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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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festgebunden war, griff nach den Rudern und paddelte los. Entsetzt rief Marlinka: »Die Strudel werden uns in die Tiefe ziehen! Bist du verrückt?«
    »Durchaus nicht. Ich habe die Strudel eingehend studiert und kenne die Reichweite eines jeden einzelnen.«
    Jeden Ruderschlag zählend, paddelte Cugel hinaus auf den See, dabei beobachtete er die Sterne. »Zweihundert Schritte ostwärts«, murmelte er. »Hundert nordwärts – zweihundert gen Westen – fünfzig nach Süden ...«
    So ruderte Cugel, während links und rechts das saugende Toben der Strudel zu hören war. Doch als der Nebel die Sterne verbarg, sah Cugel sich gezwungen, den Anker zu werfen. »Hier sind wir sicher und von allen Strudeln weit genug entfernt.«
    Das Mädchen wich so weit zurück, wie es in dem Kahn nur möglich war, als Cugel von den Rudern aufstand, um zu ihr zu kommen. »Bist du nicht überglücklich, daß wir endlich allein sind? Mein Gemach in der Herberge war weit bequemer, aber da wir nun einmal hier sind, muß das Boot genügen.«
    »Nein«, wimmerte sie. »Rühr mich nicht an! Die Trauung ist ungültig – sie war nur eine List, damit du den Posten als Wächter auch annahmst.«
    »Für die nächsten sechzig Jahre vielleicht? Oder bis ich aus lauter Verzweiflung auf den Gong schlage?«
    »Ich kann nichts dafür. Ich habe mich höchstens der Fröhlichkeit schuldig gemacht. Aber was wird jetzt aus Vull! Niemand hält Wache, und der Zauber ist gebrochen!«
    »Seine heimtückischen Bewohner haben es nicht besser verdient! Nun haben sie einen großen Teil ihrer Schätze verloren, die Schönste ihrer Maiden, und wenn der Tag anbricht, wird Magnatz über sie kommen!«
    Marlinka stieß einen schrillen Schrei aus, den der Nebel jedoch bald dämpfte. »Sprich nie diesen verfluchten Namen!«
    »Warum nicht? Ich werde ihn über das Wasser brüllen! Ich werde Magnatz wissen lassen, daß der Zauber von ihm genommen ist! Daß er zurückkehren kann, um Rache zu üben!«
    »Nein, nein! Tu das nicht!«
    »Dann mußt du zu mir sein, wie ich es verlangen kann!«
    Weinend gehorchte das Mädchen, und schließlich kündete ein schwaches Rot, das den Nebel durchdrang, den neuen Morgen an. Cugel erhob sich im Kahn, doch noch waren alle Landmarken verborgen.
    Es dauerte eine Weile, bis die Sonne am Himmel stand.
    Inzwischen würden die Vuller bemerkt haben, daß ihr Wächter verschwunden war, und mit ihm ihre Schätze.
    Cugel grinste.
    Der übliche Wind um diese Stunde vertrieb den Nebel, und nun waren all die Landmarken zu sehen, die Cugel sich eingeprägt hatte. Er machte sich daran, den Anker hochzuziehen, doch zu seinem Ärger hatte er sich irgendwie verfangen.
    Er zog mit aller Kraft, und das Ankerseil gab ein wenig nach. Weiter zog er. In der Tiefe begann es zu blubbern. »Ein Strudel!« rief Marlinka erschrocken.
    »Hier ist keiner«, keuchte Cugel und zog heftig weiter. Plötzlich ließ es sich ein gutes Stück mühelos hochziehen. Cugel blickte über die Seite – und starrte in ein riesiges, bleiches Gesicht. Der Anker hatte sich in einem Nasenloch verfangen. Und während er darauf stierte, öffneten sich die Augen.
    Cugel warf das Ankerseil ins Wasser, sprang zu den Rudern und paddelte verzweifelt los, in Richtung auf das Südufer.
    Eine Hand, so groß wie ein Haus, tastete sich aus dem Wasser. Marlinka schrie gellend. Das Wasser wallte gewaltig auf, und eine stürmische Welle erfaßte den Kahn und schleuderte ihn dem Ufer entgegen. Mitten im See setzte Magnatz sich auf.
    Aus der Stadt dröhnte warnend und hörbar verzweifelt geschlagen der große Gong.
    Magnatz hob sich auf die Knie. Wasser und Schlamm troffen von seinem titanischen Körper. Der Anker, der sich durch einen Nasenflügel gebohrt hatte, steckte noch fest, und dicker schwarzer Lebenssaft sickerte aus der Wunde. Mit einer Prankenhand schlug er gereizt nach dem Kahn. Wasser platschte hoch, ein Gischtwall brachte das Boot zum Kentern, daß der Sack mit den Schätzen, Cugel und das Mädchen in die Tiefe zu sinken begannen.
    Cugel strampelte sich an die aufgewühlte Oberfläche. Magnatz war inzwischen ganz auf die Beine gekommen und blickte auf Vull.
    Cugel schwamm ans Ufer und schwankte den Strand hoch. Marlinka war ertrunken und nicht mehr zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seeseite watete Magnatz langsam auf die Stadt zu.
    Cugel zauderte nicht einen Augenblick. Er drehte sich um und rannte so schnell es ging den Berghang hoch.

4. Der Zauberer Pharesm
     
     
    Das Gebirge mit seinen

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