Die Astronauten
Gewalt in den Gang gepreßt worden, daß die Seitenwände ein ganzes Netz feiner Sprünge zeigten. Unter dem furchtbaren Druck von oben hatte sich dieses keilförmige Bruchstück so fest mit dem umgebenden Gestein verbunden, daß es sich nur durch seine etwas dunklere Farbe unterschied. Dort, wo es den Boden der Grotte berührte, lag Sand. Darin erblickte ich eine flache, ovale Vertiefung, das letzte Glied der Spur, die uns hierher geführt hatte und die hinter diesem unüberwindbaren Hindernis verschwand.
»Das habe ich nicht voraussehen können«, sagte Arsenjew leise, wie zu sich selbst. Er setzte sich auf einen Stein.
»Schalte den Reflektor aus, damit die Batterie nicht zu schnell verbraucht wird. Sie kann uns noch von Nutzen sein.«
»Wir sind vollkommen eingeschlossen.«
»Ich weiß. Schalte die Lampe aus.«
Ich tat es. Die Finsternis überfiel mich so jäh, als wäre mir ein schwarzer Vogel vor die Augen geflogen. Ich zwinkerte krampfhaft. Gelbe Sterne zersprühten unter den Lidern. Ich blickte auf das Leuchtzifferblatt meiner Uhr. Vier Minutenwaren erst vergangen, und ich dachte, daß es mindestens eine halbe Stunde gewesen sei.
Aus dem Dunkel sickerte Unruhe. Ich preßte die Lider zusammen und öffnete sie wieder; aber auch nicht der geringste Lichtschimmer erhellte die Grotte. Plötzlich erhob sich Arsenjew; ich hörte, wie er auf und ab schritt. Dann schaltete er wieder das Licht ein. Er begann die Wände mit dem Hammer abzuklopfen. Überall erklang der gleiche, stumpfe Ton. Wir kehrten nun gemeinsam in den Gang zurück und klopften die Wände und Decke ab. Wir untersuchten noch einmal die Einsturzstelle. Nur noch bis zum Gürtel konnte man in die Öffnung kriechen, dann versperrten Felsblöcke den Weg. Ich stemmte, zog, zerrte, schob, die Adern schwollen an, das Blut hämmerte in den Schläfen; aber die Blöcke rückten und rührten sich nicht, sie lagen so fest aufeinander, als wären sie mit Zement verbunden. Dann versuchte es Arsenjew. Nur unsere beschleunigten Atemzüge waren in der Stille zu hören.
Schweigend gingen wir in die Grotte zurück, setzten uns an die Wand und schalteten beide Scheinwerfer aus. Nach einer Weile erinnerte ich mich an Arsenjews Picke. Meine war beim Rucksack geblieben. Ich schaltete den Scheinwerfer wieder ein, eilte den Gang hinauf und begann, auf die Spalten der steinernen Barrikade einzuhämmern. Feine Quarzsplitter sprangen klirrend von meinem Helm ab.
»Hör auf«, sagte Arsenjew, der mir gefolgt war. »Das hat keinen Sinn.«
Ich beschrieb leuchtende Bögen mit dem blinkenden Stahl, schlug mit allen Kräften zu. Der Fels knirschte, gab aber nicht nach. Nur kleine Bruchstücke flogen durch die Luft. Wut packte mich. Ich holte mit solcher Wucht aus, daß ich beinahe gefallen wäre. Der Stiel vibrierte in meinen Händen. Schrill klang das Eisen beim zwecklosen Aufschlag; dann flog es zu Boden. Dicht an der Picke war der Stiel abgebrochen.
»Wie tief sind wir?« fragte ich Arsenjew, als sich mein Atem etwas beruhigt hatte.
»Ungefähr fünfzehn Meter unter der Straße.«
Wieder saßen wir im Finstern. Nach ungefähr zwanzig Minuten glaubte ich, daß ich die eine Seite des Stollens nicht gründlich genug abgeklopft hätte. Dort konnte sich hinter einer dünnen Scheidewand irgendein Durchlaß, ein Spalt befinden,ein Weg, der in Freie führte ... in die Freiheit ... Ich sprang auf und schaltete den Reflektor ein. Sein Licht nahm mir den letzten Rest von Selbsttäuschung. Wir hatten das Gestein genau untersucht. Es gab keine Stelle, die wir nicht beachtet hätten, keinen Spalt, nichts, gar nichts.
»Setz dich«, sagte Arsenjew. Durch den riesigen Schatten schien er reglos mit dem Fels verwachsen. »Setz dich und schalte das Licht aus. Es wird schon gelblich.«
Es war tatsächlich etwas schwächer geworden. Man müßte die Batterie auswechseln ... Sie war dort, wo ich sie zurückgelassen hatte – im Rucksack.
Aufmerksam betrachtete ich das glühende Wolframfädchen in der Birne, dann schaltete ich den Reflektor aus und ließ mich schwer zu Boden sinken. Wir waren seit anderthalb Stunden verschüttet, auf die Uhr mochte ich nicht mehr sehen. Ich preßte den Helm gegen den Felsen.
Dumpfe, rauschende Stille war um uns.
Langsam gewöhnte ich mich an die Finsternis. Reglos saß ich da. Allmählich wurde ich schläfrig. Die erschöpften Muskeln verlangten Ruhe. Ich hatte während des ganzen vergangenen Tages schwer geschuftet, Schutt beseite geräumt, geholfen, den
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