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Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)

Titel: Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nate Silver
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Wahrscheinlichkeiten.
    Auch Seismologen, die zeitlichen Prognosen skeptisch gegenüberstehen, räumen ein, dass die Erdbebenhäufigkeit Muster aufweist, was am deutlichsten bei den Nachbeben zu erkennen ist. Auf große Beben folgen immer Dutzende oder Hunderte Nachbeben (dem Beben 2011 in Japan folgten mindestens 1200). Diese Nachbeben gehorchen einem recht vorhersehbaren Muster. 35 Nachbeben treten unmittelbar nach dem Beben häufiger auf als erst Tage später, und Wochen später werden sie immer seltener.

    Abbildung 5-4a: Die Erdbeben bei L’Aquila, 1. Januar 2006 bis 6. April 2009

    Abbildung 5-4b: Die Beben bei T o – hoku, 1. Januar bis 11. März 2011
    Nachbeben sind definitionsgemäß nicht so stark wie das Hauptbeben, wenn sie sich aber während der Rettungsarbeiten ereignen, hilft das auch nicht viel. Für gewöhnlich folgen auf ein stärkeres Beben einer Verwerfung ein paar Nachbeben, danach ist das Feuerwerk für einige Zeit vorüber. Aber so verhält es sich nicht immer: Auf das ungewöhnlich heftige Beben, das sich am 16. Dezember 1811 an der New-Madrid-Verwerfung an der Grenze von Missouri und Tennessee ereignete und das nach den Schätzungen der Seismologen die Magnitude 8,2 erreichte, folgte sechs Stunden später ein zweites Beben derselben Stärke. Und selbst damit war die Verwerfung noch nicht zur Ruhe gekommen: Auf diese Beben vom 16. Dezember folgte eines der Stärke 8,1 am 23. Januar und ein noch stärkeres am 7. Februar mit 8,3. Welches waren in diesem Fall Vor-, welches Nachbeben? Eine vernünftige Interpretation ist nicht möglich.

    Abbildung 5-4c: Die Beben bei Léogâne, Haiti, 1. Januar 2000 bis 12. Januar 2010
    Die Frage lautet natürlich: Können wir Vor- und Nachbeben immer richtig auseinanderhalten? Die Daten über die räumliche und zeitliche Verteilung von Erdbeben könnte den Eindruck erwecken, dass irgendwo im Rauschen ein Signal existiert.
    Abbildung 5-4a zeigt die Verteilung der Erdbeben in der Gegend von L’Aquila 36 ab 2006 bis zum großen 6,3-Beben von 2009. 37 Alle Punkte dieser Grafik mit Ausnahme des einzelnen größeren schwarzen Punktes, der das Hauptbeben kennzeichnet, stellen Beben vor dem Hauptbeben dar. Im Fall von L’Aquila scheint sich ein Muster zu ergeben. Vor dem Hauptbeben zu Beginn des Jahres 2009 kam es zu einer Häufung von Erdbeben bis zur Magnitude 4, die die sonst übliche seismische Aktivität in der Region weit übertrafen.

    Abbildung 5-4d: Die Beben bei Reno, Nevada, 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2011
    Das Erdbeben in Japan im Jahr 2011 war komplizierter. Das Diagramm für die Region Tō ho k u (Abb. 5-4b) zeigt zunächst, dass die seismische Aktivität hier größer war als in Italien. Aber folgten diese Beben ebenfalls einem Muster? Mitte 2008 trat eine Häufung von Beben der Stärke 5,5 bis 7,0 auf, denen jedoch kein größeres Beben folgte. Am 9. März 2011 ereignete sich jedoch ein großes Vorbeben der Stärke 7,5, nach dem sich dann 50 Stunden später das große Beben der Stärke 9,1 ereignete. 38
    Etwa der Hälfte aller größeren Erdbeben gehen erkennbare Vorbeben voran, 39 in Haiti war das jedoch nicht der Fall (Abb. 5-4c). In großen Teilen der Karibik ist die Qualität der seismografischen Messungen eher mäßig, Beben der Stärke 2 bis 3 werden gar nicht aufgezeichnet. Seismometer in den USA und anderswo müssten jedoch dortige Beben registrieren, die die Magnitude 4 übersteigen. Zuletzt war 2005, fünf Jahre vor dem Beben der Stärke 7, ein Beben der Stärke 4 in dieser Gegend registriert worden. 2010 blieb jede Vorwarnung aus.
    Fehlalarme komplizieren die Dinge zusätzlich: Phasen erhöhter seismischer Aktivität, die dann doch nie zu einem größeren Beben führen. Anfang 2008 ereignete sich bei Reno, Nevada, eine Reihe kleinerer Beben, die den Vorbeben bei L’Aquila 2009 sehr ähnlich waren. Das heftigste Beben erreichte Stärke 5. Dann folgte jedoch kein größeres Beben.
    Mit derart verwirrenden Zahlen, die weder zufällig noch vorhersehbar scheinen, müssen sich die Seismologen auseinandersetzen. Vielleicht lässt sich daraus schließen, dass eine gewisse Verbesserung der Erdbebenprognosen möglich wäre, auch wenn konkrete Vorhersagen unmöglich sein werden. Aber alle Versuche, Erdbeben vorherzusagen, sind bislang gescheitert.

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