht davon abhalten
lassen.«
»Ich habe die besten Leute engagiert, Mr. Clavain, die Elite
der Theoretiker aus dem Rostgürtel. Wer jemals das
leiseste Interesse an der Natur des Quantenvakuums gezeigt hatte,
wurde hierher gebracht und davon überzeugt, dass es in seinem
Interesse läge, uns zu helfen.«
»Erpressung?«, fragte Clavain.
»Du meine Güte, nein. Nur sanfter Druck.« H sah
sich um und grinste. Seine Schneidezähne waren spitz
zugeschliffen. »Und meistens war auch das nicht nötig.
Meine Ressourcen waren besser als die der Demarchisten. Ihre
Nachrichtendienste lösten sich zusehends auf, deshalb wussten
sie nichts von der Made. Die Synthetiker hatten ihr eigenes Programm,
aber um für sie zu arbeiten, hätten die Wissenschaftler
ebenfalls der Synthese beitreten müssen – und nur um ihre
Neugier zu befriedigen, wäre ihnen dieser Preis zu hoch gewesen.
In Anbetracht der Alternativen waren die Leute, die ich ansprach,
gewöhnlich nur zu gern bereit, ins Château zu
kommen.« H hielt inne und fuhr in einem neuen, fast schon
melancholischen Ton fort: »Unter ihnen war auch ein Genie, das
früher für die Demarchisten gearbeitet hatte, eine Frau
namens Pauline Sukhoi.«
»Ist sie tot?«, fragte Clavain. »Oder ist ihr
womöglich noch Schlimmeres widerfahren?«
»Nein, keineswegs. Aber sie arbeitet nicht mehr für
mich. Nach dem, was geschah – und was uns so sehr beunruhigt
–, konnte sie sich nicht mehr dazu überwinden. Ich konnte
das gut verstehen und verschaffte ihr im Rostgürtel eine
andere Anstellung.«
»Was immer geschah, muss wirklich erschreckend gewesen
sein«, sagte Clavain.
»Wahrhaftig. Für uns alle, aber ganz besonders für
Sukhoi. Wir hatten viele Experimente laufen«, sagte H.
»Hier unten in den Kellerräumen des Château
untersuchte ein Dutzend kleiner Gruppen verschiedene Aspekte der
Maden-Technologie. Sukhoi war seit einem Jahr an dem Projekt
beteiligt und hatte sich als hervorragende, wenn auch tollkühne
Forscherin bewährt. Sie beschäftigte sich mit
Übergängen in einige der weniger stabilen
Zustände.«
Sie gingen an mehreren Türen vorbei, hinter denen
große, dunkle Räume lagen, und blieben schließlich
vor einer stehen. Aber H trat nicht ein. »Hier ist es passiert.
Seither will niemand von den Mitarbeitern den Raum mehr betreten. Sie
behaupten, die Feuchtigkeit konserviere das Geschehen. Spüren
Sie es nicht auch, Mr. Clavain? Eine bedrückende Vorahnung, ein
animalischer Instinkt, der Ihnen zuruft: Tritt nicht
ein?«
»Wenn Sie mir so eindringlich suggerieren, dass mit dem Raum
etwas nicht stimmt, kann ich nicht mehr objektiv sagen, was ich
empfinde.«
»Gehen Sie hinein«, sagte H.
Clavain setzte den Fuß auf den glatten, ebenen
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