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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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sie nicht allgemein bekannt sind.«
    »Ich kann nicht sofort ja oder nein sagen. Es geht hier um eine gewichtige Entscheidung, deren Für und Wider ich erst gründlich überprüfen möchte.«
    Der Hauptzeigner nickte sichtlich zufrieden. »Sorgfältige Überlegung ist etwas, wozu wir unsere Leute ermuntern, denn hier muß jeder Handstreich eine gezielte Wirkung erreichen. Bei jeder Ungenauigkeit, auch wenn es sich nur um eine Verschiebung von Nageldicke handelt, muß der ganze Steinblock entfernt, ein neuer in den Sockel gefügt und die Arbeit von vorn begonnen werden. Und ehe sie nicht ihren vorherigen Stand erreicht hat, bleibt das Nympharium für alle geschlossen. Aus diesem Grund wollen wir keinen leichtfertigen, unüberlegten Neuzugang in der Gruppe.«
    Firx, dem plötzlich bewußt wurde, daß Cugel vorhatte, eine Weile hierzubleiben, warnte ihn auf schmerzhafteste Weise. Die Hände auf den Leib drückend, schleppte Cugel sich ein Stück zur Seite, um mit Firx zu verhandeln. Der Hauptzeigner beobachtete ihn verblüfft. »Woher soll ich die Kraft nehmen, ohne Stärkung weiterzuziehen?« wandte Cugel sich an seinen Quälgeist, der daraufhin die Stacheln in seine Leber bohrte. »Ja, ich weiß, daß Iucounus Amulett das Schlimmste abwendet, aber ich bringe keinen Bissen Wolfsmilch mehr hinunter. Du solltest nicht vergessen, wenn ich tot umkippe, wirst du deinen Gefährten in Iucounus Käfig nie wiedersehen!«
    Das sah Firx schließlich ein und zog seine Stacheln aus der Leber, wenn auch widerwillig. Cugel kehrte zum Pult zurück, wo der Hauptzeigner durch die Entdeckung eines großen Turmalins abgelenkt war, der die Ausführung einer gewissen Schneckenlinie behinderte. Endlich gelang es Cugel, seine Aufmerksamkeit wiederzugewinnen. »Während ich über Euer Einstellungsangebot nachdenke und über die widersprüchlichen Vorteile einer Verkürzung oder Verlängerung, brauche ich eine Lagerstatt, auf der ich mich ausstrecken kann. Außerdem möchte ich mir ein Bild der von Euch aufgeführten Vergünstigungen machen, sagen wir, einen Tag lang oder auch länger.«
    »Eure Umsicht ist lobenswert. Die meisten Leute heutzutage sind zu schnell mit einer Entscheidung zur Hand, die sie später bereuen. In meiner Jugend war es anders, da gab es noch Besonnenheit und Urteilskraft. Ich werde Euch Zugang in unser Lager verschaffen, dann könnt Ihr Euch von der Richtigkeit meiner Behauptungen selbst überzeugen. Ihr werdet feststellen, daß Pharesm streng, aber gerecht ist, und nur jene seine Härte zu befürchten haben, die die nötige Sorgfalt bei ihrer Arbeit missen lassen. Ah seht! Hier kommt Pharesm, der Zauberer, zu seiner täglichen Begutachtung!«
    Auf dem Pfad näherte sich ein Mann von stattlicher Statur in wallendem, weißem Gewand, mit gütiger Miene und Haar wie gelbe Daunen. Sein Blick war himmelwärts gerichtet, als beschäftigten seine Gedanken sich entzückt mit dem unnennbaren Erhabensten. Die Arme hatte er verschränkt, und er wandelte nicht, sondern schwebte. Die Arbeiter nahmen ihre Mützen ab, verbeugten sich tief und grüßten voll Hochachtung laut im Chor. Pharesm dankte mit einem leichten Nicken. Als er Cugel bemerkte, hielt er kurz an, um sich flüchtig ein Bild des Fortschritts der Arbeit zu machen, dann schwebte er gemessen zum Pult.
    »Alles scheint verhältnismäßig genau ausgeführt worden zu sein«, sagte er zu dem Hauptzeigner. »Allerdings glaube ich, daß die Polierung auf der Unterseite der Oberwölbung 56-16 etwas uneben ist, und ich sehe einen winzigen Kratzer am Säulenkranz des neunzehnten Turmes. Doch weder das eine noch das andere ist von großer Wichtigkeit, deshalb kann von Strafmaßnahmen abgesehen werden.«
    »Die Mängel werden behoben und die unachtsamen Handwerker gerügt, das als mindestes!« rief der Hauptzeigner hitzig. »Gestattet nun, daß ich Euch einen möglichen neuen Arbeiter vorstelle. Er hat keine Erfahrung in diesem Handwerk und möchte es sich erst gründlich überlegen, ehe er eine Entscheidung trifft. Sollte er sich entschließen, hier zu arbeiten, schlage ich vor, daß er zunächst wie üblich als Splittersammler eingesetzt wird, ehe man ihn mit Werkzeuginstandhaltung und Vorausgrabung betraut.«
    »Ja, das wäre das übliche. Aber ...« Pharesm schwebte vorwärts, nahm Cugels Linke und las schnell aus seinen Fingernägeln. Seine bisher so gütige Miene wurde ernst. »Ich sehe Widersprüche vielerlei Art. Klar ist jedoch, daß Eure Begabung nicht im Behauen und

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