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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Brooklyn gemacht. Die Zwillinge schlafen sofort nach dem Essen ein, und Mam legt sie aufs Bett, um die Windeln zu wechseln. Sie schickt mich zum Klo am Ende des Ganges, wo ich die Windeln ausspüle, damit sie aufgehängt werden können und am Morgen trocken sind und wieder benutzt werden können. Malachy hilft ihr, den Zwillingen den Po zu waschen, obwohl er auch zum Umfallen müde ist.
    Ich krieche zu Malachy und den Zwillingen ins Bett. Bevor ich einschlafe, höre ich Mam am Küchentisch; sie raucht eine Zigarette, trinkt Tee und weint. Am liebsten würde ich aufstehen und
ihr sagen, daß ich bald ein Mann bin und in der Fabrik mit dem großen Tor Arbeit kriege und jeden Freitagabend mit Geld für Eier und Toast und Marmelade nach Hause komme, so daß sie wieder Von deinem Mund wollte ich einen Kuß singen kann.
    In der nächsten Woche verliert Dad seinen Job. Am Freitag abend kommt er nach Hause, schmeißt seinen Lohn auf den Tisch und sagt zu Mam, bist du jetzt glücklich? Du stehst vor dem Tor rum und jammerst und machst mich schlecht, und schon feuern sie mich. Die haben nur nach einem Vorwand gesucht, und du hast ihn ihnen geliefert.
    Er nimmt ein paar Dollar von seinem Lohn und geht weg. Spät in der Nacht kommt er wieder nach Hause, mit Gesang und Gebrüll. Die Zwillinge weinen, und Mam beruhigt sie und weint dann längere Zeit selber.
     
     
    Wir verbringen viele Stunden auf dem Spielplatz, wenn die Zwillinge schlafen, wenn Mam müde ist und wenn Dad mit dem Whiskeygeruch nach Hause kommt und grölt, daß Kevin Barry an einem Montagmorgen gehängt wird, oder das Lied über Roddy McCorley:

    So kommt er die Straße heran ohne Eil’,
    Jung, lächelnd und ohne zu quengeln.
    Stolz trägt um den Hals er das hanfene Seil,
    Wo die goldenen Locken sich schlängeln.
    Keine Träne den Glanz seines Auges je trübt,
    Denn blau kündet es von Irlands Ruhm,
    Als sich Roddy McCorley zum Sterben begibt,
    Heute noch, auf der Brücke von Toome. Ref 9
    Wenn er singt, marschiert er um den Tisch herum, und Mam weint, und die Zwillinge heulen mit ihr. Sie sagt, geh an die Luft, Frankie, geh an die Luft, Malachy. Ihr sollt euern Vater nicht so sehen. Bleibt schön auf dem Spielplatz.
    Wir gehen gern auf den Spielplatz. Wir können mit den Blättern spielen, die dick den Boden bedecken, und wir können uns gegenseitig auf der Schaukel anschubsen, aber dann kommt der Winter in die Classon Avenue, und die Schaukeln frieren ein, und man kann sie nicht mal mehr bewegen. Minnie McAdorey sagt, Gott helfe diesen armen kleinwinzigen Buben. Keinen einzigen Handschuh haben sie insgesamt. Da muß ich lachen, weil ich weiß, daß Malachy und ich insgesamt vier Hände haben, weswegen ein Handschuh dumm wäre. Malachy weiß nicht, worüber ich lache; er weiß überhaupt nicht viel; das kommt erst, wenn er vier ist. Oder schon fast fünf.

    Minnie nimmt uns mit zu sich nach Hause und gibt uns Tee und Haferbrei mit Marmelade drin. Mr. McAdorey sitzt mit Maisie, dem neuen Baby, auf einem Sessel und singt. Er hält ihre Flasche und singt:
    Klatscht in die Hände, klatscht in die Hände,
Unser Dad kommt heim.
Hat die Taschen voll Gebäck
Für Maisie ganz allein.
Klatscht in die Hände, klatscht in die Hände,
Unser Dad kommt heim.
Hat die Taschen voller Geld,
Und Mammy, die hat keins. Ref 10
    Malachy versucht, das Lied zu singen, aber ich sage zu ihm, er soll das lassen, das Lied gehört Maisie. Er fängt an zu weinen, und Minnie sagt, na na na, du kannst das Lied gern singen, es gehört allen Kindern. Mr. McAdorey lächelt Malachy an, und ich frage mich, was das für eine Welt ist, wo jeder die Lieder anderer Leute singen kann, wie es ihm gerade paßt.
    Minnie sagt, zieh die Stirn nicht so in Falten, Frankie. Davon kriegst du nur ein finsteres Gesicht, und es ist weiß Gott so schon finster genug. Eines Tages hast du eine kleine Schwester, und dann kannst du ihr das Lied vorsingen. Och, aye. Bestimmt kriegst du noch eine kleine Schwester.
Minnie hat recht, und Mams Wunsch geht in Erfüllung. Bald gibt es ein neues Baby, ein Mädchen, und sie nennen es Margaret. Wir alle lieben Margaret. Sie hat schwarzes lockiges Haar und blaue Augen wie Mam, und sie winkt mit ihren kleinen Händen und zwitschert wie alle kleinen Vögel auf den Bäumen entlang der Classon Avenue. Minnie sagt, der Tag, an dem Margaret gemacht wurde, war ein Festtag im Himmel. Mrs. Leibowitz sagt, nie hat die Welt solche Augen gesehen, so ein Lachen, so ein Glück. Ich muß tanzen,

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