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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Standiford
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Schnauzer, der mich nicht weiter beachtete. Ich drehte mich leicht nach rechts und entdeckte einen Schopf schwarzer Kraushaare. Um mehr zu sehen, hätte ich mich ganz umdrehen müssen, aber das schien mir unhöflich.
    Die Hitze irritierte mich während des ganzen Kurses. Als wir eine zehnminütige Pause einlegten, stand ich auf und drehte mich unauffällig um, ganz lässig. Da saß dieser Typ, der Typ mit dem Heiligenschein aus schwarzen Kraushaaren, und strahlte mich mit einem so warmen Lächeln an, dass mich meine Hitzewallungen nicht mehr wunderten. Seine Haut war hellbraun und sah samtweich aus und er hatte wache braune Augen und eine kurze, breite Nase, die mich aus irgendeinem Grund an einen Frosch erinnerte. Einen sehr niedlichen kleinen Frosch, den diese Haare nur noch niedlicher machten.
    »Hi«, sagte er. »Ich hab gesehen, dass du mit deinen Mathehausaufgaben beschäftigt bist.«
    »Ja«, erwiderte ich. »Sollte ich vermutlich lieber lassen, wenn ich Schnelllesen lernen will.«
    »Ich find es echt süß«, sagte er. »Dass du deine Mathehausaufgaben machst.«
    »Das ist überhaupt nicht süß«, erklärte ich. »An Differenzialrechnung ist absolut nichts süß.«
    Ich fragte mich, wie alt er wohl war, dann fragte ich mich kurz, ob ihm bewusst war, dass ich noch auf die Highschool ging. Ich sage ›kurz‹, denn es dauerte ungefähr eine Sekunde, bis ich merkte, dass ich, oh verdammt, meine Uniform trug. Die Hausaufgaben waren ebenfalls ein verräterisches Zeichen. Manchmal bin ich echt dämlich.
    »Ich glaub, ich geh mal einen Schluck Wasser trinken«, sagte ich. Ich schlenderte auf den Gang und entdeckte einen Trinkbrunnen. Eine Weile starrte ich ihn an, als wäre mir entfallen, wie ein Trinkbrunnen funktioniert. Irgendwas benebelte meine Hirnwindungen. Allmählich war mein Zustand wirklich besorgniserregend.
    Schließlich fiel mir wieder ein, wie man einen Trinkbrunnen benutzt, und ich trank ein paar Schlucke. Danach kehrte ich in den Seminarraum zurück und setzte mich auf meinen Platz. Der Typ hinter mir nickte mir zu. Seine Haare waren wirklich toll. Gäbe es Lakritzzuckerwatte, würde sie genau so aussehen.
    Die Dozentin fing wieder zu reden an und teilte einen Artikel aus, mit dem wir unser aktuelles Lesetempo feststellen sollten. Meines lag bei hundertfünfzig Wörtern pro Minute, was für ein angeblich kluges Mädchen ziemlich schwach ist.
    Jemand tippte mir auf die Schulter. »Wie viele Wörter hast du geschafft?«, flüsterte der schnuckelige Typ hinter mir.
    Aus Angst, er würde mich für grenzdebil halten, wollte ich ihm mein klägliches Ergebnis eigentlich nicht verraten. Ich tat es aber doch. Mein erster Instinkt ist immer, ehrlich zu sein – bei näherer Betrachtung ist das eine schreckliche Schwäche.
    »Und du?«, fragte ich ihn.
    »Vierhundert Wörter die Minute«, antwortete er.
    Ich fluchte – innerlich. Das Ergebnis von Lakritzheiligenschein war so viel besser als meines, außerdem musste er älter sein, mindestens auf dem College. Ich hasste die Vorstellung, von Anfang an die Unterlegene zu sein.
    Als mir bewusst wurde, worüber ich da nachdachte, fragte ich mich: Anfang? Warum zerbrach ich mir denn den Kopf darüber, ob mich dieser total fremde Typ für intelligent hielt?
    Aber so war es nun mal, und in diesem Moment war mir klar, dass ich dem Untergang geweiht war.
    Nach dem Kurs sah er mich an, als wolle er etwas sagen, schien es sich dann aber anders zu überlegen. Stattdessen nickte er mir bloß zu und ging davon. Wahrscheinlich schreckte ihn die Uniform ab. Manche Menschen lassen sich von katholischen Schuluniformen einschüchtern. Ich verwünschte mich, dass ich zu faul gewesen war, mich vor dem Kurs umzuziehen – was für Leute hatte ich denn bei einem Abendkurs für Erwachsene erwartet? –, und schwor mir, in der nächsten Woche normale Klamotten zu tragen. Weiterhin schwor ich mir, seinen Namen herauszufinden, damit ich ihn, wenn ich an ihn dachte, nicht immer Lakritzheiligenschein nennen musste.
    Als ich an diesem Abend nach Hause kam, stand Jane in meinem Zimmer am Fenster und rauchte. Das macht mich wahnsinnig. Nächstes Jahr, wenn ich aufs College gehe, bekommt sie das Turmzimmer, dann kann sie sich von mir aus hier totqualmen. Aber da sie – egal, wie oft ich sie anbrülle – nicht damit aufhört, habe ich es irgendwann aufgegeben.
    Ein Polizeihelikopter flog über das Viertel, und Jane folgte dem Suchscheinwerfer mit ihrem Blick. »Siehst du irgendwas?«,

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