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Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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und blickte zu den Lampen auf, die sein Gesicht abwechselnd in Schatten und Helligkeit tauchten. »So was kann Epilepsie hervorrufen.«
    »Wie lange waren Sie fort?«
    »Seit gestern nachmittag. Warum?«
    »Sie haben meine Botschaft nicht bekommen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Bist du zurückgekommen und im Palast gewesen?«
    »Ja.« Ihre Unruhe verstärkte sich, als ein bestimmteres Gefühl in ihr Gestalt annahm. »Wir müssen uns beeilen.«
    »Was ist geschehen?«
    Ein dünnes, aufgeregtes Signal erreichte sie, brachte eine dürftige Verbindung mit Chris. »Subzwei wollte sich nicht sagen lassen ...«
    Jan erschrak. »Er hat dich nicht hinausgeworfen, oder?«
    »Nein. Nichts dergleichen.« Die Lampen über ihnen schalteten auf Nachtbeleuchtung um und büßten den größten Teil ihrer Helligkeit ein; alles versank in trübem Halbdunkel. »Oh, verdammt. Verdammt.« Sie begann zu rennen.
    Sie konnte Jan hinter sich hören, aber ihre Aufmerksamkeit war auf Chris konzentriert; als sie die Arkaden erreichte, begriff sie, daß er nicht im Palast war. Sie machte halt und stand mit gesenktem Kopf, die Augen geschlossen, lauschend, die Fühler ihrer Wahrnehmung durch den Lärm und das wirre Gemisch von Stimmen und Musik ausgestreckt.
    Nicht weit voraus füllten Lichtvorhänge den offenen Eingang einer Schänke. Angelockt von Chris' schwacher Ausstrahlung, schlüpfte Mischa hindurch ins Innere. Zwischen purpurnen und grünen Lichtern sah sie ihn an der Wand stehen, Subeins gegenüber, der ihn mit so schnellen Bewegungen ohrfeigte, daß Chris die Schläge nicht abwehren konnte. Mischa knöpfte die Tasche zu, in der sie die Kapsel mit Schlaf verwahrte. Subeins wandte sich lachend zu Draco und sagte etwas, worauf dieser in sein Lachen einstimmte. Chris richtete sich auf, das blasse Gesicht wutverzerrt. Er löste sich von der Wand, zog sein Messer und ließ die Klinge herausspringen. Mischa zögerte, um ihn zu beobachten; sie verspürte Stolz auf die Person, die er gewesen war und wieder sein könnte.
    Er sagte etwas zu Subeins; Mischa konnte es nicht verstehen. Aber sie sah und fühlte den Jähzorn des Fremden. Subeins' Arm schoß vor, um Chris bei der Gurgel zu packen. Chris stieß das Messer aufwärts und schlitzte den bloßen Unterarm des anderen auf. Die Klinge blitzte rubinrot, Subeins brüllte auf. Von ihrem Standort konnte Mischa sehen, daß die Wunde nicht gefährlich war.
    Sie wußte, was geschehen würde, bevor Subeins in seine Jacke griff. Unter ausgeglichenen Bedingungen hätte Chris kämpfen können. Er war gut; er war gut gewesen.
    Mischa schrie auf und sprang auf die beiden zu, aber sie hörten nicht auf sie. Subeins' Waffe war eine Laserlanze. Ihre Reflexe machten sich selbständig. Sie schleuderte ihren Dolch.
    Feuer sengte sie von der Schulter zur Hüfte. Sie hörte Subeins schreien, als sie zusammenbrach.
    Durch den verdunkelnden Dunst der tiefen Farben sah Jan das Aufblitzen der Waffe jenseits von Mischa, und als sie fiel, schrie er auf, da er meinte, sie sei getroffen. Er war sich undeutlich bewußt, daß auch Subeins am Boden lag, aber der Gestank verbrannten Fleisches überwältigte seine Sinne. Er warf sich neben Mischa auf die Knie, biß die Zähne zusammen und drehte sie auf den Rücken, voll Furcht vor dem Anblick, den er erwartete. Aber durch irgendeinen glücklichen Umstand war sie bis auf eine Abschürfung an der Wange, wo sie gefallen war, unverletzt geblieben. Ihre Augenlider zuckten; er fühlte die Spannung ihrer Muskeln, als sie zu sich kam. Sie schlug die Augen auf, starrte ihm verständnislos ins Gesicht, bis auf einmal die Erkenntnis in ihre grünen Augen kam. »Jan ...« Sie rappelte sich auf, blickte suchend umher. Im nächsten Augenblick erstarrte sie; ein schriller Verzweiflungslaut brach ihr von den Lippen. Jan folgte ihrem Blick. Er sah den jungen Mann ausgestreckt am Boden liegen, eingehüllt in ein Bahrtuch aus scharlachrot und purpurn fließendem Licht. Und er sah eine schreckliche Verbrennung, eingefaßt vom verkohlten Gewebe der Kleidung. Mischa stand schwankend, auf ihn gestützt. »Bist du verletzt?« fragte er sie.
    »Nicht – verbrannt«, antwortete sie. »Gehen Sie, Jan, schnell. Ich weiß nicht, was passieren wird.«
    Aber er folgte ihr zu Subeins, der blutend am Boden lag und vor Schmerz und Wut stöhnte. Draco kniete über ihm und drückte auf eine Wunde, hoch in Subeins' Brust. Mischa fiel neben dem jungen Mann auf die Knie. Als Subeins sie sah, griff er zur Waffe.

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