Die Baumgartners
dass sie arg mit sich kämpfen musste, um es nicht sofort zu erwidern.
Stattdessen schüttelte sie ihren Kopf. „Ich muss für die Abschlussprüfungen lernen.“
„Dann wirst du also den ganzen Abend allein auf deinem Zimmer hocken?“
„Ja, vermutlich“, erwiderte sie mit einem Schulterzucken.
„Wenn du magst, kann ich dir dabei gern etwas Gesellschaft leisten.“ Verdammt, dieses Lächeln! Und genau in dem Moment, als sie dachte, dass er ihr bereits sein schönstes Lächeln zeigte, wurde es noch breiter und machte ihn noch attraktiver.
„Ich lerne lieber allein.“ Nach dieser Zurückweisung ließen in der Regel die meisten Typen sofort von ihr ab.
Doch er gab nicht auf und lehnte sich jetzt zu ihr herüber, wobei er sich mit den Handflächen auf dem Tisch abstützte, hinter dem sie saß, und ihr tief in die Augen blickte. „Zu zweit macht es nämlich wesentlich mehr Spaß.“
Redeten Sie jetzt eigentlich noch übers Lernen? Sie holte tief Luft und richtete ihren Blick auf einen anderen Studenten, der gerade den Eingang der Cafeteria passiert hatte. Gott sei Dank!
„Ich brauche wirklich keinen Lernpartner, aber danke für das Angebot“, sagte sie abweisend, während sie an ihm vorbei nach der Ausweiskarte griff, die ihr der neu hinzugekommene Student hinhielt.
„Aua!“ Der Typ, der ihr gerade den Ausweis gegeben hatte – sie kannte seinen Namen nicht, erkannte ihn aber an seinem roten Haarschopf und dem farblich dazu passenden Bart – hatte Stephen einen heftigen Klaps auf den Hintern gegeben und grinste. Offenbar hatte Stephen ihre letzten Worte vollkommen überhört. Sie gab dem Rothaarigen seinen Ausweis zurück, der sich daraufhin hinter ihrem Tisch an ihr und Stephen vorbeischlängelte und ihm dabei zuzischelte: „Komm schon, Doc, du weißt doch, dass man die Kleine hier nicht umsonst Die Eiskönigin nennt.“
Carrie saß wie versteinert da. Die Eiskönigin? War das der Spitzname, den sie sich für sie ausgedacht hatten? Obwohl er so wenig mit der Wirklichkeit zu tun hatte, dass er fast schon wieder lustig war, war Carrie überhaupt nicht zum Lachen zumute. Ganz im Gegenteil stand sie kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Sie hörte, wie die beiden herzhaft lachten, als sie sich am Essensausgabeschalter anstellten. Ihre Wangen glühten, und ihre Augen brannten. Sie saß einfach nur regungslos da, war vollkommen unfähig sich zu bewegen, und fühlte, wie ihr die aufsteigende Wut regelrecht die Luft abschnürte.
Ich soll eine Eiskönigin sein? , dachte sie, während ihre Augen sich zu kleinen Schlitzen verengten und sie ihren Mund mit eng zusammengepressten Lippen zu einer kämpferischen Schnute verzog. Das werden wir noch sehen.
* * * *
Carrie war noch ganz nass vom Duschen – sie nahm selbst nach der Frühschicht immer eine lange und heiße Dusche nach der Arbeit – und saß in ihr großes Duschtuch eingewickelt auf der Bettkante, als Maureen von ihrem Morgenseminar zurückkam.
„James hat angerufen“, ließ Carrie sie wissen, nachdem Maureen ihre Bücher aufs Bett geworfen hatte. „Er wollte wissen, was du heute Abend vorhast.“
„Spaßverderber!“ Maureen verdrehte ihre Augen. „Du hast ihm doch hoffentlich gesagt, dass wir heute Abend zusammen in die Bibliothek gehen?“
„Ja, klar.“ Carrie sah zu, wie Maureen auf den kleinen Kühlschrank in der Zimmerecke zustrebte und sich daraus eine Coladose griff. „Du, Mo?“ Carrie nannte sie jetzt bei ihrem Kosenamen.
„Hmh?“ Maureen zog die Lasche von der Dose ab, warf sie in den Mülleimer und begann, die Cola in gierigen Schlucken hinunterzustürzen.
„Würdest du mich als frigide bezeichnen?“
Ein kleiner Schwall klebriger Pepsi sprudelte aus Maureens Mund. Sie schnappte nach Luft, blinzelte kurz mit ihren feuchten Augen und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. „Was?“
Carrie zog einen Flunsch, um ihre zitternde Unterlippe zu verbergen. „Stimmt es eigentlich, dass mich hier alle Die Eiskönigin nennen?“
„Ach, Herzchen...“ Maureen stellte die Coladose auf der Kommode ab, stand auf, lief zu Carrie und setzte sich neben sie auf die Bettkante. „Das sagen die Jungs doch nur, weil es total an ihrem Ego kratzt, dass sie dich nicht mit der üblichen Taktik rumkriegen... Aber frigide bist du deshalb noch lange nicht, und das weißt du ebenso gut wie ich.“ Sie schlang ihren Arm um ihre Freundin und lehnte ihren Kopf mit dem dunklen Lockenschopf gegen Carries Schulter. „Die Kerle kennen dich
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