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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Silver
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Terroranschlags unter der Voraussetzung, dass die erste Maschine mit dem World Trade Center kollidiert ist.
xy
    xy + z(1-x)
38%
    Abbildung 8-5a: Das Bayes-Theorem – Beispiel Terroranschlag
    Wir wollen annehmen, dass vor dem Auftreffen der ersten Maschine unsere Schätzung der Möglichkeit eines Terrorangriffs auf ein Hochhaus in Manhattan 1 zu 20 000 betrug oder 0,005 Prozent. Wir hätten jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeug rein zufällig in das World Trade Center einschlagen könnte, für sehr gering gehalten. Diese Zahl lässt sich in der Tat empirisch feststellen: In den 25 000 Tagen mit Flugverkehr über Manhattan vor dem 11. September 2001 39 war es zu zwei Unfällen dieser Art gekommen: 1945 war das Empire State Building getroffen worden, 1946 ein Gebäude in der Wall Street 40. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit an jedem Tag 1 zu 12 500 betrug. Wenn man diese Zahlen auf das Bayes-Theorem anwendet (Abb. 8-5a), dann stieg die Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags nach dem Aufprall der ersten Maschine von 0,005 Prozent auf 38 Prozent.
    Die Vorstellung, die hinter dem Bayes-Theorem steckt, ist jedoch nicht, dass wir unsere Wahrscheinlichkeitsschätzung nur ein Mal aktualisieren. Stattdessen tun wir das ständig, solange sich uns neue Erkenntnisse bieten. Dadurch steigt unsere A-posteriori-Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags nach der Kollision der ersten Maschine auf 38 Prozent und wird vor dem Einschlag der zweiten Maschine zur A-priori-Wahrscheinlichkeit. Wenn man noch einmal nachrechnet, um abzuwägen, ob ein zweites Flugzeug das World Trade Center treffen könnte, dann wird die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Angriff handelte, fast zur Gewissheit: 99,99 Prozent. Ein solcher Unfall an einem sonnigen Tag in New York war schon recht unwahrscheinlich, aber ein zweiter wirkte buchstäblich unmöglich.
    A-priori-Wahrscheinlichkeit
Revidierte Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags unter der Voraussetzung, dass die erste Maschine das World Trade Center bereits getroffen hat.
x
38%
Etwas Neues tritt ein: Ein zweites Flugzeug stürzt ins World Trade Center.
Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugeinschlags, wenn Terroristen Wolkenkratzer in Manhattan angreifen.
y
100%
Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeug auf ein Hochhaus prallt, obwohl kein terroristisches Attentat vorliegt (also durch einen Unfall).
z
0,008%
A-posteriori-Wahrscheinlichkeit
Revidierte Schätzung der Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags unter der Voraussetzung, dass die zweite Maschine mit dem World Trade Center kollidiert ist.
xy
    xy + z(1-x)
99,99%
    Abbildung 8-5b: Das Bayes-Theorem – Beispiel Terroranschlag
    Ich habe absichtlich einige an die Substanz gehende Beispiele gewählt – Terroranschläge, Krebs, Untreue –, weil ich demonstrieren wollte, auf welch vielfältige Probleme sich das Bayes’sche Denken anwenden lässt. Das Bayes-Theorem ist jedoch keine Zauberformel; ihre einfache Form, die ich hier gezeigt habe, handelt von nicht mehr als Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division. Wir müssen nur die Informationen finden; insbesondere unsere Schätzung der A-priori-Wahrscheinlichkeit ist wichtig, um zu anwendbaren Ergebnissen zu gelangen.
    Das Bayes-Theorem verlangt von uns, probabilistisch über die Welt zu denken, auch wenn es um Dinge geht, von denen wir nicht gerne annehmen, dass sie vom Zufall abhängen. Das erfordert aber nicht, dass wir die Position einnehmen, dass die Welt an sich metaphysisch unsicher ist. Laplace dachte, dass alles – angefangen von den Planetenumlaufbahnen bis hin zu den kleinsten Molekülen – von ordentlichen Newton’schen Gesetzen bestimmt würde, und er war trotzdem an der Entwicklung des Bayes-Theorems wesentlich beteiligt. Bei diesem Theorem geht es eher um eine epistemologische Unsicherheit – um die Grenzen unseres Wissens.
    Das Problem mit den falsch positiven Befunden
    Wenn wir uns nicht angewöhnen, wie Bayes und seine Anhänger zu denken, dann können falsch positive Befunde in praktisch allen Wissenschaftsbereichen – nicht nur in der Mammografie – zu erheblichen Problemen führen. Ich habe eingangs die Studie »Warum die meisten veröffentlichten Forschungsergebnisse falsch sind« 40 des Medizinanalytikers John P. Ioannidis erwähnt, worin er verschiedene statistische und theoretische Argumente für seine im Titel genannte Behauptung anführt, dass die Mehrzahl der Hypothesen, die in medizinischen und auch sonstigen Fachzeitschriften

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