Die Arche
der noch das Kommando führte – hatte
diese Landung offenbar geplant, sobald feststand, dass es sich bei
der Zielwelt um einen Wasserplaneten handelte. Es wollte auf dem
Meeresgrund zur Ruhe kommen. Deshalb hatte es die Schwanzspitze
abgeflacht. Unter ihnen brachte das Feuer der Triebwerke das Wasser
zum Kochen. Das Schiff sank durch Dampfsäulen, die zehn,
zwanzig, dreißig Kilometer in die Atmosphäre
hinaufschossen. Das Meer war an dieser Stelle einen Kilometer tief,
denn der Grund fiel vor der Inselgruppe steil ab. Aber das spielte
kaum eine Rolle. Als das Schiff mit einem gewaltigen Seufzer
aufsetzte, ragte der größte Teil noch aus den
aufgewühlten Wellen.
Die Sehnsucht nach Unendlichkeit war auf einer namenlosen
Wasserwelt am äußersten Ende des von Menschen bewohnten
Weltraums unter einem Doppelgestirn gelandet.
Epilog
Noch Tage nach der Landung schallte dumpfes Knirschen aus den
Tiefen des Ozeans. Der Rumpf passte sich dem ungewohnten
Außendruck an. Dann und wann kamen ohne jedes Zutun der
Menschen Servomaten in die Bilgen geeilt, um die Lecks zu flicken,
durch die Seewasser einströmte. Von Zeit zu Zeit schwankte das
Schiff bedenklich, doch allmählich fand es einen festen Stand
und wirkte schließlich weniger wie ein Wahrzeichen, das
jederzeit wieder entfernt werden konnte, als wie eine bizarre
geologische Formation: ein nadeldünner Hohlkörper aus stark
verwittertem Bimsstein oder Obsidian; ein vor Urzeiten natürlich
entstandener Meeresturm, in den die Menschen unzählige Tunnels
und Höhlen getrieben hatten. Die silbrig-graue Wolkendecke riss
nur gelegentlich auf und gab den Blick auf einen pastellblauen Himmel
frei.
Erst nach einer Woche verließen die ersten Passagiere das
Schiff. Shuttles umkreisten es tagelang wie ein aufgescheuchter
Möwenschwarm. Obwohl nicht alle Andockluken unter Wasser lagen,
war noch niemand bereit, den Ausstieg zu wagen. Doch man nahm wieder
Kontakt zu den Gruppen auf, die bereits vorher auf der Schieberwelt
gelandet waren und nun von der Oberfläche aus
herüberflogen. Von der nächsten Insel – sie war nur
fünfzehn Kilometer entfernt – fuhren Boote über das
Meer bis an den senkrecht aufragenden Schiffsrumpf heran. Bei
günstigem Gezeitenstand konnte man vom Wasser aus eine kleine,
nur für Menschen bestimmte Luftschleuse erreichen.
Clavain und Felka saßen im ersten Boot, das auf der Insel
eintraf. Während der Überfahrt durch den feuchten, grauen
Nebel sprachen sie kein Wort. Clavain fror und sah bedrückt die
schwarze Schiffswand im Nebel verschwinden. Das Meer war in diesem
Bereich – am Rand einer größeren Konzentration von
Schieber-Biomasse – gesättigt mit schwimmenden
Mikroorganismen und dick wie eine Suppe. Die ersten Organismen hatten
sich bereits oberhalb der Wasserlinie an die Wand des Raumschiffs
geheftet, eine unregelmäßige Kruste, fast wie
Grünspan, die den Anschein erweckte, als läge die Sehnsucht nach Unendlichkeit seit Jahrhunderten hier. Clavain
überlegte, was sie tun sollten, falls sich das Schiff auf Dauer
weigerte, wieder zu starten. Sie hatten zwanzig Jahre Zeit, es zu
überreden, sollte es allerdings beschlossen haben, hier Wurzeln
zu schlagen, dann würde es sich wohl kaum davon abbringen
lassen. Vielleicht hatte es die letzte Ruhestätte gefunden, an
der es, ein Denkmal seiner Schuld und seiner Sühne, bleiben
wollte.
»Clavain…«, sagte Felka.
Er sah sie an. »Es geht mir gut.«
»Du siehst müde aus. Aber wir brauchen dich, Clavain.
Der eigentliche Kampf hat noch gar nicht begonnen. Begreifst du
nicht? Was bisher geschah, war nur ein Vorspiel. Wir haben jetzt die
Geschütze…«
»Nur eine Handvoll. Und Skade ist noch immer hinter ihnen
her.«
»Aber sie muss sie uns erst abnehmen. Und das wird ihr nicht
so leicht fallen, wie sie vielleicht denkt.«
Clavain schaute zurück, doch das Schiff war nicht mehr zu
sehen. »Sollten wir dann noch hier sein, dann hätten wir
ihr nicht viel entgegenzusetzen.«
»Da wären immerhin noch die Geschütze selbst. Aber
bis dahin ist sicher auch Remontoire wieder bei uns. Und mit ihm die Zodiakallicht. Sie wurde nicht völlig zerstört; und
ein solches Schiff kann sich selbst reparieren.«
Clavain presste die Lippen aufeinander und nickte.
»Vermutlich.«
Sie nahm seine Hand, wie um sie zu wärmen. »Was hast du,
Clavain? Du hast uns so lange geführt, und wir sind dir gefolgt.
Du darfst jetzt nicht aufgeben.«
»Das will ich auch nicht«, sagte er. »Ich
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