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Die Begnadigung

Titel: Die Begnadigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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trennen?«
    »Wenn er clever ist. Aber wer weiß?«
    Maynard trank vorsichtig einen weiteren Schluck Tee.
    »Womit könnten wir Morgan unter Druck setzen, falls er nicht mitspielt?«
    »Ich glaube nicht, dass er sich unserem Vorschlag widersetzen wird. Die vorbereitenden Gespräche sind gut gelaufen. Critz scheint auf unserer Seite zu sein. Mittlerweile sieht er die Dinge sehr viel realistischer als Morgan. Ihm ist bewusst, dass sie es ohne den Backman-Skandal nie ins Oval Office geschafft hätten.«
    »Noch mal: Womit könnten wir ihn unter Druck setzen, falls er nicht mitspielt?«
    »Eigentlich mit gar nichts. Er ist ein Idiot, hat aber eine weiße Weste.«
    Sie bogen von der Constitution Avenue auf die 18th Street ab und gelangten bald darauf durch das östliche Tor auf das Grundstück des Weißen Hauses. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer tauchten aus der Dunkelheit auf, dann Mitarbeiter des Secret Service in schwarzen Trenchcoats, die den Fahrer zum Anhalten aufforderten. Codewörter wurden ausgetauscht, Funkgeräte quakten, und wenige Minuten später wurde Maynard aus dem Transporter ausgeladen. Im Weißen Haus wurde sein Rollstuhl nur oberflächlich untersucht, denn darin saß ja nur ein behinderter und in eine dicke Decke verpackter alter Mann.
    Artie steckte den Kopf durch die Tür. Das Anklopfen hatte er sich erneut gespart, doch er hielt keine Bierflasche mehr in der Hand. »Maynard ist da«, sagte er.
    »Er lebt also tatsächlich noch.«
    »So halbwegs.«
    »Dann roll ihn rein.«
    Hoby und einer von Maynards Stellvertretern – ein Mann namens Priddy – folgten dem Rollstuhl ins Oval Office. Der Präsident und Critz begrüßten die Gäste und führten sie zu den Sesseln vor dem Kamin. Auch wenn sein Chef das Weiße Haus mied – Priddy lebte praktisch hier und informierte den Präsidenten jeden Morgen über nachrichtendienstliche Angelegenheiten.
    Maynard schaute sich in dem Raum um, als suchte er nach Wanzen oder Abhörgeräten. Er war sich fast sicher, dass es keine gab; damit war es seit Watergate vorbei. Nixon hatte genug Kabel verlegen lassen, um notfalls eine Kleinstadt abhören zu können, aber auch einen hohen Preis dafür bezahlt. Maynard selbst hatte allerdings Vorkehrungen getroffen. Über der Achse seines Rollstuhls, nur ein paar Zentimeter unter der Sitzfläche, war ein leistungsstarker Rekorder versteckt, der jedes Wort aufzeichnen würde, das während der nächsten halben Stunde in diesem Raum fiel.
    Er gab sich Mühe, den Präsidenten mit einem Lächeln zu bedenken, doch tatsächlich hätte er am liebsten gesagt: Sie sind ohne Zweifel der beschränkteste Politiker, der mir je begegnet ist. Nur in Amerika schafft es so ein Idiot ganz an die Spitze.
    Morgan lächelte Maynard an und hätte am liebsten gesagt: Ich hätte Sie schon vor vier Jahren feuern sollen. Ihr Geheimdienst war für dieses Land immer nur peinlich.
    Maynard: Ich war geschockt, dass Sie tatsächlich einen Staat gewonnen haben, wenn auch nur mit einer Mehrheit von siebzehn Stimmen.
    Morgan: Sie würden einen Terroristen selbst dann nicht finden, wenn er auf Plakaten seinen Aufenthaltsort bekannt gäbe.
    Maynard: Viel Spaß beim Angeln. Wahrscheinlich fangen Sie noch weniger Forellen als Wähler.
    Morgan: Warum sind Sie nicht einfach abgekratzt, wie es damals alle angekündigt haben?
    Maynard: Präsidenten kommen und gehen, ich bleibe.
    Morgan: Sie können sich bei Critz bedanken, dass Sie Ihren Job noch haben. Ich wollte Sie schon zwei Wochen nach der Amtseinführung rausschmeißen.
    »Möchte jemand Kaffee?«, fragte Critz laut.
    »Nein«, antwortete Maynard, und auch Hoby und Priddy lehnten ab.
    Da die Gäste von der CIA keinen Kaffee wünschten, sagte Morgan prompt: »Ja. Schwarz, mit zwei Würfeln Zucker.« Critz nickte einem Bediensteten zu, der in einer halb geöffneten Seitentür wartete.
    Dann wandte er sich wieder den anderen zu. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Ich bin hier, um über Joel Backman zu reden«, sagte Maynard schnell.
    »Ja, deshalb sind Sie hier«, bestätigte Morgan.
    Maynard ignorierte es. »Wie Sie wissen«, fuhr er fort, »ist Mr Backman ins Gefängnis gewandert, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Er trägt immer noch einige Geheimnisse mit sich herum, die die nationale Sicherheit gefährden könnten.«
    »Sie können ihn nicht umlegen«, platzte es aus Critz heraus.
    »Wir dürfen keine amerikanischen Staatsbürger ins Visier nehmen, Mr Critz. Das würde gegen unsere Gesetze verstoßen.

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