Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
Einführung des Herausgebers
Ich bin mir nicht sicher, ob das Buch, das Sie in den Händen halten, ein Novum ist, denn es war ursprünglich ein Hörbuch, und damit verhält es sich normalerweise andersherum. Anfang 2008 nahm der Hörbuchverlag Audible.com Kontakt mit mir auf und fragte mich, ob ich interessiert wäre, eine Hörbuch-Anthologie zusammenzustellen. Ich fand diese Idee wirklich interessant. Meine Romane wurden bereits als Hörbücher umgesetzt, aber direkt für dieses Medium zu schreiben war eine Herausforderung, die mich reizte, vor allem, wenn ich ein paar willige Mitarbeiter hatte.
Aber ich wollte auf keinen Fall die übliche Anthologie machen, bei der den Autoren ein Thema vorgegeben wird und sich dann jeder isoliert von den anderen an die Arbeit macht. So etwas gab es schon oft, und manchmal passten die Autoren und die Ideen nicht gut zusammen. Was ich für viel interessanter hielt, war der Plan, ein paar kluge, engagierte Autoren zusammenzutrommeln und sie gemeinsam eine Welt bauen zu lassen, und wenn diese Welt etabliert war, sollten sie ihre Geschichten schreiben. Das hätte den Vorteil eines gemeinschaftlich erschaffenen Schauplatzes – alles würde in derselben Welt stattfinden -, auf dem die einzelnen Autoren ihre Geschichten trotzdem in ihrem individuellen Stil schreiben konnten. Der berühmte Vorläufer hiervon war Harlan Ellisons klassische Anthologie Medea: Harlan’s World . Außerdem wäre klar, dass die Autoren gut mit der Welt zurechtkommen würden, da sie sie schließlich miterschaffen hatten.
Der Schlüssel sollten die Autoren selbst sein, weil sie die Ideen für die Konstruktion der Welt liefern würden. Und wir hatten großes Glück mit der Gruppe, die sich dann zusammenfand: Elizabeth Bear, Tobias Buckell, Jay Lake und Karl Schroeder (sowie meine Wenigkeit, da ich ebenfalls eine Story beisteuern wollte und als Herausgeber des Projekts fungieren sollte). Wenn Sie regelmäßig Science Fiction lesen, muss ich nichts weiter zu diesen Namen sagen, aber ich will trotzdem ein bisschen prahlen: In unserer kleinen Gruppe befanden sich drei Gewinner des John W. Campbell Awards (und vier waren dafür nominiert), ein mehrfacher Gewinner des Aurora Awards (die höchste SF-Auszeichnung in Kanada), zwei Hugo-Gewinner, zwei Autoren, die es in die Bestsellerliste der New York Times geschafft hatten, und einen, dessen Roman von der New York Times als »Bemerkenswertes Buch« gelistet worden war.
Und als Krönung waren alle diese Autoren höchst intelligent und hervorragende Brainstormer. Als Herausgeber muss ich sagen, dass diese Autoren tatsächlich meine erste Wahl gewesen waren, und es freute mich sehr, sie für das Projekt gewinnen zu können. Ich dachte mir, dass ich auf diese Weise als Herausgeber schlauer erscheine, als ich tatsächlich bin.
Und damit behielt ich Recht. Karl Schroeder brachte den Ball ins Rollen, indem er die allgemeine Idee der »zukünftigen Städte« vorschlug – aber nicht der standardmäßigen Zukunftstadt der Jetsons oder ein Neuaufguss der Stadtstaaten des Mittelalters, die mit Technik aufgepeppt sind, sondern die Vorstellung, dass diese Städte so etwas wie »interstitielle Nationen« sind, dass die Bewohner eines künftigen Detroit oder Portland mehr mit Menschen in Hongkong oder Johannesburg gemeinsam haben als mit ihren räumlichen Nachbarn. Daraus ergab sich die Frage, was es für unsere Lebensweise bedeuten würde, wenn sich Stadtbewohner entsprechend verhalten.
Das war der Ausgangspunkt des Gesprächs, aber wenn Sie diese Geschichten lesen, werden Sie bemerken, dass es auf keinen Fall damit aufhörte. Der Titel dieser Anthologie lautet Metatropolis , was so viel bedeutet wie eine »Stadt, die über die Stadt hinausgeht«. Die Städte, von denen Sie hier lesen, sollen genau das sein – ein Schritt über das hinaus, was Sie wissen oder was Sie vermutlich erwartet haben.
Als Herausgeber bin ich natürlich voreingenommen, aber ich finde, diese Autoren haben wunderbare Arbeit geleistet, indem sie die Möglichkeiten dieser Städte erschlossen. Die Geschichten, die in sich abgeschlossen sind, aber trotzdem miteinander zusammenhängen, erschaffen eine Welt, deren Besuch Ihnen bestimmt großen Spaß machen wird. Ich möchte Sie nur darum bitten, gut achtzugeben, denn dies könnte Ihre Zukunft sein. Ich hoffe, Sie sind dafür bereit.
Jay Lake
In den Wäldern der Nacht
Einer der klischeehaftesten Ratschläge für Schriftsteller lautet, dass man »über das
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